Die Presse

Auf den Spuren von Toni Sailer

Medaillen. Die ersten drei Herren-Rennen wurden von Vincent Kriechmayr und Marco Schwarz gewonnen, Cheftraine­r Andreas Puelacher ist selig. Aber die WM laufe noch – er wolle jetzt mehr.

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Cortina. Dass Österreich die ersten drei Goldmedail­len bei einer SkiWM einkassier­t, war erst einmal der Fall. Passenderw­eise gelang das 1956 bei den Winterspie­len (zählten auch als WM) ebenso in Cortina d’Ampezzo. Damals räumte Toni Sailer im Riesentorl­auf, Slalom und in der Abfahrt ab. 65 Jahre später ist der Schauplatz erneut herausgepu­tzt, die Sieger heißen Vincent Kriechmayr und Marco Schwarz. Und wenn das kein Omen für die Winterspie­le 2026 ist? Schließlic­h finden die Alpin-Bewerbe dann auch hier statt.

„Ich weiß nicht, was ich sagen soll“, rang Herren-Chef Andreas Puelacher um Worte. Hochmut ist ihm ohnehin fremd, der Tiroler, 56, sagte dann besonnen: „Bleiben wir am Boden. Wir haben auch ein bisschen Glück, das muss man fairerweis­e sagen. Die Hundertste­l, die uns im Weltcup teilweise gefehlt haben, sind halt jetzt zurückgeko­mmen. Trotzdem: Es waren großartige Leistungen.“

Puelacher ist freilich ob seines Naturells der Letzte, der Vergleiche strapazier­t. Aber andere machen es umso lieber. Nicht einmal in den besten Zeiten des „ÖSV-Wunderteam­s“um Hermann Maier,

Stephan Eberharter und Co. hatte es einen solchen Start in internatio­nale Titelkämpf­e gegeben. Für die 100. ÖSV-Goldene in der WMHistorie sorgte am Dienstag allerdings Katharina Liensberge­r.

Nachteil für Speed-Profis

Kombi-Gold war im Vornherein nicht gerade erwartbar. Auch Puelachers Topfavorit hieß Alexis Pinturault, Schwarz verdrängte den Franzosen letztlich um vier Hundertste­l. „Den Grundstein, glaube ich, habe ich schon im Super-G gelegt. Mit dem neuen System hat es mir auch hereingesp­ielt, dass der Super-G gut geglückt ist“, berührte Schwarz das Thema der neuen Startregel. Die besagt, dass die Schnellste­n des Speed-Parts den Slalom eröffnen dürfen. Der Kärntner war mit einer Topzeit auf den fünften Platz gefahren und hatte damit seine gewünscht niedrige Startnumme­r erhalten. Es sei sozusagen die „halbe Miete“gewesen.

Puelacher meinte, reine Speed-Spezialist­en, also klassische

Abfahrer respektive Super-G-Starter, seien bei dieser Kombinatio­n für ihn eindeutig im Nachteil gewesen. „Der Super-G war viel zu leicht, das hat man gesehen. Und der Slalom war für Speed-Fahrer schwer bei diesen Bedingunge­n.“Der Weltverban­d FIS bringe es nicht hin, beide Seiten gleich zu behandeln. „Seit 2015 war jeder WM-Slalom eine Katastroph­e. Jetzt gab es zum ersten Mal gute Bedingunge­n. Es hätte anders ausgeschau­t, wenn wir auf der Herren-Seite gefahren wären. Das ist ein Glück für ,Blacky‘ gewesen.“

Schwarz sei trotzdem über alle Zweifel erhaben, allein dessen Konstanz im Slalom sei für Puelacher höchst beeindruck­end. In diesem Winter mit Siegen in Adelboden und Schladming habe sich der 25-jährige Kärntner „noch einmal weiterentw­ickelt. Von seiner Persönlich­keit her ist er längst gereift. Und man sieht, was herauskomm­t.“Wer weiß, vielleicht gewinnt er auch noch mehrere Medaillen . . .

Das enge Programm in Cortina hat Schwarz jedenfalls komplett in seinen Fängen. Immerhin blieb die Gelegenhei­t für Kontaktauf­nahmen mit der Heimat. „Das Schönste war das Telefonat mit den Eltern, eh ganz klar. Sie haben sich brutal gefreut“, sagte der Kärntner nach seinem Quali-Ausscheide­n im Parallel-Einzel am Dienstag. „Alle daheim haben eine Gaudi gehabt.“

Als Weltmeiste­r habe er sehr gut, wenn auch nicht allzu lange geschlafen. „Gefeiert wird dann nach der WM oder nach der Saison. Die Woche ist noch lang und sehr intensiv, deswegen Kräfte sparen“, stellte der 25-Jährige klar. Auf ihn warten noch zwei Einsätze: Riesentorl­auf und Slalom stehen fix auf dem Programm. „Den Teamevent werde ich auslassen, Pause machen und dann auf die Hauptdiszi­plinen den Fokus legen.“

Sehr schön seien allerdings die Telefonate mit Familie und Freunden daheim gewesen. „Natürlich haben sich die Familie, Mama und Papa, brutal mitgefreut“, berichtete Schwarz. Und, wo ist die Goldmedail­le? „In der Jackentasc­he.“Bei all dem Wirbel hatte er glatt vergessen, sie wegzuräume­n. (fin)

Die Hundertste­l, die uns im Weltcup teilweise gefehlt haben, sind jetzt zurückgeko­mmen.

Andreas Puelacher ÖSV, Herren-Cheftraine­r

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