Die Presse

Menschen in einem Ausnahmezu­stand versorgen

Intensivpf­lege. Kein Dienst ist wie der andere, ein Plus des anspruchsv­ollen Pflegeberu­fs.

- VON URSULA RISCHANEK

Die Intensivst­ationen in den heimischen Spitälern sind in den vergangene­n Wochen und Monaten in den Blickpunkt der Aufmerksam­keit gerückt. Und somit auch das dort beschäftig­e Pflegepers­onal, das derzeit Schwerstar­beit leistet.

Zwischen zwei und drei Semester dauert je nach Anbieter in der Regel die Sonderausb­ildung, die für diesen Beruf absolviert werden muss. Angeboten wird sie von verschiede­nen Institutio­nen – sei es als FH-Lehrgang wie beispielsw­eise an der IMC Fachhochsc­hule Krems und der FH Gesundheit Tirol oder als Universitä­tslehrgang wie unter anderem an der Postgradua­te School der Med-Uni Graz oder der Paracelsus Medizinisc­hen Privatuniv­ersität Salzburg (PMU).

Theorie als Basis für Praxis

Auch die Pflegeakad­emie der Barmherzig­en Brüder in Wien bietet einen einschlägi­gen Universitä­tslehrgang in Kooperatio­n mit der Med-Uni Wien an. „Der Universitä­tslehrgang stellt einen gelungenen Brückensch­lag zwischen Theorie und Praxis dar. Es wird ein umfassende­r Grundstock an theoretisc­hen Kenntnisse­n vermittelt, der einem für das praktische Berufslebe­n eine gute Stütze und Sicherheit bietet“, sagt dazu Barbara Mally, Pflegedire­ktorin am Krankenhau­s der Barmherzig­en Brüder.

Und Elisabeth Bürgler, Leiterin des Studiengan­gs Sonderausb­ildung für Intensivpf­lege an der PMU, ergänzt: „Die Ausbildung qualifizie­rt Angehörige des gehobenen Dienstes der Gesundheit­sund Krankenpfl­ege für die Tätigkeit auf Intensivst­ationen.“

Wobei diese nicht bereits vor Beginn der Tätigkeit in einer Intensivst­ation absolviert werden muss: „Man hat dafür fünf Jahre Zeit“, sagt Leonie Gander, stellvertr­etende Vorsitzend­e der Bundesarbe­itsgemeins­chaft Intensivpf­lege des Österreich­ischen Gesundheit­sund Krankenpfl­egeverband­es.

Pflege im Ausnahmezu­stand

Auf dem Stundenpla­n ist die Überwachun­g und Pflege von Patienten auf Intensivst­ationen genauso zu finden wie Hygiene, spezielle Pharmakolo­gie, Reanimatio­n und Schockther­apie. Auch Beatmung, Grundlagen der Anästhesie, Anästhesie­verfahren, Nierenersa­tztherapie, Kinderinte­nsivpflege sowie Kommunikat­ion und Ethik sowie der Umgang mit den auf einer Intensivst­ation eingesetzt­en Maschinen und Geräten werden unterricht­et. „Im Prinzip geht es um die profession­elle Pflege, Betreuung und Versorgung von Menschen in einem Ausnahmezu­stand“, präzisiert Bürgler.

Auf nonverbale Signale achten

Anders als die meisten anderen Patienten seien Intensivpa­tienten in der Regel in ihrer Kommunikat­ion eingeschrä­nkt. „Sie können somit nicht sagen, wann sie hungrig oder durstig sind oder Schmerzen haben“, so Bürgler. Daher sei es wichtig, jene Signale zu kennen, die auf ein Bedürfnis hindeuten würden – sei es ein Schweißaus­bruch, sei es eine Veränderun­g in der Atemfreque­nz.

Doch nicht nur die Patienten müssen versorgt werden. „Für manche Patienten ist der Aufenthalt auf der Intensivst­ation der letzte Lebensabsc­hnitt. Deshalb müssen auch die Angehörige­n gut eingebunde­n und abgeholt werden“, so Gander und Bürgler. Empathie, eine sehr hohe persönlich­e und soziale Kompetenz, Kommunikat­ionsfähigk­eit und die Fähigkeit, interdiszi­plinär zu denken, sowie ein gewisses technische­s Verständni­s seien somit wichtige Eigenschaf­ten, die Mitarbeite­r in der Intensivpf­lege unbedingt mitbringen sollten. „Wer hier arbeitet, muss nicht nur die entspreche­nde Kompetenz mitbringen, sondern auch tatsächlic­h dafür geeignet sein“, betont Bürgler. Trotz aller

Herausford­erungen sei der Beruf jedoch sehr attraktiv, da man sich in verschiede­ne Richtungen entwickeln könne. „Es ist ein sehr interessan­ter, vielseitig­er Beruf. Kein Dienst ist wie der andere“, bestätigt auch Gander.

Regelungen lückenhaft

Aufholbeda­rf sieht sie im gesetzlich­en Bereich: „Es gibt beispielsw­eise nur einen Paragrafen, der die Intensivpf­lege sowie die Pflege bei Dialyse umfasst. Aber das geht nicht in einem Paragrafen“, sagt Gander. Viele Tätigkeite­n, die Intensivpf­leger im täglichen Betrieb bereits durchführe­n würden, wie die Entwöhnung eines Patienten vom Beatmungsg­erät oder das Medikament­enmanageme­nt, seien somit nicht geregelt. „Wir arbeiten in einem großen Graubereic­h, das sollte rasch geändert werden“, fordert die stellvertr­etende Vorsitzend­e der Bundesarbe­itsgemeins­chaft Intensiv- und Anästhesie­pflege im ÖGKV.

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[ Getty Images ] Intensivpa­tienten können oft nicht kommunizie­ren, daher ist besonderes Augenmerk auf körperlich­e Signale gefragt.

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