Kurs als Streitfrage: „Der WM unwürdig“
Dominik Paris zürnt Kurssetzung und der FIS, weil „offene Kurven“auf der „Vertigine“fehlen. Die ÖSV-Fahrer finden den Hang „lässig“.
Cortina. Nicht leicht, definitiv WMwürdig, natürlich ob mancher Torpositionen wieder umstritten – und doch ein interessantes Rennen. Die Meinungen nach dem ersten Abfahrtstraining in Cortina d’Ampezzo hätten am Freitag unterschiedlicher kaum sein können. Das erste Kennenlernen der Abfahrtsstrecke „Vertigine“hat bei manchem aber auch das Gemüt tüchtig vorausfahren lassen.
Mit mehreren Torfehlern war „Kurvenverweigerer“und Lokalmatador Dominik Paris zwar der Trainingsschnellste, doch Wert und Sinn solcher Übungen muss der Italiener selbst beantworten. Seine Zeit (1:40,78 Min.) ist eher nicht aussagekräftig. 1,56 Sekunden dahinter lag der Deutsche Simon Jocher, es folgten Max Franz (1,58) und Otmar Striedinger (1,78). Matthias Mayer hatte 2,31 Sekunden Rückstand, Daniel Hemetsberger 2,53 und Super-G-Weltmeister Vincent Kriechmayr gar 2,92. Es ist davon auszugehen, dass die Kurssetzung an jener Passage vor dem Sprung, die sich schon im Super-G als speziell herauskristallisiert hatte, nochmals umgesetzt wird.
Traverse, Einfahrt und Wellen
Mit dem Herren-Super-G hat die Vertigine zwar etwas von ihrem Mysterium verloren, aber bei Läufern, Trainer und Zuschauern Anklang gefunden. „Es ist auf jeden Fall ein lässiger Hang“, sagte Mayer. Am Sonntag (11 Uhr, live, ORF1) könnte es noch spektakulärere Bilder geben. „Ich glaube, die Abfahrt wird sensationell werden von der Pistenbeschaffenheit her“, meinte ÖSV-Speedchef Josef Brunner.
Das Gerede, die neue Piste könnte möglicherweise zu wenig anspruchsvoll und selektiv für Speed-Events sein, „ist erledigt“, stellte Brunner klar. „Es sind einfach Passagen da, die wichtig sind, um Weltmeister zu werden. Das sind die Traverse, die Einfahrt, der untere Teil mit den Wellen.“Mayer meinte, dass es oben „bissig“losgehe, der erste Teil sehr hart, eisig, ja unruhig sei. Unten sei die Piste hingegen „nicht spektakulär“.
Vor allem die Passage nach dem Vertigine-Sprung, „die wir einfach nicht einschätzen haben können“, habe die Tücken der Strecke gezeigt. „Da bin ich neugierig, wie man die Abfahrt hinsetzt, denn da muss brutal rausnehmen, sonst ist man im Loch drin“, erläuterte Brunner. Kurssetzer Hannes Trinkl, der FIS-Rennchef Speed auf Herren-Seite, habe das aber gut im Griff. Auch die erwartete trockene Kälte werde der Piste ihre Form geben.
Bis die Bandscheiben fliegen
Herren-Chefcoach Andreas Puelacher ging zunächst nicht davon aus, dass in der Abfahrt das höhere Tempo an der Schlüsselstelle zum Thema werden könnte. Ebenfalls gab der Tiroler preis, dass wahrscheinlich Max Franz den dritten Startplatz neben Mayer und Kriechmayr bekommen wird. Um den vierten matchen sich in erster Linie die erst angereisten Otmar Striedinger und Daniel Hemetsberger. Geht es nach dem FreitagTraining, hat Striedinger die besseren Karten.
Allerdings: Auch er ließ ein Tor aus. Wie Paris, der mit Trinkl hart ins Gericht ging: „Das ist keine WMwürdige Abfahrt, in einer Abfahrt brauchen wir offene Kurven. Mir tut es ein bissel im Herzen weh.“Es sei so drehend gesetzt, dass es einem fast die Bandscheiben hinaushaue. Eine WM-Abfahrt gleicht also einer Neuinszenierung einer Oper. Dem einen gefällt es, der andere würde am liebsten sein Eintrittsgeld zurückverlangen. Rennchef Markus Waldner sagt: „Ein sicherer Ansatz, das war unser Plan. Jetzt wissen wir, mit wie viel Speed wir zum Sprung kommen können. Morgen wird es perfekt sein.“