Die Presse

Benedikta, das gestrickte Haus

Hausgeschi­chte. Wo einst die Großmutter der Bauherrin wirtschaft­ete, nächtigen nun Gäste in einem behutsamen Mix aus freigelegt­er historisch­er Substanz und modernem Design.

- VON ANTONIE ECKHARDT

Nah am Waldrand gelegen, steht in Vandans ein Ferienhaus der besonderen Art: ein renovierte­s Montafoner­haus. Der Baustil, benannt nach dem Tal Montafon im südlichen Vorarlberg: Vollholz, die Balken an den Hausecken verzahnt, sozusagen gestrickt. Ausnahme ist der Küchen- und Kaminberei­ch, der gemauert ist. Das Prachtexem­plar blickt auf ein stolzes Alter zurück: Es wurde 1836 erbaut und bekam jetzt ein neues oder, besser gesagt, sein altes Kleid zurück.

Von Renovierun­gen befreit

Es ist das Großeltern­haus der Bauherrin und wurde schon längere Zeit als Gästehaus verwendet, benannt nach dem Namen der Großmutter, Benedikta. „Unsere Aufgabe bestand hauptsächl­ich darin, den Originalzu­stand wiederherz­ustellen, es unter anderem von den Renovierun­gen der 1970er-Jahre zu befreien und gleichzeit­ig zeitgemäß zu erneuern, ohne den Altbestand zu zerstören“, erzählt Architekt Dieter Klammer vom Vorarlberg­er Architektu­rbüro Architektu­rTerminal Hackl und Klammer.

Eines der ersten Dinge, die die Architekte­n in Angriff nahmen, war, das Eternitdac­h abzutragen und wieder das typische Holzschind­eldach auf das Haus zu setzen – und die ebenfalls typischen Kastenfens­ter, außen weiß, innen Holz natur und mit grünen Balken, einzubauen. „Damit haben wir dem Haus wieder sein ursprüngli­ches Aussehen verliehen, die Balkenkons­truktion der Fassade war weitgehend in Ordnung“, erzählt Klammer.

Auch das Erdgeschoß ist mehr oder weniger im Originalzu­stand belassen worden. „Üblich waren hier eine Küche, eine Stube und das Elternschl­afzimmer. Die Aufteilung dieser Räumlichke­iten haben wir beibehalte­n, die originale Holzvertäf­elung musste nicht erneuert werden. Wir haben nur aus dem Elternschl­afzimmer einen Aufenthalt­sraum gemacht.“Belassen wurde natürlich auch der zentrale Kamin, der als Abzug für einen Kachelofen dient.

Schwarzsta­hl trifft Weißtanne

Anders sah es im Obergescho­ß aus. „Das haben wir mehr oder weniger bis auf die alte Strickbauw­eise freigeschä­lt. Alles, was wir hier erneuert haben, haben wir ganz bewusst sichtbar gemacht. Verwendet haben wir dazu Schwarzsta­hl, Stein und Weißtanne geseift.“Jedes der vier Zimmer bekam ein eigenes Bad, das gesamte Obergescho­ß wurde zusätzlich mit Holzwolle gedämmt.

Ebenfalls erneuert werden musste die Treppe, die ursprüngli­ch von der Küche in das Obergescho­ß führte und „nicht viel mehr war als eine steile Leiter. Wir haben uns entschloss­en, die neue Treppe aus Holz und Stahl in den Eingangsbe­reich zu versetzen, der bis zum Dach geöffnet wurde, sodass man gleich beim Eintreten das gesamte Hausvolume­n wahrnimmt“, erläutert der Architekt die Überlegung­en hinter dem Plan. Geheizt wird das Haus mit Erdwärme, einer Wärmepumpe und Heizkörper­n, einzig in den Bädern und im Eingangsbe­reich wurde eine Fußbodenhe­izung gewählt.

Eine weitere Besonderhe­it des Montafoner­hauses ist der sogenannte Schopf. Das ist ein schmaler Anbau an der Seite des Hauses, „in diesem Fall rund zwei mal acht Meter“, in dem ursprüngli­ch Holz gelagert wurde. „Hier haben wir die Technikräu­me untergebra­cht und einen Saunaberei­ch mit Dusche und WC, der auch über einen Außenzugan­g verfügt.“

Denkmalges­chützt war das rund 200 Quadratmet­er große Haus nicht, dennoch haben sich die Architekte­n bemüht, „denkmalpfl­egerisch zu denken und zu handeln“. Eine besondere Herausford­erung war „der Umgang mit dem Bestand. Es galt immer wieder neue Entscheidu­ngen zu treffen, denn oft kam etwas anderes zum Vorschein als erwartet. Wir haben immer neue Überraschu­ngen erlebt.“Die Zusammenar­beit mit der Bauherrin lief dabei bestens, „sie hat jede Entscheidu­ng von unserer Seite mitgetrage­n“. Deren Entscheidu­ng für die Innengesta­ltung trägt umgekehrt Klammer gern mit: „Möbel, Accessoire­s, Textilien passen sehr gut ins Haus, das ist gut überlegt.“

Auch der Bereich um das Haus wurde neu gestaltet – mit kleinen Sitzecken im Garten oder vor dem Haus. Die traditione­lle Bank vor dem Haus ist ebenfalls wieder da – sie gehört ja zum Ensemble wie Fensterläd­en oder Schindelda­ch.

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Blick ins neue Treppenhau­s (links), die Stube mit alter Kassettend­ecke und neuer Sitzbank (Mitte), Fassade (rechts).
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[ Jenny Haimerl ]
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