„Wir sind stolz auf unsere Vorreiterrolle in Wien“
6B47 CEO Sebastian G. Nitsch spricht über die Abkehr von der BüroMonokultur in den Städten und dem neuen Trend für Konvertierung und gemischte Nutzung.
Der Immobilienentwickler 6B47 fokussiert zunehmend auf die Entwicklung von gemischt nutzbaren Immobilien und Stadtentwicklungsprojekte und gilt in Wien als Pionier im Konvertieren von alten Bürogebäuden in moderne Wohnhäuser.
Bei immer mehr Immobilienprojekten verschmelzen die unterschiedlichen Assetklassen. Womit erklären Sie sich diesen Trend?
Sebastian Nitsch: Monokulturen liegen nicht mehr im Zeitgeist. Früher entwickelte man separat Wohn- und Arbeitsstätten. Zwischen Arbeitsplatz und Zuhause wurde gependelt. Neue Stadtentwicklungskonzepte bevorzugen gemischte Immobiliennutzungen, denn die Lebensqualität steigt, je näher Wohnen, Arbeiten und Freizeit zusammenrücken.
Aktuell bestes Beispiel für gemischte Immobiliennutzung ist das 6B47-Projekt Althan Quartier. Was macht es so einzigartig?
Nitsch: Mit dem Althan Quartier erfährt das gesamte Umfeld eine Aufwertung. Wo sich früher eine versperrte Sockelzone befand, die den Bezirk trennte, werden nun Verbindungen geschaffen. Es entsteht ein neues Grätzel, das alle Lebensansprüche bedient. Büros, Wohnungen, Hotel, Garagen, Gastronomiebetriebe, Nahversorger an einem Ort. Die Anmutung der alten Architektur bleibt durch das ursprüngliche Stahlbetonskelett erhalten.
Womit wir beim Thema Konvertierung von Gebäuden sind. Wie viel Erfahrung konnte 6B47 auf diesem Gebiet bereits sammeln?
Nitsch: Mittlerweile können wir auf acht Projekte verweisen und haben uns somit sehr viel Erfahrung angeeignet. Den Anfang machte das Projekt „Fifty Four easy apartments“in der Engerthstraße im zweiten Bezirk, wo wir ein Bürogebäude in ein Appartementhaus verwandelten. Es folgte das Refurbishment des Philips-Gebäudes ebenfalls von einem Bürohaus in ein Appartementhaus, für das wir im Jänner den FIABCI Prix d’Exellence Austria überreicht bekommen haben. Dann kam der Althan Park, der das Gebäude der ehemaligen Postzentrale ersetzte. In Graz haben wir mit dem Alpha Tower ein Studentenheim zu modernen Wohnungen refurbished. In der Kolingasse am Wiener Ring wurde ein Altbaupalast von einem Büro in eine Luxusimmobilie zurückverwandelt.
In welchem Bereich ist der Zuwachs an Know-how besonders nachhaltig?
Nitsch: Anfangs waren die Baufirmen überfordert. Etwa in der Preisgestaltung, aber auch, weil sich Büro- und Wohnbauweise voneinander unterscheiden. Für uns bedeutete das in der Projektentwicklung einen intensiven Planungs- und Koordinationsprozess mit den ausführenden Partnern. Bei den ersten Projekten beanspruchte das enorm viel Zeit. Durch den Erfahrungsgewinn sind wir nun in der Lage, die Projekte wesentlich rascher zu entwickeln, und kennen die Stolpersteine. Mitunter haben wir durch die Erfahrungen eine eigene Technikabteilung aufgebaut, wodurch wir in der Lage sind, noch konkreter und von der Basis weg, an unsere Projekte heranzugehen. Damit haben wir eine Vorreiterrolle in Wien.
Wo liegen bei der Konvertierung die Herausforderungen?
Nitsch: In unseren Projekten hatten wir bereits die unterschiedlichsten Herausforderungen. Von der denkmalgeschützten Stilikone über ein altes Palais bis hin zur Verwandlung von Architektursünden in optische Hingucker. Entscheidend ist, wie es um die Grundsubstanz bestellt ist. Ebenso wichtig sind Lage und Umwidmungsmöglichkeiten. Eine der größten Herausforderungen ist die Trakttiefe. Bürogebäude können Trakttiefen aufweisen, die für Wohngebäude ungeeignet sind. Dieses Problem hatten wir zum Beispiel beim Althan Quartier. Hier mussten wir Lichthöfe schaffen.
ESG-Kriterien spielen beim Bau von Immobilien eine immer wichtigere Rolle. Kommt das einer Konvertierung entgegen?
Nitsch: Auf jeden Fall. Durch eine Konvertierung erspart man sich den gesamten Rohbau. Das bedeutet eine Reduktion von Tausenden Kubikmetern Beton, und dieser Baustoff ist in der Baubranche bezüglich CO -Emissionen das größte 2 Sorgenkind. Auch hier eignet sich das Althan Quartier als imposantes Beispiel: Umgerechnet 17.000 LkwFuhren konnten mit dem Aufbau auf dem ursprünglichen Stahlbetonskelett eingespart werden. Das wirkt sich positiv auf die Nachhaltigkeitsbewertung des Projektes aus und ist für Investoren sehr attraktiv.
Sehen Sie für Konvertierung noch viel Potenzial?
Nitsch: In nahezu allen deutschsprachigen Metropolen beobachten wir, dass Bürohäuser, Verwaltungsgebäude und gewerblich geprägte Immobilienkomplexe in guten Lagen in die Jahre kommen. Das eröffnet die Chance für Konvertierung. Alleine die Banken hinterlassen einen riesigen Altbaubestand. Hier sind wir gefragt, aktiv und kreativ zu werden. 6b47.com