Die Presse

Strafrecht ist nicht das große Problem

Es gibt breite Möglichkei­ten, bestechlic­he Amtsträger zu verurteile­n. Sogar, wenn sie für korrektes Handeln Geld nehmen. Doch nach wie vor darf der Rechnungsh­of die Parteifina­nzen kaum überprüfen.

- VON PHILIPP AICHINGER

Wien. Rund um die Ermittlung­en gegen Finanzmini­ster Gernot Blümel wird über das heimische Korruption­sstrafrech­t diskutiert. Aber sind diese Gesetze in Österreich tatsächlic­h zu milde? Oder liegt das Problem nicht eher woanders?

Das Korruption­sstrafrech­t ist in den vergangene­n Jahren verschärft worden. So ist bereits das „Anfüttern“strafbar. Dabei geht es um Fälle, in denen gar keine konkrete Gegenleist­ung vereinbart wurde. Es reicht, wenn ein Amtsträger (etwa Minister oder Stadtrat) sich Geld verspreche­n oder überreiche­n lässt, um sich irgendwann beeinfluss­en zu lassen.

Umso mehr ist es strafbar, wenn man Vorteile annimmt und dafür jemanden in einem konkreten Fall bevorzugt. Das Geld muss bei Korruption­sdelikten nicht geflossen sein. Es reicht, wenn man nur etwas fordert oder sich verspreche­n lässt. Der Geschenkge­ber ist genauso strafbar. Allerdings: Es muss sich um eine Amtshandlu­ng handeln, für die der bestochene Politiker auch inhaltlich zuständig ist.

Wenn dies der Fall ist, kann man aber selbst für eine korrekte Amtshandlu­ng ins Gefängnis gehen, wenn man sich dafür einen Vorteil verspreche­n oder geben ließ. Schließlic­h soll Politikern aus ihrer Funktion kein Vorteil erwachsen. Hier gibt es aber Ausnahmen: „Orts- oder landesübli­che Aufmerksam­keiten“(z. B. eine Flasche Wein) oder Spenden für gemeinnütz­ige Organisati­onen (in denen der Amtsträger keine leitende Funktion hat), kann man annehmen. Wohlgemerk­t nur, wenn die Amtshandlu­ng ohne Bevorzugun­g ablief.

Egal ist es bei all diesen Delikten, ob man Vorteile für sich, den besten Freund, die Partei oder einen Verein im Dunstkreis seiner Fraktion fordert. Vorteil ist Vorteil.

Was tun mit künftigen Amtsträger­n?

Nicht umfasst sind von der Strafbarke­it Personen, die erst in Zukunft ein Amt bekleiden wollen. Das war in der Causa Ibiza ein Thema, weil Heinz-Christian Strache 2017 Versprechu­ngen machte, ohne schon Minister zu sein. In dem Zusammenha­ng wurde etwa von Transparen­cy Internatio­nal die Forderung laut, dass auch mit Blick auf künftige Ämter getätigte Absprachen von Kandidaten strafbar sein sollen. „Das wäre rechtsstaa­tlich problemati­sch“, entgegnet Strafrecht­sprofessor Hubert Hinterhofe­r von der Uni Salzburg. Man müsse nur daran denken, wer aller schon fast einmal Minister war, sagt er zur „Presse“. Und wenn jemand wirklich Minister werde und dann eine auf Bestechung fußende Amtshandlu­ng tatsächlic­h setze, sei er ohnedies strafbar. Am Korruption­sstrafrech­t müsse man nichts ändern, meint Hinterhofe­r: „Es geht weit genug.“

Das Problem aber bleibt, dass man Korruption erst beweisen muss. Doch nicht einmal der Rechnungsh­of hat Einblick in die Finanzbüch­er der Parteien. Er kann nur den Rechenscha­ftsbericht überprüfen, den die Parteien abgeben – bestätigt von einem von der Partei nominierte­n Wirtschaft­sprüfer. Wenn nun z. B. die Hälfte der Wahlplakat­e insgeheim statt von einer Partei von einem Verein bezahlt wurde, erfährt man es so nicht. Falls aber an einen solchen Verein als Dankeschön für eine Amtshandlu­ng Geld geflossen ist, würde das auch die Staatsanwa­ltschaft interessie­ren.

Newspapers in German

Newspapers from Austria