Haselsteiners Appell an Blümel
Bahn. Westbahn-Miteigentümer Hans Peter Haselsteiner in ungewöhnlicher Rolle: Er bittet den Finanzminister um weitere Staatshilfe angesichts geringer gewordener Passagierzahlen.
Wien. An sich hat Hans Peter Haselsteiner nicht unbedingt ein phlegmatisches Naturell. Vielmehr ist er einer, der aus seinem Herzen keine Mördergrube macht – und dies bisweilen auch durchaus lautstark. So gesehen war die Pressekonferenz, zu der der Industrielle am Dienstag kurzfristig eingeladen hatte, eine Überraschung: Haselsteiner war handzahm. Obwohl er in seiner Funktion als Hälfteeigentümer der mehrheitlich privaten Westbahn sprach. Und die hat es momentan wirklich schwer.
Dafür sorgt das Finanzministerium, beziehungsweise dessen Ressortchef, Gernot Blümel. Der hat ja bekanntlich den Geldhahn für ÖBB und Westbahn zugedreht: Die sogenannte Notvergabe, die mit Beginn der Coronakrise in Kraft trat, wird nicht verlängert. Heißt: Die finanziellen Zuschüsse, um den Bahnverkehr auf der Weststrecke trotz stark reduzierter Nachfrage seitens der Passagiere aufrechtzuerhalten, soll es nicht mehr geben. Im April hatten beide Unternehmen 48,3 Mio. Euro erhalten (davon 40 Mio. die ÖBB), zuletzt waren es nochmal 44,5 Mio. Euro.
Vorbei. Doch Haselsteiner gibt die Hoffnung nicht auf. Und er weiß wohl: Verbale Rundumschläge bringen in einer solchen Situation wohl herzlich wenig. Also sagte er: „Das ist keine Forderung, sondern ein Appell an den Bundesminister für Finanzen: Evaluieren Sie die drohenden Konsequenzen und treffen Sie erst dann Ihre endgültige Entscheidung!“
Die möglichen Konsequenzen führte Haselsteiner vorsichtshalber an: Der Bahnverkehr würde „zu einem erheblichen Teil“reduziert werden, „mit entsprechend negativen Konsequenzen für die Bahnkunden“. Die Westbahn sei bereit, bis Ende der Woche noch alles beim Alten zu lassen – also die Strecke im Stundentakt gemeinsam mit den ÖBB zu bedienen. Dann aber müsse die Westbahn ihr Angebot, vor allem zu den Tagesrandzeiten, auf rund die Hälfte reduzieren. Dies würde nicht nur zu einem Verlust von Arbeitsplätzen führen (die Westbahn hat rund 200 Mitarbeiter). Es würde auch die gesundheitlichen Probleme verschärfen. Haselsteiner: „Seit den Lockdown-Lockerungen mit Montag steigt die Kundenfrequenz auf der Weststrecke.“Nachsatz: „Die Zahl der Passagiere ist nicht hoch genug, um Verluste zu verhindern, aber hoch genug, um die Corona-Abstandsregeln bei weniger Zügen nicht einhalten zu können.“Man müsse die Reisenden auf mehr Züge aufteilen.
Schwarze Zahlen vor Corona
Für Haselsteiner, gern als „Neoliberaler“verschrien, muss so ein Bittgang hart sein. Und er betont auch: Die 2011 gestartete Westbahn habe in den ersten Jahren Verluste geschrieben, die freilich von den Eigentümern abgedeckt worden seien. „Wir wären nie auf die Idee gekommen, staatliche Hilfe in Anspruch zu nehmen.“Wäre ab 2018 auch kein Thema gewesen: Das war das Jahr, in dem das Unternehmen die Verluste ausgleichen konnte, 2019 gab es bereits einen Gewinn von 16 Mio. Euro. Und dann kam Corona.
2020 machte der Verlust rund 6,5 Mio. Euro aus, so WestbahnChef Erich Forster. Wie es heuer weitergehen wird, hängt auch davon ab, ob Haselsteiner gehört wird. Selbst wenn er verhältnismäßig still ist. Vorsichtshalber wiederholt er: „Das ist keine Forderung und kein Lamento. Aber wir können sicherlich eine bessere Lösung finden. Im Interesse der Bahnbetreiber, der Bahnreisenden und der öffentlichen Hand.“
Die Chancen dafür stehen nicht schlecht. Ein Sprecher des Finanzministeriums sagte der „Presse“, dass ein entsprechender Fragenkatalog an die zuständige Verkehrsministerin, Leonore Gewessler, verschickt worden sei. Verlangt wird konkretes Zahlenmaterial seitens der ÖBB.