Die Presse

Parlaments­debatte: Alle außer der ÖVP kritisiere­n Blümel

Nationalra­t. Alle außer der ÖVP kritisiert­en den Minister. Beim Misstrauen­santrag hielt die Koalition aber zusammen.

- VON PHILIPP AICHINGER

Wien. Mit „allerehren­werte österreich­ische Volksparte­i“sprach Herbert Kickl den einstigen Koalitions­partner an. Mit „Lieber Herbert“, wandte sich ÖVP-Finanzmini­ster Gernot Blümel an den freiheitli­chen Klubobmann. Das war es dann aber auch schon an „Nettigkeit­en“in einer Parlaments­debatte, in der sich am Dienstag die Opposition und die ÖVP-Vertreter nichts schenkten. Und die Grünen versuchten, irgendwo dazwischen durchzugle­iten.

Die FPÖ hatte eine dringliche Anfrage mit dem Titel „Blümel hat sich verzockt – das Spiel der ÖVP ist aus!“eingebrach­t. Und Kickl zeichnete das Bild einer ÖVP, die besessen von der Macht sei. Er erinnerte an die Pläne, die Sebastian Kurz und seine Vertrauten wie Gernot Blümel einst geschmiede­t hätten, um erst innerhalb der Partei und dann innerhalb des Staates an die Macht zu kommen. So habe die ÖVP nach dem Motto „wir brauchen neue Gesichter, mit dem Wöginger gewinnen wir keinen Blumentopf“zum einen Quereinste­iger gesucht. Und zum anderen habe man die türkise Parole „wir brauchen Geld“ausgegeben. Nun aber werde die ÖVP von diesem „Fluch des Bösen“eingeholt. Das würden die Ermittlung­en gegen Blümel – von Kickl als Kurz’ „politische­r Lebensmens­ch“tituliert – zeigen. „Machen Sie reinen Tisch, Game over, Herr Blümel, rien ne va plus“, sagte Kickl in der Sprache des Glücksspie­ls zu Blümel.

Blümel: Steht Kickl hinter der Anzeige?

Dieser wies Vorwürfe zurück, die ÖVP hätte von der Novomatic Geld genommen oder von anderen Stellen etwas unrechtmäß­ig erhalten. Und Blümel ging zum Gegenangri­ff auf den „lieben Herbert“über. „Das Bemerkensw­erte an deiner Rede war, dass du sehr genau aus einer anonymen Anzeige zitiert hast“, sprach Blümel. „So genau, wie das war, könnte man vielleicht annehmen, dass du sie selbst gestellt hast“, sagte der Minister zu Kickl. An all den Behauptung­en stimme nur eines, meinte Blümel: Dass man als Politiker mit Unternehme­n Kontakt habe.

89 Fragen der FPÖ musste Blümel beantworte­n. Ob das Finanzmini­sterium in den Jahren 2017 und 2018 Handlungen im Zusammenha­ng mit der „Novomatic Italia“gesetzt habe, sei ihm „derzeit nicht bekannt“, erklärte Blümel etwa. Die Ermittlung­en der Wirtschaft­s- und Korruption­sstaatsanw­altschaft (WKStA) drehen sich ja darum, dass ÖVP-Politiker im Gegenzug für eine Spende der Novomatic bei Steuerprob­lemen in Italien geholfen haben könnten. Und der Wiener ÖVP-Chef Blümel als Verbindung­smann fungiert haben soll. Eine der 89 Fragen war direkt an Blümel gerichtet und lautete: „Wann treten Sie zurück?“Ein Rücktritt stehe nicht zur Debatte, antwortete dieser.

„Was glauben Sie, ist das?“

Das brachte SPÖ-Vizeklubch­ef Jörg Leichtfrie­d auf die Palme. „Ja, was glauben Sie, was ist das hier für eine Debatte?“, sagte er zu Blümel. Man sei hier zusammenge­kommen, um über einen Rücktritt von Blümel zu debattiere­n. Wie auch die Neos unterstütz­te die SPÖ den blauen Misstrauen­santrag gegen Blümel. Leichtfrie­d betonte, dass eine Demokratie sich dadurch auszeichne, dass alle Bürger dasselbe Recht hätten und man nur durch Wahlen etwas ändern könne. Wenn nun der Eindruck entstehe, dass manche Leute sich unabhängig von Wahlen Vorrechte erkaufen könnten, „dann ist das Gift für die Demokratie“, meinte Leichtfrie­d.

„Treten Sie zurück, Herr Blümel“, appelliert­e Neos-Obfrau Beate Meinl-Reisinger. Die Verantwort­ung eines Politikers greife bereits vor dem Strafrecht. Und man müsse sich auch fragen, ob die „angeschlag­ene Wirtschaft­sministeri­n“, der „angeschlag­ene Innenminis­ter“und der „bisweilen handlungsu­nfähige Gesundheit­sminister“noch im Amt bleiben sollten.

Von den türkisen Mandataren wurde Blümel verteidigt. Abgeordnet­er Andreas Hanger ging sogar so weit, einen „Vertrauens­antrag“für Blümel stellen zu wollen. Auch wenn er wisse, dass das laut der Geschäftso­rdnung gar nicht möglich sei.

Zwischen den Stühlen standen die Grünen. „Gernot Blümel ist als Beschuldig­ter geführt, aber das ist kein Urteil“, meinte Klubobfrau Sigrid Maurer. Die Faktenlage reiche nicht aus, um dem Misstrauen­santrag zuzustimme­n. Man erwarte aber, dass sich Blümel tatkräftig an der Aufklärung der Vorwürfe beteilige. „Ich tue mir echt schwer, gegen den Misstrauen­santrag zu stimmen“, meinte der grüne Abgeordnet­e David Stögmüller. Und die ÖVP solle auch aufhören, die WKStA anzugreife­n. Aber er, Stögmüller, stehe trotzdem weiter zur Koalition, damit andere Vorhaben wie das Transparen­zpaket auf den Weg gebracht werden könnten.

Und so gab es keine Mehrheit für den Misstrauen­santrag – und auch kein „Game over“für Finanzmini­ster Gernot Blümel.

Ich tue mir echt schwer, gegen den Misstrauen­santrag zu stimmen.

Grün-Abgeordnet­er David Stögmüller

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[ APA/Schlager ] Schenkten sich gegenseiti­g nichts: FPÖ-Klubchef Herbert Kickl (l.) und ÖVP-Minister Gernot Blümel.

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