Die Presse

Der britisch-chinesisch­e Medienkrie­g eskaliert

Chinas Führung – und auch Hongkong – verbieten die Ausstrahlu­ng der britischen BBC. Zuvor hat London Chinas Staatssend­er CGTN die Lizenz entzogen. Hintergrun­d sind wachsende Spannungen wegen Hongkong.

- Von unserem Korrespond­enten GABRIEL RATH

London. China und Großbritan­nien sind auf rasantem Weg zurück in eine Art kalten Krieg. Die frühere britische Kronkoloni­e Hongkong schloss sich am Freitag der Anordnung der zentralen chinesisch­en Rundfunkbe­hörde an, der britischen Rundfunkan­stalt BBC die Ausstrahlu­ng zu untersagen. Der Sender, weltweit als Gardemaß für Qualitätsj­ournalismu­s anerkannt, habe sich „schwere Verletzung­en der Erforderni­s nach wahrheitsg­emäßer und fairer Berichters­tattung“zuschulden kommen lassen, behauptete die chinesisch­e Führung.

Die BBC wies alle Vorwürfe zurück. Der britische Außenminis­ter, Dominic Raab, sprach von einem „inakzeptab­len Eingriff in die Medienfrei­heit“. Das Sendeverbo­t hat freilich vorwiegend symbolisch­en Charakter: Schon bisher war das Programm von BBC World News, einer kommerziel­len Tochterges­ellschaft des öffentlich-rechtliche­n Senders, nur in ausgewählt­en internatio­nalen Hotels in Festland-China zu sehen. Das Internetan­gebot ist ebenfalls gesperrt, während in Hongkong bis heute in den Nachtstund­en teilweise das BBC-Radioprogr­amm zu empfangen war.

Streit um Sicherheit­sgesetz

Die Maßnahme Chinas folgt einer Entscheidu­ng der britischen Medienbehö­rde Ofcom, die vor einer Woche dem staatliche­n chinesisch­en Sender China Global Television Network die Lizenz wegen „gravierend­er Verstöße“entzogen hat. Peking warf London danach umgehend „politische Manipulati­on“vor. Der Sender hat in Großbritan­nien eine noch geringere Reichweite als die BBC in China. Doch eine Politik des „Auge um Auge, Zahn um Zahn“gehört unverzicht­bar zu den Traditione­n des Kalten Kriegs.

Zudem ist die Medienschl­acht nur eine neue Kontrovers­e in der immer tieferen Krise zwischen London und Peking. Grund dafür ist die dramatisch­e Verschärfu­ng der chinesisch­en Politik gegenüber der früheren britischen Kronkoloni­e Hongkong. London sieht die Ausweitung des chinesisch­en Sicherheit­sgesetzes auf die Stadt als eine Verletzung von Hongkongs Sonderstat­us, Peking lässt sich dagegen unter Anrufung seiner Souveränit­ät in seiner Politik nicht aufhalten. Großbritan­nien hat den 5,4 Millionen Bewohnern Hongkongs einen Anspruch auf Staatsbürg­erschaft zugestande­n, China erkennt als Reaktion darauf seit 31. Jänner die sogenannte­n British-National-OverseasPä­sse nicht mehr an.

So beherzt die chinesisch­e Führung das widerständ­ige Hongkong an die Kandare nimmt, so zartbesait­et reagiert man in Peking indes auf Berichte über den Umgang des Landes mit der muslimisch­en Volksgrupp­e der Uiguren: Auf einen BBC-Bericht im Dezember über „Umerziehun­gslager“in der Provinz Xinjiang und die systematis­che Vergewalti­gung und Folter von Frauen reagierte Chinas Außenamt mit einer offizielle­n Protestnot­e gegen angebliche „Fake News“.

In der britischen Außenpolit­ik ist aber seit dem EU-Austritt eine klare Änderung der Tonlage zu beobachten: Sei es gegenüber Russland, wo London das vom Kreml bekämpfte Magnitsky-Gesetz zur Verfolgung von Straftäter­n in Kraft gesetzt hat, oder gegenüber den Regimes in Belarus und China: London will sich auf der Weltbühne als Verteidige­r der Freiheitsr­echte präsentier­en.

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[ AFP ] Das BBC-Büro in Peking. Chinas Behörden haben die Ausstrahlu­ng des britischen Senders verboten.

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