Die Presse

„Ständig zusperren ist keine Lösung“

Interview. Als Chef der größten Einkaufsze­ntren des Landes freut sich Anton Cech, dass der Handel wieder geöffnet hat. Über seine Wüsche an die Politik und was sich künftig ändern wird.

- VON DAVID FREUDENTHA­LER

Die Presse: Seit einer Woche ist der Handel wieder geöffnet. Sind die Geschäfte so angelaufen, wie Sie es erwartet haben?

Anton Cech: Wir freuen uns gemeinsam mit unseren Händlern, wieder geöffnet zu haben. Insgesamt sind die Geschäfte gut angelaufen. Aber wir haben ohnehin mit einer starken Woche gerechnet. Viele Kunden waren richtig ausgehunge­rt, die konnten kaum erwarten, dass wir wieder aufsperren. Wir spüren jetzt sehr starke Nachholeff­ekte aus dem Weihnachts­geschäft.

Sie sind Chef der beiden größten Shopping-Center des Landes, der SCS und dem Donau Zentrum. Welches der beiden ist besser aus dem Lockdown gestartet?

In der SCS waren die Verkaufsza­hlen in der ersten Woche etwas besser als im Donau Zentrum. Dort liefen die Geschäfte sogar besser, als vor der Krise. Das liegt auch daran, dass die SCS vor allem ein Auto-Standort ist. Im Donau Zentrum kommen die meisten hingegen mit den Öffis. Aber auch dort liegen wir schon auf einem hohem Niveau, was die Kundenfreq­uenz betrifft. Das ist insofern bemerkensw­ert, da die Gastronomi­e und der ganze Entertainm­ent-Bereich ja noch fehlen.

Es ist jetzt das dritte Mal in dieser Pandemie, dass der Handel nach einem Lockdown wieder aufsperrt.

Die Geschäfte sind jetzt wesentlich besser angelaufen als nach dem ersten Lockdown im Frühjahr. Die Kundenfreq­uenz ist im Vergleich zu damals um rund dreißig Prozent höher. Als wir im Mai das erste Mal aufgesperr­t haben, war die Bevölkerun­g noch sehr ängstlich, was die Ansteckung­sgefahr betrifft. Das ist jetzt anders. Alle freuen sich, wieder stationär einkaufen gehen zu können. Nach dem ersten Lockdown hat die spätere Gastro-Öffnung noch einen zusätzlich­en Schub von zehn bis fünfzehn Prozent gebracht.

Nicht überall sind die Ladenbalke­n am Montag wieder nach oben gegangen, manche Geschäfte bleiben geschlosse­n. Die Modekette Pimkie zum Beispiel, die auch in Ihren Einkaufsze­ntren Filialen hatte, meldete vor wenigen Wochen Insolvenz an. Das ist ein schwierige­s Thema für uns. Wenn eine Kette wie Pimkie in ernsthafte Probleme gerät, werden auch andere Händler in Schwierigk­eiten kommen. Gerade viele Mode- und Schuhhändl­er hatten im vergangene­n Jahr massive Einbußen, viele sitzen jetzt auf vollen Lagern. Denen müssen wir als Einkaufsze­ntrum mit allen Mitteln ermögliche­n, dass sie Umsätze generieren können. Sonst wandern die Umsätze weiter ins Internet und es werden weitere Händler und somit Arbeitsplä­tze verschwind­en.

Wie geht es jetzt mit den Einkaufsze­ntren weiter?

Es wird immer mehr zu einem Auslesever­fahren kommen zwischen den einzelnen Standorten. Seit 2014 gehen die Verkaufsfl­ächen in Österreich zurück, davor ist es immer bergauf gegangen. Die Händler selektiere­n immer mehr, wo sie verkaufen wollen. Die Pandemie hat diesen Trend noch weiter verstärkt. Es gibt ein reges Interesse von Händlern, die frei werdende Verkaufsfl­ächen nutzen und bei uns verkaufen wollen. Im März wird der französisc­he Möbelhändl­er Maison du Monde nach Österreich kommen und seinen ersten Flagshipst­ore in der SCS eröffnen. Wir führen auch Gespräche mit einem großen deutschen Onlinehänd­ler, der in den stationäre­n Handel drängt und ebenso demnächst einen Store in der SCS öffnen wird. Es wird also größere Umbrüche geben – auch angetriebe­n von der Pandemie.

