Lernen, global zu denken
Neue Ausbildungen kombinieren das Zukunftsthema mit wirtschaftlichem, künstlerischem oder technologischem Wissen – und mit einer Portion Internationalität.
Um weltweit das hehre Ziel nachhaltiger Entwicklung auf den Boden zu bringen, das in UN-Dekaden, EU-Prioritätenlisten und Regierungsprogrammen festgeschrieben ist, bedarf es nicht nur des politischen Willens, sondern auch neuer Ausbildungsprogramme – idealerweise international ausgerichtet und mit Englisch als Unterrichtssprache.
Die Universität für angewandte Kunst Wien hat sich im Verbund mit der Tongji University in Shanghai auf ein solches Experiment eingelassen und das neue fünfsemestrige Joint-Masterstudium Global Challenges and Sustainable Developments entwickelt. Die Studierenden der Angewandten sollen sich dabei zusammen mit ihren chinesischen Kollegen darin üben, mit künstlerischen Methoden, kreativen Strategien und Design-Thinking-Konzepten auf Herausforderungen der Zukunft zu reagieren.
Künstlerische Strategien
„Der Anspruch ist, interdisziplinäres Denken und Handeln mit dem Schwerpunkt auf künstlerischen Strategien zu lernen und anzuwenden“, sagt Katharina Gsöllpointner, Leiterin der Abteilung International Programmes in Sustainable Developments der Angewandten. „Der zweite Schwerpunkt liegt auf inter- und transkulturellen Kompetenzen“, erklärt die Programmleiterin. Die Studierenden der Angewandten werden das zweite und dritte Semester in Shanghai verbringen, die chinesischen Studierenden das dritte und vierte Semester in Wien. Das gesamte Teilnehmerfeld wird somit jeweils einmal in Wien und einmal in Shanghai aufeinandertreffen. Die nächste Bewerbungsphase startet Anfang 2022.
Nicht mit kreativen Strategien, sondern mit Technologie- und Entrepreneurship-Know-how soll das Zukunftsthema Nachhaltigkeit in einem neuen Master-Programm der WU Executive Academy verknüpft werden. Im März startet 2021 der Online Professional Master Sustainability, Entrepreneurship & Technology. Das berufsbegleitende Programm für Fach- und Führungskräfte dauert zwölf Monate und wird in englischer Sprache abgehalten. In vier Phasen sollen die Teilnehmer nicht nur forschungsbasiertes Wissen erwerben, sondern anhand ihrer individuellen Kompetenzprofile ihr jeweils eigenes Lernen gestalten.
In Berufsalltag einbauen
In einer Orientierungsphase erfahren sie, wie sie Gelerntes und neue Gewohnheiten in ihren Joballtag integrieren können. Die Themen reichen dabei von Sustainability Foundations und nachhaltigen Strategien im Management bis hin zu globalen Trends und Innovation. In der Schlussphase kreieren die Teilnehmer ein Geschäftsmodell für ein eigenes Start-up oder setzen konkrete Projekte in Unternehmen um.
Innovation soll dabei nicht nur durch die neue Kombination von Inhalten entstehen, sondern auch durch interaktive Lernmodelle und neue didaktische Ansätze. Die Business School der Wirtschaftsuniversität Wien kooperiert dafür mit der neuen Online-Lernplattform „Tomorrow’s Education“.
Bereits vor sieben Jahren setzte man an der Fachhochschule des BFI Wien auf einen wirtschaftlichen Master-Lehrgang mit Nachhaltigkeitsschwerpunkt. Das Programm, das in den Unterrichtssprachen Deutsch und Englisch abgehalten wird, wurde seit der letzten Überarbeitung im Jahr 2016 umbenannt auf Sustainability & Responsible Management. Nicht nur der Titel, sondern auch der Inhalt sei damals an die ein Jahr zuvor veröffentlichten Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen angepasst worden, sagt die Lehrgangsleiterin Karin Huber-Heim. Die veränderten Inhalte wiederum seien nur ein Spiegel der realen Anforderungen, die zunehmend in puncto Nachhaltigkeitsmanagement gestellt würden. „Zahlreiche Spezialthemen, von Organisational Footprint über Menschenrechte in der Lieferkette oder Science Based Targets hin zu Corporate Digital Responsibility und ESG-Investmentkriterien, erfordern Überblick über Trends und internationale Entwicklungen und Auseinandersetzung. Wir bilden dies im Lehrgang nicht nur aus einer fachlichen Perspektive ab, sondern fördern auch Leadership Skills und nachhaltige persönliche Entwicklung. Von den Absolventen wird der Lehrgang dementsprechend wahrgenommen – mitunter sogar als ,lebensverändernd‘.“
Internationalität unabdingbar
Man habe immer auch Teilnehmende mit internationalem Hintergrund, sagt Huber-Heim. „Die Internationalität nicht nur in den Inhalten, sondern auch im Erfahrungsaustausch untereinander und im Miteinander ist unheimlich wichtig, denn sie bildet die Realität eines Großteils der österreichischen, auf internationalen Exportmärkten agierenden oder in globalen Lieferketten vernetzten Unternehmen ab. Auch in kleinerem Rahmen agierende Organisationen profitieren von dem Blick über den eigenen Tellerrand und der Vergrößerung ihrer persönlichen Netzwerke.“
Seit Herbst 2020 wird an der FH des BFI Wien zusätzlich der neue Kompaktlehrgang Sustainable Finance angeboten – ein sechstägiges Kompaktprogramm, das sich dem Bereich des nachhaltigen Investments und den Anforderungen durch die neue EU-Taxonomie-Verordnung widmet und im Juni in die zweite Runde geht.