Parlamentsdebatte: Alle außer der ÖVP kritisieren Blümel
Nationalrat. Alle außer der ÖVP kritisierten den Minister. Beim Misstrauensantrag hielt die Koalition aber zusammen.
Wien. Mit „allerehrenwerte österreichische Volkspartei“sprach Herbert Kickl den einstigen Koalitionspartner an. Mit „Lieber Herbert“, wandte sich ÖVP-Finanzminister Gernot Blümel an den freiheitlichen Klubobmann. Das war es dann aber auch schon an „Nettigkeiten“in einer Parlamentsdebatte, in der sich am Dienstag die Opposition und die ÖVP-Vertreter nichts schenkten. Und die Grünen versuchten, irgendwo dazwischen durchzugleiten.
Die FPÖ hatte eine dringliche Anfrage mit dem Titel „Blümel hat sich verzockt – das Spiel der ÖVP ist aus!“eingebracht. Und Kickl zeichnete das Bild einer ÖVP, die besessen von der Macht sei. Er erinnerte an die Pläne, die Sebastian Kurz und seine Vertrauten wie Gernot Blümel einst geschmiedet hätten, um erst innerhalb der Partei und dann innerhalb des Staates an die Macht zu kommen. So habe die ÖVP nach dem Motto „wir brauchen neue Gesichter, mit dem Wöginger gewinnen wir keinen Blumentopf“zum einen Quereinsteiger gesucht. Und zum anderen habe man die türkise Parole „wir brauchen Geld“ausgegeben. Nun aber werde die ÖVP von diesem „Fluch des Bösen“eingeholt. Das würden die Ermittlungen gegen Blümel – von Kickl als Kurz’ „politischer Lebensmensch“tituliert – zeigen. „Machen Sie reinen Tisch, Game over, Herr Blümel, rien ne va plus“, sagte Kickl in der Sprache des Glücksspiels zu Blümel.
Blümel: Steht Kickl hinter der Anzeige?
Dieser wies Vorwürfe zurück, die ÖVP hätte von der Novomatic Geld genommen oder von anderen Stellen etwas unrechtmäßig erhalten. Und Blümel ging zum Gegenangriff auf den „lieben Herbert“über. „Das Bemerkenswerte an deiner Rede war, dass du sehr genau aus einer anonymen Anzeige zitiert hast“, sprach Blümel. „So genau, wie das war, könnte man vielleicht annehmen, dass du sie selbst gestellt hast“, sagte der Minister zu Kickl. An all den Behauptungen stimme nur eines, meinte Blümel: Dass man als Politiker mit Unternehmen Kontakt habe.
89 Fragen der FPÖ musste Blümel beantworten. Ob das Finanzministerium in den Jahren 2017 und 2018 Handlungen im Zusammenhang mit der „Novomatic Italia“gesetzt habe, sei ihm „derzeit nicht bekannt“, erklärte Blümel etwa. Die Ermittlungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) drehen sich ja darum, dass ÖVP-Politiker im Gegenzug für eine Spende der Novomatic bei Steuerproblemen in Italien geholfen haben könnten. Und der Wiener ÖVP-Chef Blümel als Verbindungsmann fungiert haben soll. Eine der 89 Fragen war direkt an Blümel gerichtet und lautete: „Wann treten Sie zurück?“Ein Rücktritt stehe nicht zur Debatte, antwortete dieser.
„Was glauben Sie, ist das?“
Das brachte SPÖ-Vizeklubchef Jörg Leichtfried auf die Palme. „Ja, was glauben Sie, was ist das hier für eine Debatte?“, sagte er zu Blümel. Man sei hier zusammengekommen, um über einen Rücktritt von Blümel zu debattieren. Wie auch die Neos unterstützte die SPÖ den blauen Misstrauensantrag gegen Blümel. Leichtfried betonte, dass eine Demokratie sich dadurch auszeichne, dass alle Bürger dasselbe Recht hätten und man nur durch Wahlen etwas ändern könne. Wenn nun der Eindruck entstehe, dass manche Leute sich unabhängig von Wahlen Vorrechte erkaufen könnten, „dann ist das Gift für die Demokratie“, meinte Leichtfried.
„Treten Sie zurück, Herr Blümel“, appellierte Neos-Obfrau Beate Meinl-Reisinger. Die Verantwortung eines Politikers greife bereits vor dem Strafrecht. Und man müsse sich auch fragen, ob die „angeschlagene Wirtschaftsministerin“, der „angeschlagene Innenminister“und der „bisweilen handlungsunfähige Gesundheitsminister“noch im Amt bleiben sollten.
Von den türkisen Mandataren wurde Blümel verteidigt. Abgeordneter Andreas Hanger ging sogar so weit, einen „Vertrauensantrag“für Blümel stellen zu wollen. Auch wenn er wisse, dass das laut der Geschäftsordnung gar nicht möglich sei.
Zwischen den Stühlen standen die Grünen. „Gernot Blümel ist als Beschuldigter geführt, aber das ist kein Urteil“, meinte Klubobfrau Sigrid Maurer. Die Faktenlage reiche nicht aus, um dem Misstrauensantrag zuzustimmen. Man erwarte aber, dass sich Blümel tatkräftig an der Aufklärung der Vorwürfe beteilige. „Ich tue mir echt schwer, gegen den Misstrauensantrag zu stimmen“, meinte der grüne Abgeordnete David Stögmüller. Und die ÖVP solle auch aufhören, die WKStA anzugreifen. Aber er, Stögmüller, stehe trotzdem weiter zur Koalition, damit andere Vorhaben wie das Transparenzpaket auf den Weg gebracht werden könnten.
Und so gab es keine Mehrheit für den Misstrauensantrag – und auch kein „Game over“für Finanzminister Gernot Blümel.
Ich tue mir echt schwer, gegen den Misstrauensantrag zu stimmen.
Grün-Abgeordneter David Stögmüller