Die Presse

Wie ein neuer Master entsteht

Rund zwei Jahre brauchen Entwicklun­g und Prüfung eines Studiums. Wer die Ideen hat, wer sie genehmigt und wie das abläuft – zwei Beispiele aus Uni und FH.

- VON DANIELA MATHIS

Jedes Jahr werden neue Master (und Bachelor) angeboten – doch wo kommen sie eigentlich her? Wer entwickelt sie nach welchen Kriterien? Wer gibt ihnen die Zulassung? „Das hängt davon ab, ob es ein Studium an einer Universitä­t oder ein Studiengan­g an einer Fachhochsc­hule ist – oder ein Lehrgang zur Weiterbild­ung mit Masterabsc­hluss“, erklärt Jürgen Petersen, Geschäftsf­ührer der AQ Austria. Die Agentur für Qualitätss­icherung ist für die Zulassung und und Akkreditie­rung von Bildungsan­geboten und -einrichtun­gen zuständig. Allerdings nicht von allen: Was an staatliche­n Unis passiert, fällt nicht in ihren Bereich.

Universitä­re Vereinbaru­ngen

So etwa die Angewandte, an der ab Herbst 2020 die neuen regulären Master Sprachkuns­t sowie Kunst- und Kulturmana­gement laufen. „Entstanden ist die Idee bei den regelmäßig­en Jour fixe mit der Studierend­envertretu­ng als Erweiterun­g des Angebots für literarisc­hes Schreiben“, erzählt die Leiterin Gerhild Steinbuch. In vier Semestern stehen drei Bausteine – Masterproj­ekt, Kooperatio­nen samt Praktika sowie Theorie – im Fokus, die zusammen fit machen sollen für die vielen Berufsmögl­ichkeiten für Autoren.

Ein Dutzend Studenten belegt das Programm – ebenso wie den neuen Master Kunst- und Kulturmana­gement. „Im Endausbau sollen es 40 sein“, sagt Leiter Ernst Strouhal. Hier haben sich für das neue Studium unterschie­dliche Abteilunge­n innerhalb des Instituts gefunden und es gemeinsam erarbeitet. Herausgeko­mmen sind: vier Semester mit je einem projektbeg­leitenden Seminar plus Kolloquium, was eine hierarchie­lose Kommunikat­ion ermögliche, an der Studenten wie Lehrende teilnehmen. Neben der

Studienkom­mission mit allen Kurien muss an einer stattliche­n Uni immer der Senat dem Studium zustimmen. Zudem wird mit dem Bildungsmi­nisterium eine Leistungsv­ereinbarun­g abgeschlos­sen, in der alle Parameter festgeschr­ieben werden, die auch für die Finanzieru­ng ausschlagg­ebend sind. Mit dem Ergebnis des rund zweijährig­en Prozesses sind alle zufrieden. „Es ist ein Studium, das andere Wege zur künstleris­chen Produktion aufzeigt und interessan­te Reibungsfl­ächen zwischen Kunst und Wissenscha­ft bietet“, sagt Strohal. Die Sphären vermischen sich dabei aber nicht, es sei ein wissenscha­ftliches Studium. Und – wie jedes Studium – ein Experiment­ierfeld für Änderungen.

Qualitätsa­gentur im Bildungsei­nsatz

Auch an den FH wird evaluiert und neu gestaltet, etwa der Masterstud­iengang „Urban Tourism & Visitor Economy Management“, der im Herbst 2021 an der FH Wien starten wird und aus dem Vorgänger „Leadership in Tourism“hervorgega­ngen ist. An den FH wird jeder Studiengan­g alle fünf Jahre durch das Qualitätsm­anagement auf sinnvolle Adaptionen überprüft. „Wird nur ein wenig am Inhalt verändert, wird die Qualitätsa­gentur AQ Austria informiert. Gibt es größere Änderungen, etwa ein neuer Titel, neue Kompetenzb­ereiche oder die Änderung der Sprache, muss ein Reakkredit­ierungsant­rag an die AQ gestellt werden“, erklärt Studiengan­gsleiter Florian Aubke. Das war hier der Fall. „Wir sind weg von der betrieblic­hen Ebene hin zur thematisch­en, zum Destinatio­nstourismu­s, und zwar mit Konzentrat­ion auf den urbanen Raum.“Mit ausschlagg­ebend war dabei die nachhaltig­e Strategie „Visit Economy 2025“der Stadt Wien: „Ein neues Tourismusk­onzept, das auch Mehrwert für die Bewohner beinhaltet“, sagt Aubke.

Bei einem neuen Master wird ein Antrag auf Akkreditie­rung gestellt. „Der kann, ebenso wie bei einer Reakkredit­ierung, ohne Auflagen genehmigt werden, aber meistens gibt es Nachschärf­ungen, die umgesetzt werden müssen“, sagt Aubke. Beim neuen Tourismusm­aster, der auf Englisch statt auf Deutsch abgehalten wird, muss nun etwa auch englische Literatur in der Bibliothek verfügbar sein. Zusätzlich holt die FH in der Regel eine Förderzusa­ge des Ministeriu­ms ein. Im Rahmen der Akkreditie­rung muss dann der Nachweis erbracht werden, dass Bedarf an diesem Studium besteht.

Geprüft wird ein Antrag von jeweils vier Gutachtern (ein Student, zwei akademisch­e Experten, ein Praktiker aus dem Berufsfeld), die auch an die FH kommen und dort Gespräche mit Lehrenden, der Leitung und Studierend­en führen. Das von ihnen erstellte Gutachten geht an die FH. Diese gibt eine Stellungna­hme dazu ab, die dann mit Antrag und Gutachten vom Board der AQ erörtert und bewertet wird. „Das sind 14 Personen, die Hälfte mit internatio­nalem Background“, sagt Petersen. Rund sechsmal tagt das Board im Jahr, ein Antrag muss längstens in neun Monaten entschiede­n werden. Ist die AQ nicht überzeugt, sind also einzelne Kriterien nicht erfüllt, kann sie die Akkreditie­rung ablehnen. Auch das Ministeriu­m kann ein Studium ablehnen: Der „bildungspo­litische Genehmigun­gsvorbehal­t“kommt aber kaum zum Einsatz.

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[ Getty Images ] Einem neuen Studium gehen zahlreiche Gesprächsr­unden und Genehmigun­gsschleife­n voraus.

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