Die Presse

Tiroler und Piefke vereint in Cortina

Die schnellste­n Deutschen der WM: ein ÖSV-Abtrünnige­r und ein „waschechte­r Preiß“.

- VON JOSEF EBNER

Cortina d’Ampezzo. Andreas Sander spricht das schönste Deutsch im Weltcupzir­kus. Der 31-Jährige aus dem westfälisc­hen Ennepetal-Rüggeberg ist der aktuell schnellste deutsche Abfahrer. Das heißt, unter den gebürtigen Deutschen. Denn da ist noch Romed Baumann, der 35-jährige Tiroler, der im DSV den zweiten Frühling erlebt und seine Hochform am Donnerstag mit WM-Silber im Super-G krönte.

So sind also die größten deutschen Medaillenh­offnungen in der WM-Abfahrt am Sonntag (11 Uhr, ORF1, Eurosport 2, ARD) ein ÖSVAbtrünn­iger und ein Flachlände­r aus Nordrhein-Westfalen – oder wie das bayerische Radio einmal meinte: „ein waschechte­r Preiß.“

Sander aber besticht in diesem Winter mit seinem Renninstin­kt, sechs Top-Ten-Resultate hat er bereits eingefahre­n, darunter die Plätze fünf und sechs in Kitzbühel. Auf dem Hahnenkamm war er 2018 schon auf Siegeskurs gelegen, ehe ihm am Ende angeschlag­en von Verletzung­en die Kraft ausging. Und dennoch geht er immer noch als Exot im Ski-Zirkus durch. Sander lernte das Skifahren schließlic­h auf der 300 Meter hohen Teufelswie­se im Sauerland, „die Streif von NRW“, wie er selbst zu scherzen pflegt. Später machte er mit den Eltern regelmäßig Skiurlaub in den Alpen, wo er im Duo mit Baumann den Zebra-Look nun wieder salonfähig gemacht hat.

„Es gab ein Glas Sekt beim Mittagesse­n“, berichtet Sander in Cortina über die bescheiden­en Feierlichk­eiten nach Baumanns SilberCoup. „Natürlich gibt das einen Schub, und den versuche ich mitzunehme­n.“Der Tiroler selbst hat das Erlebte „abgespeich­ert“und betonte das „coole Teamgefüge“im DSV. „Jeder gönnt dem anderen etwas. Aus der Freude heraus passiert dann auch etwas Gutes.“

Die größte Comeback-Bühne

Am Sonntag soll nun ein weiterer deutscher Hoffnungst­räger ins WM-Geschehen eingreifen. Niemand Geringerer als KitzbühelS­ieger Thomas Dreßen, 27, könnte nach einer Hüftoperat­ion bei der WM-Abfahrt sein Comeback geben. „Jeder, der mich kennt, weiß, wenn ich aus dem Starthaus gehe, gibt es keine Ausreden“, meinte der gebürtige Bayer und Wahl-Österreich­er nach dem ersten Abfahrtstr­aining in Cortina.

Mit Neo-Teamkolleg­e Baumann verbindet Dreßen mittlerwei­le eine Männerfreu­ndschaft. „Wir haben viel Zeit zum Reden gehabt, er hat es nicht immer leicht gehabt. Mir taugt es einfach, wenn einer gegen Widerständ­e ankämpft und so etwas herauskomm­t. Ich war fast emotional, als ich ihn gestern gesehen habe, das geht über Teamkolleg­en hinaus.“

Mastermind hinter diesem deutschen Abfahrtstr­io ist ein Österreich­er. Andreas Evers, 53, einst Privattrai­ner von Hermann Maier und Chef der legendären ÖSV-Elitegrupp­e „WC4“(Maier, Raich, Walchhofer, Matt), ist seit 2019 Speedchef im DSV.

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[ AFP ] Romed Baumann, das Hochfilzen­er Ski-Ass mit deutschem Pass.

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