Viele Experten haben zuletzt die Befürchtun­g geäußert, dass die Infektions­zahlen rasch wieder stark ansteigen könnten. Der Handel wäre dann wohl der Erste, der wieder zusperren muss. Der Handel ist sicher. Wir haben sehr strenge Regeln und die Besucher verhalten sich disziplini­ert. Darum halte ich Lockdowns auch für die absolut falsche Strategie für den Handel. Die neuesten Studien zeigen eindeutig, dass Ansteckung­en vor allem im privaten Bereich stattfinde­n, wo man Regeln außer Acht lässt. Wir sind heilfroh, dass wir aufsperren konnten. Das ist eine wichtige Perspektiv­e für die Händler und die Menschen. Ein neuerliche­r Lockdown würde für viele Händler den endgültige­n Todesstoß bedeuten und Tausende Arbeitsplä­tze vernichten.

Sind Sie vorbereite­t, sollten Sie in einigen Wochen wieder zusperren müssen?

Mittlerwei­le sind wir sehr routiniert im Schließen und Öffnen eines Einkaufsze­ntrums. Das wäre dann das vierte Mal innerhalb eines Jahres. Wünschen tu ich mir das keinesfall­s. Das hätte wohl einen fatalen Jo-Jo-Effekt zufolge.

Ob auf oder zu ist ja letztlich eine politische Entscheidu­ng. Was würden Sie sich wünschen von der Politik?

Dass man endlich erkennt, dass die ständigen Lockdowns kein geeignetes Mittel für den Handel sind. Die Politik muss verstehen, Lockdowns nicht als den einzig möglichen Weg anzusehen, um die Pandemie zu bekämpfen. Zudem erwarte ich mir, dass es eine Perspektiv­e für die Öffnung der Gastronomi­e gibt. Und was ich mir von der Politik wünsche, ist eine Flexibilis­ierung der Öffnungsze­iten. Vor Weihnachte­n, wo die Geschäftsz­eiten erweitert waren, haben wir gesehen, dass das gut funktionie­rt. Das hatte für die Händler einen positiven Effekt und war ein gutes Instrument, die Kundenströ­me zu entzerren. Das kann vorerst einmal beschränkt sein für das Jahr 2021.

Eine Ausweitung der Öffnungsze­iten können Sie sich wohl auch längerfris­tig vorstellen.

Ja, natürlich wäre das auch längerfris­tig eine Option. Wir sind eben von den Öffnungsze­iten her limitiert. Vor allem was den Samstag betrifft. Da gibt es großes Potenzial, durch längere Öffnungsze­iten Kundenströ­me besser zu lenken. Aber was jetzt Priorität haben sollte, ist das Ziel, Lockdowns in Zukunft zu verhindern.

Sie haben seit einer Woche das Sicherheit­spersonal in Ihren Shopping Centern deutlich aufgestock­t, damit die Coronarege­ln auch wirklich eingehalte­n werden. Wird das so bleiben?

Unsere Securities sind derzeit in doppelter Mannstärke unterwegs. Auch unsere Reinigungs­kräfte haben wir in den ersten Tagen verdoppelt. Wir konnten anfangs nicht voraussehe­n, wie groß der Andrang wirklich sein würde und ob sich alle an die Regeln halten. Außerdem haben wir eine Vereinbaru­ng mit der Polizei, dass sie verstärkt in den Einkaufsce­ntern präsent ist.

Wie oft ist es schon zu Verstößen gekommen?

Es ist wirklich überschaub­ar, wir mussten in der vergangene­n Woche niemanden des Hauses verweisen. Auch das Thema Maske funktionie­rt mittlerwei­le, da braucht man mit niemand mehr diskutiere­n. Insgesamt ist es viel geordneter angelaufen, als nach dem zweiten Lockdown Anfang Dezember, wo alle im Weihnachts­stress waren. Wir werden unser Sicherheit­spersonal also sukzessive wieder reduzieren, wenn die Kunden sich weiterhin so gut verhalten. Auch die Polizei wird ihre Präsenz jetzt übrigens wieder zurückfahr­en.

 ?? [ Andreas Tischler / picturedes­k.com ] ?? In den Einkaufsze­ntren herrscht dieser Tage Hochbetrie­b.
[ Andreas Tischler / picturedes­k.com ] In den Einkaufsze­ntren herrscht dieser Tage Hochbetrie­b.

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