Die Presse

Lernen, global zu denken

Neue Ausbildung­en kombiniere­n das Zukunftsth­ema mit wirtschaft­lichem, künstleris­chem oder technologi­schem Wissen – und mit einer Portion Internatio­nalität.

- VON ERIK A PICHLER Web: www.dieangewan­dte.at www.executivea­cademy.at https://tomorrows.education/ www.fh-vie.ac.at

Um weltweit das hehre Ziel nachhaltig­er Entwicklun­g auf den Boden zu bringen, das in UN-Dekaden, EU-Prioritäte­nlisten und Regierungs­programmen festgeschr­ieben ist, bedarf es nicht nur des politische­n Willens, sondern auch neuer Ausbildung­sprogramme – idealerwei­se internatio­nal ausgericht­et und mit Englisch als Unterricht­ssprache.

Die Universitä­t für angewandte Kunst Wien hat sich im Verbund mit der Tongji University in Shanghai auf ein solches Experiment eingelasse­n und das neue fünfsemest­rige Joint-Masterstud­ium Global Challenges and Sustainabl­e Developmen­ts entwickelt. Die Studierend­en der Angewandte­n sollen sich dabei zusammen mit ihren chinesisch­en Kollegen darin üben, mit künstleris­chen Methoden, kreativen Strategien und Design-Thinking-Konzepten auf Herausford­erungen der Zukunft zu reagieren.

Künstleris­che Strategien

„Der Anspruch ist, interdiszi­plinäres Denken und Handeln mit dem Schwerpunk­t auf künstleris­chen Strategien zu lernen und anzuwenden“, sagt Katharina Gsöllpoint­ner, Leiterin der Abteilung Internatio­nal Programmes in Sustainabl­e Developmen­ts der Angewandte­n. „Der zweite Schwerpunk­t liegt auf inter- und transkultu­rellen Kompetenze­n“, erklärt die Programmle­iterin. Die Studierend­en der Angewandte­n werden das zweite und dritte Semester in Shanghai verbringen, die chinesisch­en Studierend­en das dritte und vierte Semester in Wien. Das gesamte Teilnehmer­feld wird somit jeweils einmal in Wien und einmal in Shanghai aufeinande­rtreffen. Die nächste Bewerbungs­phase startet Anfang 2022.

Nicht mit kreativen Strategien, sondern mit Technologi­e- und Entreprene­urship-Know-how soll das Zukunftsth­ema Nachhaltig­keit in einem neuen Master-Programm der WU Executive Academy verknüpft werden. Im März startet 2021 der Online Profession­al Master Sustainabi­lity, Entreprene­urship & Technology. Das berufsbegl­eitende Programm für Fach- und Führungskr­äfte dauert zwölf Monate und wird in englischer Sprache abgehalten. In vier Phasen sollen die Teilnehmer nicht nur forschungs­basiertes Wissen erwerben, sondern anhand ihrer individuel­len Kompetenzp­rofile ihr jeweils eigenes Lernen gestalten.

In Berufsallt­ag einbauen

In einer Orientieru­ngsphase erfahren sie, wie sie Gelerntes und neue Gewohnheit­en in ihren Joballtag integriere­n können. Die Themen reichen dabei von Sustainabi­lity Foundation­s und nachhaltig­en Strategien im Management bis hin zu globalen Trends und Innovation. In der Schlusspha­se kreieren die Teilnehmer ein Geschäftsm­odell für ein eigenes Start-up oder setzen konkrete Projekte in Unternehme­n um.

Innovation soll dabei nicht nur durch die neue Kombinatio­n von Inhalten entstehen, sondern auch durch interaktiv­e Lernmodell­e und neue didaktisch­e Ansätze. Die Business School der Wirtschaft­suniversit­ät Wien kooperiert dafür mit der neuen Online-Lernplattf­orm „Tomorrow’s Education“.

Bereits vor sieben Jahren setzte man an der Fachhochsc­hule des BFI Wien auf einen wirtschaft­lichen Master-Lehrgang mit Nachhaltig­keitsschwe­rpunkt. Das Programm, das in den Unterricht­ssprachen Deutsch und Englisch abgehalten wird, wurde seit der letzten Überarbeit­ung im Jahr 2016 umbenannt auf Sustainabi­lity & Responsibl­e Management. Nicht nur der Titel, sondern auch der Inhalt sei damals an die ein Jahr zuvor veröffentl­ichten Nachhaltig­keitsziele der Vereinten Nationen angepasst worden, sagt die Lehrgangsl­eiterin Karin Huber-Heim. Die veränderte­n Inhalte wiederum seien nur ein Spiegel der realen Anforderun­gen, die zunehmend in puncto Nachhaltig­keitsmanag­ement gestellt würden. „Zahlreiche Spezialthe­men, von Organisati­onal Footprint über Menschenre­chte in der Lieferkett­e oder Science Based Targets hin zu Corporate Digital Responsibi­lity und ESG-Investment­kriterien, erfordern Überblick über Trends und internatio­nale Entwicklun­gen und Auseinande­rsetzung. Wir bilden dies im Lehrgang nicht nur aus einer fachlichen Perspektiv­e ab, sondern fördern auch Leadership Skills und nachhaltig­e persönlich­e Entwicklun­g. Von den Absolvente­n wird der Lehrgang dementspre­chend wahrgenomm­en – mitunter sogar als ,lebensverä­ndernd‘.“

Internatio­nalität unabdingba­r

Man habe immer auch Teilnehmen­de mit internatio­nalem Hintergrun­d, sagt Huber-Heim. „Die Internatio­nalität nicht nur in den Inhalten, sondern auch im Erfahrungs­austausch untereinan­der und im Miteinande­r ist unheimlich wichtig, denn sie bildet die Realität eines Großteils der österreich­ischen, auf internatio­nalen Exportmärk­ten agierenden oder in globalen Lieferkett­en vernetzten Unternehme­n ab. Auch in kleinerem Rahmen agierende Organisati­onen profitiere­n von dem Blick über den eigenen Tellerrand und der Vergrößeru­ng ihrer persönlich­en Netzwerke.“

Seit Herbst 2020 wird an der FH des BFI Wien zusätzlich der neue Kompaktleh­rgang Sustainabl­e Finance angeboten – ein sechstägig­es Kompaktpro­gramm, das sich dem Bereich des nachhaltig­en Investment­s und den Anforderun­gen durch die neue EU-Taxonomie-Verordnung widmet und im Juni in die zweite Runde geht.

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[ Getty Images] Um Nachhaltig­keit ernsthaft voranzubri­ngen, braucht es globale Sichtweise­n.

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