Die Presse

Ein Weltmeiste­r für die Ewigkeit

Kombinatio­n. Alexis Pinturault ist der derzeit komplettes­te Rennläufer der Welt, doch mit seinem einsamen Allrounder-Dasein hat sich der Franzose oft verzettelt. Nun ist ihm die Balance gelungen.

- JOSEF EBNER Aus Cortina berichtet

Wann wird er nun gekürt, der letzte Kombinatio­nsweltmeis­ter der Skigeschic­hte? Es ist eine ständige Zitterpart­ie mit diesem dahinsiech­enden Bewerb. Fest steht, in Cortina wird ein solcher ausgetrage­n, nicht wie geplant heute, sondern nach diversen Wetterkapr­iolen erst am Montag. Und fest steht auch, dass Alexis Pinturault ein mehr als würdiger letzter KombiWeltm­eister wäre.

Der Hotelierss­ohn aus Courchevel versteht sich als Allrounder, er ist der Letzte im Herrenwelt­cup, der sowohl im Super-G als auch im Slalom derartige Erfolge einfährt. Zuletzt gelang ihm das Kunststück, im Kitzbühel-Super-G auf Platz zwölf und tags darauf im Schladming-Slalom auf Platz drei abzuschwin­gen. Da mag er noch so auf die geänderte Startreihe­nfolge verweisen – der Super-G-Führende darf den Slalom eröffnen –, alles andere als die Titelverte­idigung in Cortina wäre eine Überraschu­ng.

Doch mit seinem einsamen Allrounder-Dasein hat sich Pinturault auch schon verzettelt. Meist litt eine Disziplin unter dem Erfolgslau­f in einer anderen, im Slalom hatte er einmal eine fünfjährig­e Podest-Durststrec­ke. Nun hat der 29-Jährige aber endgültig die Balance gefunden.

Seit Red Bull den Franzosen 2013 unter seine Fittiche genommen hat, wurde ein Privatteam rund um Pinturault aufgebaut, inzwischen hat er sich von der französisc­hen Mannschaft gelöst. Eine solche Individual­betreuung mag vielen sauer aufstoßen, doch bei Pinturault­s Rennkalend­er ist sie nachvollzi­ehbar. Den Großteil der Kosten trägt er außerdem selbst. Mit von der Partie sind Trainer Fabien Munier, dessen Assistent Nicolas Thoule, Physio Martin Hager, Ehefrau Romane, zuständig für PRAgenden, dazu Vater und Manager

Claude. Sein Vorarlberg­er Serviceman­n Guntram Mathis ist ein Veteran, der auch schon für Bode Miller die Kanten geschliffe­n hat (in Adelboden hat Pinturault unlängst Millers Marke von 33 Weltcupsie­gen erreicht).

Es heißt, Mathis habe großen Anteil daran, dass Pinturault heuer wieder auf dem Slalom-Podest steht, und auch an seiner Überform im Riesentorl­auf, in dem er aktuell unantastba­r wirkt. Entgegen mancher Behauptung­en ist der Edeltechni­ker nämlich sehr wohl ein Materialtü­ftler. „Bis wir da hingekomme­n sind, war das schon ein Aufwand“, berichtet Head-Rennsportc­hef Rainer Salzgeber und betont, dass bei seinem Aushängesc­hild ein geringerer Aufwand betrieben werde als in den Privatteam­s von Kristoffer­sen und einst Hirscher. Pikantes Detail: Pinturault verbringt die Winter in Sichtweite der Atomic-Zentrale in seiner Wohnung in Altenmarkt.

Eines hat der Franzose mit der norwegisch­en Mutter im Lauf seiner Karriere gelernt. „Sport ist nicht einfach nur Sport, es ist eine Denkweise“, sagt Pinturault. „Um deine Ziele zu erreichen, braucht es jeden Tag Mühe und Opfer. Sonst fährt jemand anderer schneller, bevor du es realisiers­t.“

Luc Alphands Erbe

Nach Cortina will Pinturault die große Kristallku­gel nach Hause fahren, nach Hirschers Rücktritt („Obwohl er mir so viele Siege weggeschna­ppt hat, habe ich viel von ihm gelernt“) hat ihm noch Aleksander Aamodt Kilde einen Strich durch die Rechnung gemacht. Kilde fehlt nun verletzt und Pinturault hat praktisch freie Bahn, um nach 24 Jahren Luc Alphand als bisher letzten französisc­hen Gesamtwelt­cupsieger abzulösen.

In Sachen Kombinatio­n kann er bei Olympia 2022 in Peking noch einmal zuschlagen, auch im Programm für die WM 2023 in Courchevel-Meribel´ scheint sein Steckenpfe­rd noch auf. In der Heimat könnte sich Pinturault dann zum vielleicht wirklich letzten Kombi-Weltmeiste­r küren.

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[ AFP ] Zwischen Stangenwal­d und Temporausc­h: Alexis Pinturault, der Meister aller Klassen.
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