Xi Jinping umgarnt Europa mit chinesischen Impfstoffen
Neue Seidenstraße. Chinas Präsident gab beim „17+1“-Treffen den Impf-Diplomaten, doch manche Staaten stellen ihre Peking-Geschäfte infrage.
Wien. In einer Pandemie muss auch Xi Jinping auf Videotelefonate ausweichen. Nur, dass der chinesische Präsident dafür nicht Zoom oder Skype verwendet, sondern einen eigenen, verschlüsselten Kanal. Über diesen sprach Xi am Dienstagvormittag zu hochrangigen Politikern aus 17 europäischen Ländern. Es war das erste Mal im neunjährigen Bestehen des diplomatischen Formats „17+1“, dass er das Treffen persönlich leitete.
An der Spitze der Agenda stand die Coronavirus-Pandemie. Xi stellte den teilnehmenden Staaten von Griechenland bis Estland in Aussicht, Impfstoffe aus China zu erhalten. Dabei erwähnte er auch die bestehende Belieferung Serbiens, das bereits rund eine Million Dosen des chinesischen Impfstoffs Sinopharm bekommen haben soll. Die offensive Impf-Diplomatie kommt zu einem Zeitpunkt, zu dem mehrere europäische Staaten ihre Geschäfte mit China infrage stellen.
Balten skeptisch
In Tschechien wurde laut der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“der chinesische Staatskonzern CGN aus Sicherheitsgründen vom Bieterverfahren um den Bau eines neuen Kernkraftwerks ausgeschlossen. In Kroatien soll die Ausschreibung für den Betrieb eines Tiefseehafens aufgrund von Druck der EU und der USA zurückgezogen worden sein. Ein chinesischer Anbieter hatte sich Chancen ausgerechnet. Und in Rumänien plant die Regierung unter anderem, chinesische Unternehmen beim Bau von Autobahnen und Zugstrecken nicht mehr zuzulassen. Auch der Feldzug der USRegierung unter Donald Trump gegen den TelekomRiesen Huawei blieb in Ost-, Mittel- und Südosteuropa nicht verborgen.
Bereits vor dem Gipfeltreffen wurde bekannt, dass sich aus den baltischen Ländern nur Fachminister anstatt wie üblich die Staats- oder Regierungschefs in den Video-Call einloggen werden. Die Nachbarländer Russlands gelten als sensibel für die Bedürfnisse der USA, die eine vertiefte chinesischeuropäische Kooperation mit Skepsis betrachten. Aber auch für die EU selbst werfen die
„17+1“-Gipfel Fragen auf. Dem im Jahr 2012 auf chinesische Initiative hin ins Leben gerufenen Format gehören seit Beginn elf EU-Mitgliedsstaaten an, vor zwei Jahren kam Griechenland dazu.
Vor allem Ungarn zeigt sich weiter für die Avancen aus Peking zugänglich. Als erstes EU-Land hat die Regierung von Viktor Orban´ den chinesischen Impfstoff Sinopharm zugelassen – auf eigenes Risiko. Zwischen Budapest und Belgrad soll mit chinesischer Hilfe eine Eisenbahnstrecke entstehen.
Österreich als Beobachter
Währenddessen ringt die EU weiter um eine gemeinsame Linie im Umgang mit den chinesischen Infrastrukturprojekten, die unter dem Begriff „Neue Seidenstraße“bekannt sind. Im Video-Telefonat mit Xi ging es nicht nur um Impfungen, sondern auch um Tourismus oder Infrastruktur. Die EU wiederum schloss vor Kurzem ein Investitionsabkommen mit China ab – was bei der neuen US-Regierung unter Joe Biden für Stirnrunzeln sorgte. „Für Österreich ist wichtig, dass die Beziehungen mit China auf gleicher Augenhöhe sind und auf Reziprozität beruhen“, sagte Europaministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) nach dem Gipfel. „Daher ist es wichtig, dass die EU geeint auftritt.“
Österreich hat bei „17+1“-Treffen zusammen mit der Schweiz, Belarus, der EU und der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung einen Beobachterstatus inne. Weil Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) am Dienstag terminlich verhindert war, übernahm die Europaministerin. Ein Signal wie die Balten habe man damit aber keinesfalls setzen wollen, so eine Sprecherin.
Für Österreich ist wichtig, dass die Beziehungen zu China auf gleicher Augenhöhe sind.
Karoline Edtstadler, Europaministerin (ÖVP)