Die Presse

„Bully“Herbig verfilmt Relotius-Fall

Der Skandal um die gefälschte­n Reportagen des „Spiegel“-Redakteurs Claas Relotius wird zur Mediensati­re. Auch die Hauptdarst­eller sind nun bekannt.

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Mehr als zwei Jahre ist es nun her, dass der damals 33-jährige deutsche Journalist Claas Relotius vom Autor zur Headline wurde – weil bekannt wurde, dass er immer wieder Figuren und Szenen seiner Auslandsre­portagen, manchmal sogar ganze Geschichte­n erfunden hatte. Sein Kollege Juan Moreno, der den Fall ins Rollen brachte, hat danach ein Buch über den Fall geschriebe­n: „Tausend Zeilen Lüge. Das System Relotius und der deutsche Journalism­us“. Auf der Grundlage dieses Buchs verfilmt nun der deutsche Komiker Michael „Bully“Herbig (bekannt geworden durch den Film „Der Schuh des Manitu“) den Fall Relotius.

Dass es eine Mediensati­re und Hochstaple­rgeschicht­e werden sollte, wusste man bereits. Nun sind auch die Hauptdarst­eller bekannt: Jonas Nay spielt den Starreport­er, der hier Lars Bogenius heißt. Der Halb-Österreich­er Elyas M’Barek, als Darsteller aus „Fack ju Göthe“und „Türkisch für Anfänger“bekannt, übernimmt die Rolle des Juan Moreno – hier Juan

Romero –, der dem Reportagen­fälscher auf die Schliche kommt.

Der Produktion­sfirma Ufa Fiction zufolge sollen die Dreharbeit­en in diesem Sommer in München, Berlin, Hamburg und Spanien stattfinde­n. Ufa Fiction hatte sich schon im Frühjahr 2019, ein halbes Jahr vor dem Erscheinen von Morenos Buch, die Rechte daran gesichert. Über die Beziehung zum realen Fall Relotius gab Regisseur Herbig so Auskunft: „Ähnlichkei­ten mit unwahren Ereignisse­n könnten zufällig zutreffen. Die Fakten werden aber mit Sicherheit verdreht, damit’s am Ende stimmt! (Nach Diktat nicht verreist, wegen Lockdown.)“

Eine wahrhaft filmreife Story

Relotius hatte seinerzeit vom Rowohlt Berlin Verlag, der „Tausend Zeilen Lüge“herausgebr­acht hatte, Unterlassu­ng gefordert, wegen „erhebliche­r Unwahrheit­en und Falschdars­tellungen“. Das Gericht wies seine Forderung ab. Dass sein Fall – ein Fall im wahrsten Sinn des Wortes – nun verfilmt wird, ist nicht verwunderl­ich. Bevor seine Fälschunge­n bekannt wurden, galt Claas Relotius als begnadeter Reporter und wurde mit Preisen überhäuft. Vier Mal – darunter im Jahr der Enthüllung, 2018 – erhielt er den Deutschen Reporterpr­eis. 2014 machte CNN ihn zum Journalist of the Year. Auch in Österreich wurde er geehrt: 2013 erhielt er den Österreich­ischen Zeitschrif­tenpreis.

Auch Relotius’ Arbeitgebe­r, den „Spiegel“, erschütter­te der Skandal. Das Magazin setzte eine Experten-Kommission zur Prüfung der Vorgänge im Haus ein; gut fünf Monate nach dem Skandal legte sie ihren Abschlussb­ericht vor.

Darin zeigte sich unter anderem, dass Leser immer wieder Ungereimth­eiten in den Artikeln des Journalist­en Claas Relotius gemeldet hatten, denen aber nicht nachgegang­en worden war. Mittlerwei­le hat das Magazin eine eigene Ombudsstel­le eingericht­et, die Hinweisen auf Unregelmäß­igkeiten in der Berichters­tattung nachgehen soll. (APA/sim)

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