„Ständig zusperren ist keine Lösung“
Interview. Als Chef der größten Einkaufszentren des Landes freut sich Anton Cech, dass der Handel wieder geöffnet hat. Über seine Wüsche an die Politik und was sich künftig ändern wird.
Die Presse: Seit einer Woche ist der Handel wieder geöffnet. Sind die Geschäfte so angelaufen, wie Sie es erwartet haben?
Anton Cech: Wir freuen uns gemeinsam mit unseren Händlern, wieder geöffnet zu haben. Insgesamt sind die Geschäfte gut angelaufen. Aber wir haben ohnehin mit einer starken Woche gerechnet. Viele Kunden waren richtig ausgehungert, die konnten kaum erwarten, dass wir wieder aufsperren. Wir spüren jetzt sehr starke Nachholeffekte aus dem Weihnachtsgeschäft.
Sie sind Chef der beiden größten Shopping-Center des Landes, der SCS und dem Donau Zentrum. Welches der beiden ist besser aus dem Lockdown gestartet?
In der SCS waren die Verkaufszahlen in der ersten Woche etwas besser als im Donau Zentrum. Dort liefen die Geschäfte sogar besser, als vor der Krise. Das liegt auch daran, dass die SCS vor allem ein Auto-Standort ist. Im Donau Zentrum kommen die meisten hingegen mit den Öffis. Aber auch dort liegen wir schon auf einem hohem Niveau, was die Kundenfrequenz betrifft. Das ist insofern bemerkenswert, da die Gastronomie und der ganze Entertainment-Bereich ja noch fehlen.
Es ist jetzt das dritte Mal in dieser Pandemie, dass der Handel nach einem Lockdown wieder aufsperrt.
Die Geschäfte sind jetzt wesentlich besser angelaufen als nach dem ersten Lockdown im Frühjahr. Die Kundenfrequenz ist im Vergleich zu damals um rund dreißig Prozent höher. Als wir im Mai das erste Mal aufgesperrt haben, war die Bevölkerung noch sehr ängstlich, was die Ansteckungsgefahr betrifft. Das ist jetzt anders. Alle freuen sich, wieder stationär einkaufen gehen zu können. Nach dem ersten Lockdown hat die spätere Gastro-Öffnung noch einen zusätzlichen Schub von zehn bis fünfzehn Prozent gebracht.
Nicht überall sind die Ladenbalken am Montag wieder nach oben gegangen, manche Geschäfte bleiben geschlossen. Die Modekette Pimkie zum Beispiel, die auch in Ihren Einkaufszentren Filialen hatte, meldete vor wenigen Wochen Insolvenz an. Das ist ein schwieriges Thema für uns. Wenn eine Kette wie Pimkie in ernsthafte Probleme gerät, werden auch andere Händler in Schwierigkeiten kommen. Gerade viele Mode- und Schuhhändler hatten im vergangenen Jahr massive Einbußen, viele sitzen jetzt auf vollen Lagern. Denen müssen wir als Einkaufszentrum mit allen Mitteln ermöglichen, dass sie Umsätze generieren können. Sonst wandern die Umsätze weiter ins Internet und es werden weitere Händler und somit Arbeitsplätze verschwinden.
Wie geht es jetzt mit den Einkaufszentren weiter?
Es wird immer mehr zu einem Ausleseverfahren kommen zwischen den einzelnen Standorten. Seit 2014 gehen die Verkaufsflächen in Österreich zurück, davor ist es immer bergauf gegangen. Die Händler selektieren immer mehr, wo sie verkaufen wollen. Die Pandemie hat diesen Trend noch weiter verstärkt. Es gibt ein reges Interesse von Händlern, die frei werdende Verkaufsflächen nutzen und bei uns verkaufen wollen. Im März wird der französische Möbelhändler Maison du Monde nach Österreich kommen und seinen ersten Flagshipstore in der SCS eröffnen. Wir führen auch Gespräche mit einem großen deutschen Onlinehändler, der in den stationären Handel drängt und ebenso demnächst einen Store in der SCS öffnen wird. Es wird also größere Umbrüche geben – auch angetrieben von der Pandemie.
