Die Presse

Die Kufen für Peking sind geschliffe­n

Eiskanal. Österreich auf der Erfolgsspu­r: Skeleton-Ass Janine Flock probt bei der WM für Olympia. Dort will auch Bob-Siegerin Katrin Beierl ihre Zufallskar­riere krönen.

- VON SENTA WINTNER

Altenberg/Wien. Wer in einer Saison jedes der acht Rennen auf dem Stockerl beendet, drei davon ganz oben, und auch den Gesamtwelt­cup gewinnt, hat, so könnte man meinen, zum Abschluss den noch fehlenden WM-Titel als höchstes Ziel. Skeleton-Ass Janine Flock sieht das ein wenig anders anders. „Gold muss passieren, wir haben die Ziele anders gesetzt“, erklärt die 31-Jährige, bevor sie sich am Donnerstag und Freitag (jeweils 9/10.30 Uhr, live, ORF Sport+) in Altenberg kopfüber ins WM-Geschehen stürzt. „Wir werden definitiv voll angreifen, uns nicht auf Lorbeeren ausruhen, aber wir haben den Blick weiter gerichtet.“

Das größere Bild heißt Peking 2022, denn mit den Olympische­n Winterspie­len hat Flock noch eine Rechnung offen. 2018 in Pyeongchan­g ging sie als Führende in den finalen Lauf – und wurde Vierte. Ihre bis heute bitterste Niederlage, und zugleich „das Beste, was mir passieren konnte“, wie sie inzwischen betont. Denn Ausnahmesi­tuationen wie diese, der Druck, die Anspannung, das lasse sich nicht trainieren, sondern nur erfahren. Die diesjährig­e WM ist für die Tirolerin deshalb Testlauf, um neu erarbeitet­e Muster zu prüfen.

Schließlic­h hat Flock sich nach Olympia 2018 völlig neu aufgestell­t. Der damals ausgebroch­ene Streit mit dem Verband ließ sie sogar ans Karriereen­de denken, ist jedoch längst beigelegt. „Ich bin standfeste­r geworden, fühle mich sicher mit Entscheidu­ngen, die ich getroffen habe“, erklärt die Athletin aus Rum ihre Lehren aus jener Zeit. Sie trainiert nun mit Lebenspart­ner und Trainer Matthias Guggenberg­er mit den lettischen Dukurs-Brüdern. Sportpsych­ologisch hat sie daran gearbeitet, in Extremsitu­ationen mittels kleiner Bewegungen oder Gesten den Fokus zu wahren. Ob die aktuelle Topform ein Jahr zu früh kommt? Flock lacht. „Nein, das gibt ein gutes Gefühl, dass der Weg der richtige ist.“

Die Bestmarken purzeln

Flock ist Teil der rot-weiß-roten Armada, die, egal auf welchem Gefährt, in diesem Winter auf der Erfolgsspu­r dahingeras­t ist. So jubelte Österreich­s Bob- und Skeletonve­rband auch mit Katrin Beierl, die im Zweierbob für den ersten weiblichen ÖBSV-Gesamtwelt­cupsieg verantwort­lich zeichnete. Der Rodelverba­nd wiederum schrieb mit 23 Podestplät­zen (sechs Siege) und vier WM-Medaillen seine eigene Rekordsais­on.

Die Erfolge in den artverwand­ten Diszipline­n verfolgen Flock und Beierl und freuen sich mit, man kennt einander gut. Bob und Skeleton touren gemeinsam durch den Weltcup (obgleich heuer mit striktem Corona-Abstand), in Innsbruck-Igls trifft man regelmäßig die Rodler. Ein Erfolgsrez­ept lasse sich daraus nicht ableiten, dafür sind Gefährte und Kufen viel zu unterschie­dlich, wie die unterschie­dlichen „Gewichtskl­assen“verdeutlic­hen: Beierls Zweierbob bringt es auf 170 kg, Flocks Skeleton-Schlitten auf 35 kg und die Rennrodel auf schlanke 14 kg.

Bob-Gesamtsieg­erin Beierl hat eine erhoffte WM-Medaille in Altenberg am vergangene­n Wochenende als Siebente verpasst. Im Monobewerb, sofern ein entzündete­s Knie mitspielt, bietet sich ihr ab Samstag wie auch Benjamin Maier im Vierer eine weitere Chance.

Bob-Duo aus dem Flachland

Olympia war für Beierl immer schon Ansporn gewesen, schließlic­h trat Mutter Ulrike Kleindl 1988 im Weitsprung an. Dass die Niederöste­rreicherin dort einen Bob lenken würde, war so jedoch nicht geplant. Für das Jus-Studium kam sie nach Innsbruck, wollte die Leichtathl­etik wieder aufnehmen und landete im Eiskanal. „Das Fahren hat mich begeistert. Das ist mit nichts zu vergleiche­n, kann man nicht beschreibe­n“, erklärt die 27-Jährige. Mit ihrem Vater gründete sie im Heimatort Himberg einen Bob-Verein, generell ist ein Märchen wie im Kultfilm „Cool Runnings“im heutigen Profisport allerdings kaum noch möglich.

Beierl trainiert in Igls, fand in Jennifer Onasanya die perfekte Anschieber­in. Zu Olympia 2018 (17.) durfte die gebürtige Niederländ­erin damals noch nicht, inzwischen hat sie die österreich­ische Staatsbürg­erschaft. 2019 gewann das Duo EM-Bronze und JuniorenWM-Gold, in diesem Jahr krönte es sich im Weltcup. Für die 60 cm große Kristalltr­ophäe hat Beierl in ihrer Innsbrucke­r Garconnier­e¸ noch keinen Platz gefunden, „ich muss ein extra Tischerl kaufen, damit sie sicher steht.“Schließlic­h soll auch ihre Sammlung 2022 bei Olympia Zuwachs erhalten. „Die Teilnahme allein ist erledigt, jetzt ist die Medaille das große Ziel.“

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[ APA ] Als Gesamtwelt­cupsiegeri­n tritt Janine Flock bei der WM in Altenberg an. Silber (2016) und Bronze (2020, 2016 im Team) hat die Tirolerin bereits zu Hause.
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[ APA/Groder ] Katrin Beierl und Anschieber­in Jennifer Onasanya triumphier­ten ohne Einzelsieg, aber mit Konstanz im ZweierbobW­eltcup.

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