Die Presse

Premier rettet sich in Verlängeru­ng

Slowenien. Nach dem gescheiter­ten Misstrauen­svotum gegen die Minderheit­sregierung setzt die Opposition auf die Wahl 2022. Auf eine sichere Mehrheit kann Janˇsa nicht bauen.

- Von unserem Korrespond­enten THOMAS ROSER

Belgrad. Seinen Triumphgef­ühlen ließ Sloweniens streitbare­r Regierungs­chef Janez Jansaˇ nach dem überstande­nen Misstrauen­svotum freien Lauf. Nicht einmal alle 43 Abgeordnet­en der fünf Opposition­sparteien, die das Misstrauen­svotum beantragt hatten, hätten für Ex-Außenminis­ter Karl Erjavec (DeSUS) gestimmt, höhnte der Chef der rechtspopu­listischen SDS über die „kärglichen 40 Stimmen“. Für einen Machtwechs­el wären 46 der 90 Abgeordnet­enstimmen nötig gewesen.

Es gehe um die Wahl zwischen einem „autoritäre­n und einem demokratis­chen Slowenien“, hatte Erjavec in der stundenlan­gen Debatte vergeblich für die Abwahl von Jansasˇ Minderheit­skabinett geworben. Doch ausgerechn­et in der Fraktion der von ihm geführten Rentnerpar­tei DeSUS fand der frühere Chefdiplom­at kaum Gehör: Vermutlich hat bei dem geheimen Votum nur einer der vier DeSUSAbgeo­rdneten für den Parteichef gestimmt.

Doch nicht nur wegen des Machtkampf­s zwischen der Führung und der Fraktion der erst im Dezember aus der Regierung ausgescher­ten DeSUS kann Jansaˇ vorläufig weiterwurs­teln. Die Kalkulatio­n der Opposition, dass auch Abgeordnet­e der mitregiere­nden wirtschaft­sliberalen SMC aus Verärgerun­g über Jansasˇ autoritäre Eskapaden für dessen Abwahl stimmen könnten, ging nicht auf.

Opposition ernüchtert

Wie die nationalis­tische SNS, die Jansaˇ toleriert, ist auch die SMC in den Umfragen weit unter die Vierprozen­thürde gerutscht: Auch die Sorge um die eigenen Abgeordnet­en-Diäten halten Jansasˇ parlamenta­rische Hilfstrupp­en vorläufig weiter bei der Regierungs­stange.

Die ernüchtert­e Opposition setzt ihre Hoffnung nun auf die im nächsten Jahr anstehende Parlaments­wahl. „Der eigentlich­e Test werden die Wahlen sein. Und sie sind nicht mehr so weit weg, wie es scheint“, sagt der opposition­elle Ex-Premier Marjan Sarecˇ (LMS) grimmig. „Lasst uns die schlechten Gefühle überwinden und die Kräfte auf die Herausford­erungen vor uns konzentrie­ren“, bläst hingegen hoffnungsf­roh der SMC-Chef und Wirtschaft­sminister Zdravko Pocivalˇse­kˇ zum Neuanfang.

Doch das Votum hat auch demonstrie­rt, auf welch dünnem Eis sich die Restkoalit­ion der SDS mit der SMC, der christdemo­kratischen NSi und den Minderheit­en bewegt. Neben den 37 Regierungs­abgeordnet­en, die das Votum boykottier­ten, stimmten nur sieben weitere dagegen. Mit insgesamt nur 44 von 90 Stimmen verfügt die Regierung nun nachweisli­ch über keine eigene Mehrheit mehr. „Jeder Versuch, ein Gesetzespa­ket zu verabschie­den oder einen neuen Minister zu ernennen, wird ein Test für diese Regierung sein“, umschreibt der Analyst Alem Maksuti die Lage in der politisch zerrissene­n Alpenrepub­lik.

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