Grünlicht für „ungehorsame“WKStA
Die Korruptionsstaatsanwaltschaft berichtete ihr brisantes „Vorhaben“auffallend spät. Insider ärgern sich. Das Justizressort liefert Rückendeckung.
Wien. Durch die Hausdurchsuchung (HD) bei Gernot Blümel rückt erneut die Korruptionsstaatsanwaltschaft, WKStA, in den Fokus. Eigentlich hätte sie schon im Dezember, als sie die HD-Anordnung dem Rechtsschutzrichter zur Bewilligung vorlegte, einen Anfallsbericht an die dienstvorgesetzte Behörde, die Oberstaatsanwaltschaft (OStA) Wien, schicken sollen. Das tat sie (laut Informationen aus dem OStA-Umfeld) aber nicht.
Dann hätte sie gemäß Berichtspflichten-Erlass mindestens drei Tage vor der HD erneut die OStA einbinden müssen. Tatsächlich erfuhr diese erst am Nachmittag des Vortags von der geplanten Aktion. Laut Insidern ärgert man sich in der OStA über diese „Verspätung“. Zur denkbaren Konsequenz, nämlich der Befassung des Disziplinargerichts, wird es nicht kommen. Denn die WKStA bekommt Rückendeckung durch das derzeit von Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) geführte Justizressort. Sektionschefin Barbara GöthFlemmich – sie übernahm vor Kurzem einen Teil der Agenden von Christian Pilnacek – teilte mit: Weil Blümels Beschuldigtenstatus medial bekannt wurde, habe die HD „vorgezogen“werden müssen. Die Drei-Tage-Frist für Berichte sei nicht einzuhalten gewesen. Die – späte – Information der OStA sei „angesichts der Dringlichkeit ausreichend“gewesen. Außerdem teilte das Justizressort am Freitag mit, einen Gesetzesvorschlag zur Reduktion der Berichtspflichten vorlegen zu wollen.
Parallelen zu Grasser und BVT
Eine Hausdurchsuchung bei einem Finanzminister – gab es das in Österreich schon einmal? Nun, es gab eine Hausdurchsuchung bei Karl-Heinz Grasser (erst FPÖ, dann ÖVP-nahe). KHG, so sein häufig gebrauchtes Kürzel, war aber nicht mehr im Amt (Dienstende: 2007), als Ermittler am 26. Mai 2011 im Rahmen eines Finanzstrafverfahrens Grassers Wohnung in der Wiener Innenstadt durchsuchten.
Damals versandte die Staatsanwaltschaft (StA) Wien nur 34 Minuten nach Beginn der Hausdurchsuchung eine Pressemitteilung. Journalisten fuhren prompt zu der Wohnung des prominenten Verdächtigen. Und lieferten LiveBilder. Grasser brachte bei Gericht einen Einspruch wegen Rechtsverletzung ein. Und hatte Erfolg. Zwar hatte die zwischenzeitig gegründete WKStA (Gründung: September 2011) das Vorgehen der StA-Pressestelle in Schutz genommen (man habe die Medien früh informiert, um Spekulationen zu vermeiden), aber dies konnte das Gericht nicht davon abhalten, die Verletzung der „subjektiven Rechte“Grassers festzustellen.
Die Grasser-HD an sich wurde später (ganz abgesehen von der Pressemitteilung) als rechtskonform eingestuft. Das ist keine Selbstverständlichkeit. Man denke an die von der WKStA vorgenommene HD am Standort des Verfassungsschutzes, BVT, im Februar 2018. Diese wurde von einem Gericht als rechtswidrig eingestuft. Außerdem: Damals waren die OStA und das Ministerium im Vorfeld gar nicht informiert worden. Deswegen wurde (siehe oben) die Drei-Tage-Regel eingeführt.
Gut möglich, dass Blümel nun gegen die Hausdurchsuchung Beschwerde einlegt. Bekommt er recht und wird die HD für rechtswidrig erklärt, wäre das ein Minus für die WKStA. Außerdem müsste neu bewertet werden, welche beschlagnahmten Unterlagen überhaupt verwertet werden dürfen.