Der Terror gegen die Christen und die „Tyrannei der Schuld“
Europa ist eine spirituelle Wüste. Stört es hier keinen mehr, dass weltweit Hunderte Millionen Christen aufgrund ihres Glaubens verfolgt werden?
Im Bund mit dem Relativismus hat dieser „Apatheismus“Europa in eine spirituelle Wüste verwandelt.
Das christliche Hilfswerk Open Doors veröffentlicht jedes Jahr im Januar seinen Weltverfolgungsindex. Die jüngste Ausgabe enthält Berichte über 50 Länder, in denen 760 Millionen Christen leben. Rund 309 Millionen von ihnen sind einem hohen bis extrem hohen Maß an Verfolgung und Diskriminierung ausgesetzt. 2018 hatte das Hilfswerk 2983 Fälle von Christen dokumentiert, die aufgrund ihres Glaubens getötet wurden. Im vorigen Jahr stieg diese Zahl auf 4761. Die stärkste Zunahme der Christenverfolgung wurde 2019 im subsaharischen Afrika registriert, in der Türkei, im Irak und in China. Am schlimmsten ist es in Nordkorea. Christen, die dort aufgespürt werden, drohen Hinrichtung, Folter oder Zwangsarbeit bis zum Tod. 50.000 bis 70.000 Christen werden in den nordkoreanischen Straflagern für politische Häftlinge festgehalten. Im Rating des Horrors folgen auf den nächsten Plätzen Afghanistan, Somalia, Libyen, Pakistan, Eritrea, Jemen, Iran, Nigeria und Indien.
Wahrscheinlich wird sich die internationale Öffentlichkeit ausnahmsweise mit der Lage der Christen im Irak beschäftigen, wenn Papst Franziskus im März das Land besucht. Die Medien berichten zwar jedes Mal zu Recht, wenn ein schwarzer Amerikaner durch Polizeigewalt ums Leben kommt, aber in der Regel ignorieren sie das Leid von Millionen Christen.
In Wien, das so stolz darauf ist, eine Stadt der Menschenrechte zu sein, lehnte der Gemeinderat mit den Stimmen der SPÖ, der Neos und der Grünen einen Antrag der ÖVP ab, „jede Form der Verfolgung religiöser Minderheiten, besonders der weltweit meistverfolgten Religionsgemeinschaft, der Christen“zu verurteilen. Ebenfalls abgelehnt wurde die Teilnahme der Stadt Wien am „Red Wednesday“, einer Aktion von Kirche in Not, bei der in vielen Ländern Hunderte Kirchen, Monumente und öffentliche Gebäude blutrot angestrahlt werden, um auf die Christenverfolgungen aufmerksam zu machen. So etwas geht im roten Wien mit seinen pink-grünen Einsprengseln gar nicht. Eine Gemeinderätin der Grünen entblödete sich in der Debatte nicht einmal, von einem „Beginn der Diskriminierung“zu sprechen, weil sich die Anträge „auf eine bestimmte Gruppe“bezögen.
1683 wurde Wien durch ein multinationales christliches Heer von der Belagerung durch die Türken befreit. Heute daran zu erinnern, gar am 12. September auf den Kahlenberg zu pilgern, gilt als „rechtsextrem“. Was hören Schüler heute noch über die Schlacht von Lepanto? Es gibt einen Zusammenhang zwischen den Tabus in der Erinnerungspolitik und dem Verschweigen der Christenverfolgungen.
Man sieht und versteht nicht viel, wenn man das Christentum nur von außen betrachtet. Man muss erst in eine Kathedrale eintreten, um die bunte Glasmalerei der Fenster sehen zu können, und man muss sich erst auf die Lehre und die Geschichte des Christentums einlassen, um es verstehen zu können. Atheismus war da übrigens nie ein echtes
Hindernis.
Gefährlich für die Kirche wie für die Identität und die Selbstbehauptung der europäischen Völker sind die „Apatheisten“, denen eh alles wurst ist. Im Bund mit dem Relativismus – den Benedikt XVI. einmal „die wahre Religion des modernen Menschen“nannte – hat dieser „Apatheismus“Europa in eine spirituelle Wüste verwandelt.
Ein zweiter Grund dafür, dass die Christenverfolgungen „übersehen“und die Verbrechen des Islam relativiert werden, liegt in der Schuldumkehr. Sogar der islamistische Terror wird als Reaktion auf vermeintliche europäische Verbrechen missverstanden. „Die einzige Identität, die den Weißen noch erlaubt ist, ist die Identität der Reue“, sagte Pascal Bruckner einmal in einem Interview. Diese „Tyrannei der Schuld“führt dazu, dass Europa intellektuell und moralisch abrüstet.
Was dann bleibt, ist Appeasement, die schleichende Kapitulation, wie einst vor Hitler und dem Nationalsozialismus.