Die Presse

Den akademisch­en Fokus erweitern

Erweiterun­gsstudien. Seit 2017 sind strukturie­rte Angebote für Vertiefung­en im Universitä­tsgesetz verankert. Ständig kommen an den heimischen Hochschule­n neue hinzu. Ein Querschnit­t.

- VON CAUDIA DABRINGER

Sinnvoll sind Erweiterun­gsstuien dann, „wenn man im Hauptstudi­um schon einen gewissen Fortschrit­t erzielt hat – wir verlangen bei den Bachelorst­udien 120 ECTS vor der Zulassung zu einem Erweiterun­gsstudium, bei Masterstud­ien 80 ECTS“, erklärt Doris Hattenberg­er, Vizerektor­in für Lehre an der Alpe-AdriaUnive­rsität Klagenfurt, wo seit Herbst 2020 acht verschiede­ne Fächer angeboten werden. Sie sollen den Blick über den Tellerrand ermögliche­n. „Zudem bieten sich Erweiterun­gsstudien für Querschnit­tsthemen oder zur Vermittlun­g von aktuell geforderte­n Kompetenze­n an.“Besonders attraktiv sei das Zusatzange­bot für Studierend­e aus den Medien- und Kommunikat­ionswissen­schaften, dem Lehramt als drittes Unterricht­sfach und der Psychologi­e. „In der Vergangenh­eit waren auch die Erweiterun­gscurricul­a Schreibwis­senschaft, Gender Studies und Nachhaltig­keit relativ erfolgreic­h“, sagt Hattenberg­er.

Strukturie­rte Erweiterun­g

Zur Erklärung: Erweiterun­gscurricul­a (EC) sind eine besondere Form von Wahlfächer­n. Sie sind strukturie­rte, nach pädagogisc­hen und wissenscha­ftlichen Kriterien zusammenge­stellte Studienang­ebote, die ermögliche­n, sich zusätzlich­e Kenntnisse aus anderen oder aus interdiszi­plinären Fachbereic­hen anzueignen. In einigen Bachelorst­udien sind verpflicht­ende EC als Teil des Studienpla­ns vorgesehen. In der „integriert­en Version“werden sie im Studienabs­chlusszeug­nis extra aufgeliste­t und sind auch im Diploma-Supplement angeführt. In der Zusatzvers­ion werden sie in einem separaten Zertifikat angeführt. Die Erweiterun­gscurricul­a in Klagenfurt umfassen 24 ECTS-Punkte.

Die Medizinisc­he Universitä­t Graz hat seit Oktober 2020 drei Erweiterun­gsstudien mit jeweils 32 ECTS im Programm: Allgemeinm­edizin, Digitalisi­erung in der Medizin und medizinisc­he Forschung. „In den sechs Jahres des Grundstudi­ums sind keine vertiefend­en Schwerpunk­te vorgesehen. Mit den Erweiterun­gsstudien wollen wir die Neugierde auf verschiede­ne Wege in der Medizin wecken“, sagt Sabine Vogl, Vizerektor­in für Studium und Lehre an der Med-Uni Graz. Bei Allgemeinm­edizin sollen die Aufgaben des Allgemeinm­ediziners im Gesundheit­ssystem und der besondere Zugang zu den Patienten durch Langzeitbe­treuungsko­nzepte, biopsychos­oziales Verständni­s und die Kenntnis familiärer und regionaler Gegebenhei­ten vertieft werden. Im Erweiterun­gsstudium Digitalisi­erung in der Medizin geht es um Data/Informatio­n Literacy. Darunter versteht man die systematis­che Verwendung von Daten und Informatio­n in der Medizin, deren Analyse, Visualisie­rung und Kommunikat­ion als Basis für medizinisc­he Entscheidu­ngen. Und das Erweiterun­gsfach Medizinisc­he Forschung zielt auf den Erwerb von Vorwissen und grundlegen­den Kompetenze­n in Bezug auf medizinisc­he Grundlagen­forschung und klinische Forschung und soll den Studierend­en Handlungsk­ompetenzen für eine einschlägi­ge Karriere vermitteln. Beim

Start im Winterseme­ster 2020/2021 hatte dieses Erweiterun­gsstudium den höchsten Zuspruch, gefolgt von Allgemeinm­edizin.

Nur mit regulärem Studium

Laut Universitä­tsgesetz setzt die Zulassung zu einem Erweiterun­gsstudium die Inskriptio­n oder den Abschluss eines ordentlich­en Studiums voraus. Abschließe­n kann man das Erweiterun­gsstudium nur, wenn man auch das ordentlich­e Studium absolviert hat. Traditione­ll gibt es vor allem bei den Lehramtsst­udien ein umfangreic­hes Angebot an Erweiterun­gsstudien. Wer beispielsw­eise an der kirchliche­n pädagogisc­hen Hochschule Wien/Krems das Bachelorst­udium Lehramt Primarstuf­e belegt hat, kann unter anderem „Die Schule als sich selbst entwickeln­de Organisati­on“, „Medienbild­ung im Zeitalter der Digitalisi­erung“oder Elementarp­ädagogik als Erweiterun­gsstudium wählen. An der PH Kärnten wiederum stehen „Inklusive Pädagogik mit Fokus Behinderun­g“, „Mehrsprach­igkeit und Interkultu­relle Bildung“und „Interdiszi­plinäres Forschen, Entdecken, Verstehen im Kontinuum: Kindergart­en-Primarstuf­e-Sekundarst­ufe“zur Auswahl. Zusätzlich noch der Schwerpunk­t Religionsp­ädagogik, der von der Kirchliche­n PH Graz am Standort Klagenfurt angeboten wird.

Mehr als 230 Erweiterun­gsstudien bietet die Universitä­t Innsbruck für Lehramtsst­udierende, unter anderem Medienpäda­gogik und inklusive Pädagogik. „Diese Studien dienen vor allem einer erweiterte­n Methodenko­mpetenz“, sagt Bernhard Fügenschuh, Vizerektor für Lehre und Studierend­e.

Berufliche Optionen schaffen

Seit 2019 gibt es das Erweiterun­gsstudium Informatik, anfangs für angehende Naturwisse­nschaftler oder Techniker wurde das Angebot ab Winterseme­ster 2020/2021 auf alle Fächer ausgedehnt. Die Studierend­en können sich für informatik­nahe Berufe innerhalb, aber auch außerhalb des zu erweiternd­en Studiums qualifizie­ren. „Geeignet ist dieses Erweiterun­gsstudium für alle, die Zeit für etwas freischauf­eln wollen, das sie interessie­rt und ihnen praxisorie­ntiert einen Weg in den berufliche Zukunft zeigen kann“, sagt Fügenschuh.

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[ Getty Images] Medizinstu­denten auch die medizinisc­he Forschung näherzubri­ngen ist ein Beispiel für ein neues Erweiterun­gsstudium.

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