Wie ein neuer Master entsteht
Rund zwei Jahre brauchen Entwicklung und Prüfung eines Studiums. Wer die Ideen hat, wer sie genehmigt und wie das abläuft – zwei Beispiele aus Uni und FH.
Jedes Jahr werden neue Master (und Bachelor) angeboten – doch wo kommen sie eigentlich her? Wer entwickelt sie nach welchen Kriterien? Wer gibt ihnen die Zulassung? „Das hängt davon ab, ob es ein Studium an einer Universität oder ein Studiengang an einer Fachhochschule ist – oder ein Lehrgang zur Weiterbildung mit Masterabschluss“, erklärt Jürgen Petersen, Geschäftsführer der AQ Austria. Die Agentur für Qualitätssicherung ist für die Zulassung und und Akkreditierung von Bildungsangeboten und -einrichtungen zuständig. Allerdings nicht von allen: Was an staatlichen Unis passiert, fällt nicht in ihren Bereich.
Universitäre Vereinbarungen
So etwa die Angewandte, an der ab Herbst 2020 die neuen regulären Master Sprachkunst sowie Kunst- und Kulturmanagement laufen. „Entstanden ist die Idee bei den regelmäßigen Jour fixe mit der Studierendenvertretung als Erweiterung des Angebots für literarisches Schreiben“, erzählt die Leiterin Gerhild Steinbuch. In vier Semestern stehen drei Bausteine – Masterprojekt, Kooperationen samt Praktika sowie Theorie – im Fokus, die zusammen fit machen sollen für die vielen Berufsmöglichkeiten für Autoren.
Ein Dutzend Studenten belegt das Programm – ebenso wie den neuen Master Kunst- und Kulturmanagement. „Im Endausbau sollen es 40 sein“, sagt Leiter Ernst Strouhal. Hier haben sich für das neue Studium unterschiedliche Abteilungen innerhalb des Instituts gefunden und es gemeinsam erarbeitet. Herausgekommen sind: vier Semester mit je einem projektbegleitenden Seminar plus Kolloquium, was eine hierarchielose Kommunikation ermögliche, an der Studenten wie Lehrende teilnehmen. Neben der
Studienkommission mit allen Kurien muss an einer stattlichen Uni immer der Senat dem Studium zustimmen. Zudem wird mit dem Bildungsministerium eine Leistungsvereinbarung abgeschlossen, in der alle Parameter festgeschrieben werden, die auch für die Finanzierung ausschlaggebend sind. Mit dem Ergebnis des rund zweijährigen Prozesses sind alle zufrieden. „Es ist ein Studium, das andere Wege zur künstlerischen Produktion aufzeigt und interessante Reibungsflächen zwischen Kunst und Wissenschaft bietet“, sagt Strohal. Die Sphären vermischen sich dabei aber nicht, es sei ein wissenschaftliches Studium. Und – wie jedes Studium – ein Experimentierfeld für Änderungen.
Qualitätsagentur im Bildungseinsatz
Auch an den FH wird evaluiert und neu gestaltet, etwa der Masterstudiengang „Urban Tourism & Visitor Economy Management“, der im Herbst 2021 an der FH Wien starten wird und aus dem Vorgänger „Leadership in Tourism“hervorgegangen ist. An den FH wird jeder Studiengang alle fünf Jahre durch das Qualitätsmanagement auf sinnvolle Adaptionen überprüft. „Wird nur ein wenig am Inhalt verändert, wird die Qualitätsagentur AQ Austria informiert. Gibt es größere Änderungen, etwa ein neuer Titel, neue Kompetenzbereiche oder die Änderung der Sprache, muss ein Reakkreditierungsantrag an die AQ gestellt werden“, erklärt Studiengangsleiter Florian Aubke. Das war hier der Fall. „Wir sind weg von der betrieblichen Ebene hin zur thematischen, zum Destinationstourismus, und zwar mit Konzentration auf den urbanen Raum.“Mit ausschlaggebend war dabei die nachhaltige Strategie „Visit Economy 2025“der Stadt Wien: „Ein neues Tourismuskonzept, das auch Mehrwert für die Bewohner beinhaltet“, sagt Aubke.
Bei einem neuen Master wird ein Antrag auf Akkreditierung gestellt. „Der kann, ebenso wie bei einer Reakkreditierung, ohne Auflagen genehmigt werden, aber meistens gibt es Nachschärfungen, die umgesetzt werden müssen“, sagt Aubke. Beim neuen Tourismusmaster, der auf Englisch statt auf Deutsch abgehalten wird, muss nun etwa auch englische Literatur in der Bibliothek verfügbar sein. Zusätzlich holt die FH in der Regel eine Förderzusage des Ministeriums ein. Im Rahmen der Akkreditierung muss dann der Nachweis erbracht werden, dass Bedarf an diesem Studium besteht.
Geprüft wird ein Antrag von jeweils vier Gutachtern (ein Student, zwei akademische Experten, ein Praktiker aus dem Berufsfeld), die auch an die FH kommen und dort Gespräche mit Lehrenden, der Leitung und Studierenden führen. Das von ihnen erstellte Gutachten geht an die FH. Diese gibt eine Stellungnahme dazu ab, die dann mit Antrag und Gutachten vom Board der AQ erörtert und bewertet wird. „Das sind 14 Personen, die Hälfte mit internationalem Background“, sagt Petersen. Rund sechsmal tagt das Board im Jahr, ein Antrag muss längstens in neun Monaten entschieden werden. Ist die AQ nicht überzeugt, sind also einzelne Kriterien nicht erfüllt, kann sie die Akkreditierung ablehnen. Auch das Ministerium kann ein Studium ablehnen: Der „bildungspolitische Genehmigungsvorbehalt“kommt aber kaum zum Einsatz.