Börsenmäntel kommen in Mode
SPACs. Ex-UniCredit-Chef Jean-Pierre Mustier arbeitet an einem Übernahmemantel.
Paris/Berlin. Die Liste ehemaliger Bankchefs, die eine leere Hülle an die Börse bringen, unter deren Dach später ein Finanz-Start-up schlüpfen soll, wird länger. Wenige Tage nach seinem Abschied von der italienischen Bank-AustriaMutter UniCredit hat Jean-Pierre Mustier am Montag Pläne für ein Übernahmevehikel (SPAC) öffentlich gemacht, das an die Börse gebracht werden soll, um danach ein Unternehmen aus der Finanzbranche zu schlucken. Infrage kommen Fintechs, Fondsgesellschaften und Versicherungsunternehmen.
Mustier hat sich mit dem französischen Investor Tikehau Capital, dem Investmentbanker Diego De Giorgi (vormals UniCredit und Bank of America) und der Financi`ere Agache zusammengetan. Hinter Financi`ere Agache steht der reichste Franzose, Bernard Arnault, Chef des Luxuskonzerns LVMH.
SPACs sind vor allem in den USA schwer in Mode. Dort haben 144 solcher Special Purpose Acquisition Companies (SPAC) allein in diesem Jahr 45,7 Mrd. Dollar (37,74 Mrd. Euro) von Anlegern eingesammelt, mit denen sie auf die Suche nach Börsenkandidaten gehen.
Der Boom schwappt derzeit nach Europa. Der ehemalige Credit-Suisse-Chef Tidjane Thiam arbeitet derzeit an einem FinanzSPAC, das an die New Yorker Börse gehen soll. Der frühere Commerzbank-Chef Martin Blessing plant Ähnliches für die Amsterdamer Börse. In Frankfurt steht der Schweizer Investor Klaus Hommels Finanzkreisen zufolge einem SPAC mit dem Namen Lakestar vor, das auf Technologiefirmen abzielt und dafür bis zu 400 Mio. Euro einsammeln will.
Für die Initiatoren sind SPACs attraktiv, weil sie für ihren Aufwand belohnt werden, indem sie in der Regel 20 Prozent an dem leeren Börsenmantel bekommen, ohne dafür selbst Geld in die Hand zu nehmen. Nach dem Börsengang haben sie zwei Jahre Zeit, ein Unternehmen zu finden, das mit dem SPAC verschmolzen wird und dieses mit Leben füllt. Scheitern sie, bekommen die Anleger ihr Geld zurück.
HelloFresh-Gründer mit Plan
Auch der Gründer und Firmenchef des Kochbox-Anbieters HelloFresh, Dominik Richter, will laut Insidern zusammen mit einem weiteren Investor auf die SPACWelle aufspringen. Ziel sei es, eine Mantelgesellschaft an die New Yorker Börse zu bringen, sagten mehrere mit der Angelegenheit vertraute Personen der Nachrichtenagentur Reuters. Eine Verbindung zu HelloFresh werde es nicht geben.
Entsprechende Unterlagen für den Börsengang, bei dem zwischen 200 und 500 Mio. Dollar eingesammelt werden sollen, könnten den Insidern zufolge bereits in den kommenden zehn Tagen bei der US-Marktaufsicht SEC eingereicht werden. Richter arbeite zusammen mit dem Entrepreneur und Investor Roman Kirsch an der Neuemission der Mantelgesellschaft, für die sie danach auf die Suche nach einem geeigneten Unternehmen gehen, das an die Börse will.
Dieses solle aus dem Technologiesektor – mit Fokus auf Europa – kommen. Richter, Kirsch sowie auch Investor Jan Beckers, der den Insidern zufolge im SPACBoard sitzen wird, wollten keine Stellung nehmen. Erst vergangene Woche hatte Rocket-InternetGründer Oliver Samwer einen entsprechenden Prospekt eingereicht. Er will für eine Mantelgesellschaft bei Investoren bis zu rund 290 Mio. Dollar einsammeln. Der Start-up-Investor Rocket Internet selbst war hingegen vor Kurzem von der Frankfurter Börse genommen worden. (Reuters/red.)