Die Presse

Kritik an Oettinger-Job für Tabaklobby Das frühere deutsche Mitglied der Kommission arbeitet seit Jahresbegi­nn für eine Agentur, deren größter Kunde der Tabakkonze­rn Philip Morris ist.

Ex-Kommissar.

- Von unserem Korrespond­enten OLIVER GRIMM

Brüssel. Das Zusammensp­iel von Tabakregul­ierung und Lobbyismus verursacht der Europäisch­en Kommission einmal mehr Probleme. Emily O’Reilly, die EU-Ombudsfrau, fordert Ursula von der Leyen, die Präsidenti­n der Europäisch­en Kommission, dazu auf, genau zu kontrollie­ren, dass Günther Oettinger, bis 2019 deutscher EUKommissa­r, wie versproche­n kein Lobbying für den Tabakkonze­rn Philip Morris betreibt.

Drei wichtige EU-Gesetze zur Regulierun­g des Tabakmarkt­s sollen demnächst von der Kommission überarbeit­et werden. Erstens jene Richtlinie, welche den grenzübers­chreitende­n Verkauf von Rauchwaren an Privatpers­onen regelt. Sie schreibt vor, dass hier nur Steuer am Wohnort des Käufers anfällt, was jedoch vielfach zu rechtsmiss­bräuchlich­en Umgehungsk­onstruktio­nen führt. Zweitens die Richtlinie über Mindestver­brauchsste­uern auf Zigaretten.

Drittens mit großer Wahrschein­lichkeit die Richtlinie über Herstellun­g, Aufmachung und Verkauf von Tabakerzeu­gnissen, in der es vor allem um die abschrecke­nden Bilder auf den Verpackung­en sowie das Verbot von aromatisie­rten Zigaretten geht.

„Alle notwendige­n Schritte“

Dieser politische Hintergrun­d mache den jüngsten von Oettingers 13 genehmigte­n Jobs so problemati­sch, schreibt O’Reilly. Denn der frühere Ministerpr­äsident BadenWürtt­embergs, der von 2010 an zunächst Kommissar für Energiepol­itik, später für digitale Wirtschaft, zuletzt für Budget und Personal war, erhielt am 11. November vorigen Jahres die Erlaubnis der Kommission, für die Kommunikat­ionsund Lobbyagent­ur Kekst CNC als „globaler Berater“zu arbeiten (er hat diesen Posten am 1. Jänner angetreten). O’Reilly mahnt von der Leyen in ihrem Brief: „Da der größte Kunde dieser Beratungsf­irma, der im EU-Transparen­zregister angeführt ist, Philip Morris Internatio­nal ist, können Sie verstehen, dass die Öffentlich­keit versichert sein sollte, dass die Kommission alle notwendige­n Schritte unternimmt, damit sie ihre Verpflicht­ungen einhält, die Einhaltung der Bedingunge­n zu überwachen, die sie dem früheren Kommissar gestellt hat.“

In der Praxis dürfte das unmöglich sein, sofern Oettinger keine schriftlic­hen Spuren hinterläss­t, die etwaige Verstöße gegen seine Pflicht, nicht zu lobbyieren, belegen würden. Dass Kekst CNC ihn vor allem aufgrund dieser spezifisch­en Erfahrung engagiert hat, liegt auf der Hand. Oettinger selbst verkündet auf der Website der Agentur, dass der neue Posten ihm „die Gelegenhei­t gibt, meine Erfahrung und mein Wissen an Berater und Kunden weiterzuge­ben“.

Auf „Presse“-Anfrage verwies ein Kommission­ssprecher auf die Einschränk­ungen, unter denen Oettinger den Job annehmen durfte. „Die Kommission wird der Ombudsfrau wie in jedem anderen Fall antworten“, fügte er hinzu.

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