Enttauschung uber Eu-Impfstrategie
Umfrage. Die österreichische Bevölkerung ist von der gemeinsamen europäischen Impfstoffbeschaffung nicht überzeugt und wünscht sich mehrheitlich Einkäufe durch den eigenen Staat.
Wien. Zu früh gefreut: Als im Dezember in der EU die erste Impfstoff-Genehmigung anstand, fühlte sich Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bestätigt. „Das ist Europas Moment“, erklärte sie in einem pathetischen Statement. Gleichzeitig verkündete sie den sofortigen Start der Impfungen. Heute, neun Wochen und einige Lieferengpässe später, macht sich in der Bevölkerung Enttäuschung breit. Sowohl die Zustimmung zur EU als auch zur gemeinsamen Impfstoffbeschaffung sinken.
Lediglich 37 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher halten laut einer aktuellen Umfrage der Gesellschaft für Europapolitik (ÖGfE) die „gemeinsame Beschaffung“für den „richtigen Weg“. 42 Prozent sind hingegen der Ansicht, „es wäre besser gewesen, wenn sich jedes Land der EU selbst um die Beschaffung gekümmert hätte“(Rest: weiß nicht/keine Angabe).
„Diese kritische Sichtweise überrascht nicht“, analysiert ÖGfE-Generalsekretär Paul Schmidt das Umfrageergebnis. Die EU-Führung habe Ende Dezember den Eindruck vermittelt, dass „alle Menschen in der EU sofort geimpft werden könnten, während man noch im Herbst von einer späteren Impfphase ab Sommer 2021 ausgegangen war“. Eine umsichtigere Kommunikation hätte ehrlicher gewirkt. „Weniger wäre in diesem Fall mehr gewesen“, so Schmidt.
Dennoch werde sich der gemeinsame Ansatz der Impfstoffbeschaffung letztlich als richtigg erweisen, ist der ÖGfE-Generalsekretär überzeugt. „In einem Wettlauf der Mitgliedsländer um die so ersehnten Impfdosen hätten sich wohl die Großen gegenüber den Kleinen – also auch gegenüber Österreich – durchgesetzt.“
Krisenhilfe nicht spürbar
So wie die kürzlich veröffentlichten Eurobarometer-Umfrage zeigt auch die ÖGfE-Umfrage, die vom
Market-Institut vom 8. bis 10. Februar durchgeführt wurde, dass die Probleme im Krisenmanagement dem Ansehen der EU geschadet haben. Die Zahl jener, die sich für einen Austritt ihres Landes aussprechen, ist nach Jahren einer breiten Zufriedenheit erstmals wieder leicht gestiegen. Im September 2020 waren noch 14 Prozent der befragten Österreicherinnen und Österreicher für einen Abschied aus der EU, nun sind es bereits wieder 18 Prozent.
Wenig überzeugend war die EU-Führung bisher auch bei der Abfederung der wirtschaftlichen Folgen der Coronapandemie. 53 Prozent der Befragten waren damit „eher nicht“oder „gar nicht“zufrieden. Ähnlich wie bei den Impfungen ist offenbar auch hierzu von Brüssel zu früh und zu laut kommuniziert worden. Denn die Mitgliedstaaten hatten sich zwar im vergangenen Sommer auf das bisher größte Hilfsprogramm der EU in der Höhe von 750 Milliarden Euro verständigt. Nach Blockaden und Verzögerungen kann es aber erst ab diesem Frühjahr ausgerollt werden. Schmidt versteht deshalb die Skepsis in der Bevölkerung: „Mit der zeitlichen Diskrepanz zwischen Entscheidung und Abrufbarkeit der Hilfen bleibt deren Wirkung bis auf Weiteres nur abstrakt und wenig nachvollziehbar.“
Zustimmung zum Impfpass
Überraschend klar ist hingegen die Zustimmung der österreichischen Bevölkerung zum geplanten EUImpfpass, der das Reisen künftig erleichtern soll. 50 Prozent halten ihn „für eine gute Idee“, während ihn 33 Prozent ablehnen (Rest: weiß nicht/keine Angabe). Der Impfpass dürfte freilich zuerst in Form eines einheitlichen Impfzertifikats eingeführt werden. Erst später soll es einen elektronischen Impfpass oder eine Impf-App geben. Sie könnten neben den Teilimpfungen auch alle absolvierten Covidtests und den aktuellen Antikörper-Status jedes Bürgers enthalten.