Tiroler und Piefke vereint in Cortina
Die schnellsten Deutschen der WM: ein ÖSV-Abtrünniger und ein „waschechter Preiß“.
Cortina d’Ampezzo. Andreas Sander spricht das schönste Deutsch im Weltcupzirkus. Der 31-Jährige aus dem westfälischen Ennepetal-Rüggeberg ist der aktuell schnellste deutsche Abfahrer. Das heißt, unter den gebürtigen Deutschen. Denn da ist noch Romed Baumann, der 35-jährige Tiroler, der im DSV den zweiten Frühling erlebt und seine Hochform am Donnerstag mit WM-Silber im Super-G krönte.
So sind also die größten deutschen Medaillenhoffnungen in der WM-Abfahrt am Sonntag (11 Uhr, ORF1, Eurosport 2, ARD) ein ÖSVAbtrünniger und ein Flachländer aus Nordrhein-Westfalen – oder wie das bayerische Radio einmal meinte: „ein waschechter Preiß.“
Sander aber besticht in diesem Winter mit seinem Renninstinkt, sechs Top-Ten-Resultate hat er bereits eingefahren, darunter die Plätze fünf und sechs in Kitzbühel. Auf dem Hahnenkamm war er 2018 schon auf Siegeskurs gelegen, ehe ihm am Ende angeschlagen von Verletzungen die Kraft ausging. Und dennoch geht er immer noch als Exot im Ski-Zirkus durch. Sander lernte das Skifahren schließlich auf der 300 Meter hohen Teufelswiese im Sauerland, „die Streif von NRW“, wie er selbst zu scherzen pflegt. Später machte er mit den Eltern regelmäßig Skiurlaub in den Alpen, wo er im Duo mit Baumann den Zebra-Look nun wieder salonfähig gemacht hat.
„Es gab ein Glas Sekt beim Mittagessen“, berichtet Sander in Cortina über die bescheidenen Feierlichkeiten nach Baumanns SilberCoup. „Natürlich gibt das einen Schub, und den versuche ich mitzunehmen.“Der Tiroler selbst hat das Erlebte „abgespeichert“und betonte das „coole Teamgefüge“im DSV. „Jeder gönnt dem anderen etwas. Aus der Freude heraus passiert dann auch etwas Gutes.“
Die größte Comeback-Bühne
Am Sonntag soll nun ein weiterer deutscher Hoffnungsträger ins WM-Geschehen eingreifen. Niemand Geringerer als KitzbühelSieger Thomas Dreßen, 27, könnte nach einer Hüftoperation bei der WM-Abfahrt sein Comeback geben. „Jeder, der mich kennt, weiß, wenn ich aus dem Starthaus gehe, gibt es keine Ausreden“, meinte der gebürtige Bayer und Wahl-Österreicher nach dem ersten Abfahrtstraining in Cortina.
Mit Neo-Teamkollege Baumann verbindet Dreßen mittlerweile eine Männerfreundschaft. „Wir haben viel Zeit zum Reden gehabt, er hat es nicht immer leicht gehabt. Mir taugt es einfach, wenn einer gegen Widerstände ankämpft und so etwas herauskommt. Ich war fast emotional, als ich ihn gestern gesehen habe, das geht über Teamkollegen hinaus.“
Mastermind hinter diesem deutschen Abfahrtstrio ist ein Österreicher. Andreas Evers, 53, einst Privattrainer von Hermann Maier und Chef der legendären ÖSV-Elitegruppe „WC4“(Maier, Raich, Walchhofer, Matt), ist seit 2019 Speedchef im DSV.