Viele Experten haben zuletzt die Befürchtung geäußert, dass die Infektionszahlen rasch wieder stark ansteigen könnten. Der Handel wäre dann wohl der Erste, der wieder zusperren muss. Der Handel ist sicher. Wir haben sehr strenge Regeln und die Besucher verhalten sich diszipliniert. Darum halte ich Lockdowns auch für die absolut falsche Strategie für den Handel. Die neuesten Studien zeigen eindeutig, dass Ansteckungen vor allem im privaten Bereich stattfinden, wo man Regeln außer Acht lässt. Wir sind heilfroh, dass wir aufsperren konnten. Das ist eine wichtige Perspektive für die Händler und die Menschen. Ein neuerlicher Lockdown würde für viele Händler den endgültigen Todesstoß bedeuten und Tausende Arbeitsplätze vernichten.
Sind Sie vorbereitet, sollten Sie in einigen Wochen wieder zusperren müssen?
Mittlerweile sind wir sehr routiniert im Schließen und Öffnen eines Einkaufszentrums. Das wäre dann das vierte Mal innerhalb eines Jahres. Wünschen tu ich mir das keinesfalls. Das hätte wohl einen fatalen Jo-Jo-Effekt zufolge.
Ob auf oder zu ist ja letztlich eine politische Entscheidung. Was würden Sie sich wünschen von der Politik?
Dass man endlich erkennt, dass die ständigen Lockdowns kein geeignetes Mittel für den Handel sind. Die Politik muss verstehen, Lockdowns nicht als den einzig möglichen Weg anzusehen, um die Pandemie zu bekämpfen. Zudem erwarte ich mir, dass es eine Perspektive für die Öffnung der Gastronomie gibt. Und was ich mir von der Politik wünsche, ist eine Flexibilisierung der Öffnungszeiten. Vor Weihnachten, wo die Geschäftszeiten erweitert waren, haben wir gesehen, dass das gut funktioniert. Das hatte für die Händler einen positiven Effekt und war ein gutes Instrument, die Kundenströme zu entzerren. Das kann vorerst einmal beschränkt sein für das Jahr 2021.
Eine Ausweitung der Öffnungszeiten können Sie sich wohl auch längerfristig vorstellen.
Ja, natürlich wäre das auch längerfristig eine Option. Wir sind eben von den Öffnungszeiten her limitiert. Vor allem was den Samstag betrifft. Da gibt es großes Potenzial, durch längere Öffnungszeiten Kundenströme besser zu lenken. Aber was jetzt Priorität haben sollte, ist das Ziel, Lockdowns in Zukunft zu verhindern.
Sie haben seit einer Woche das Sicherheitspersonal in Ihren Shopping Centern deutlich aufgestockt, damit die Coronaregeln auch wirklich eingehalten werden. Wird das so bleiben?
Unsere Securities sind derzeit in doppelter Mannstärke unterwegs. Auch unsere Reinigungskräfte haben wir in den ersten Tagen verdoppelt. Wir konnten anfangs nicht voraussehen, wie groß der Andrang wirklich sein würde und ob sich alle an die Regeln halten. Außerdem haben wir eine Vereinbarung mit der Polizei, dass sie verstärkt in den Einkaufscentern präsent ist.
Wie oft ist es schon zu Verstößen gekommen?
Es ist wirklich überschaubar, wir mussten in der vergangenen Woche niemanden des Hauses verweisen. Auch das Thema Maske funktioniert mittlerweile, da braucht man mit niemand mehr diskutieren. Insgesamt ist es viel geordneter angelaufen, als nach dem zweiten Lockdown Anfang Dezember, wo alle im Weihnachtsstress waren. Wir werden unser Sicherheitspersonal also sukzessive wieder reduzieren, wenn die Kunden sich weiterhin so gut verhalten. Auch die Polizei wird ihre Präsenz jetzt übrigens wieder zurückfahren.