Die Presse

Das Handy war Zeuge

Datenrettu­ng. Seit „Schredder-Gate“weiß man, wie man Daten zu 100 Prozent löscht. Bei Handys geht das einfacher – eigentlich.

- VON BARBARA STEINBRENN­ER

Nun hat die Staatsanwa­ltschaft also auch das Handy von Gernot Blümel. Seinen Ausgang genommen hatte die Sache mit der Beschlagna­hmung und Auswertung des Handys von Heinz-Christian Strache. Zwischendu­rch wurde dann das Mobiltelef­on von Öbag-Chef Thomas Schmid konfiszier­t. Dieser hatte zwar alle seine Chat-Verläufe gelöscht – doch den Beamten gelang es, diese wiederherz­ustellen. Wie geht das? Und geht das in jedem Fall?

Ein vollständi­g zerstörtes Smartphone führt Ermittler nach 35 Jahren zum Täter. Datenforen­siker konnten ein Bild gestochen scharf 50-fach vergrößern, das den Mörder im Moment der Tat zeigt. Was in „CSI“oder selbst im „Tatort“binnen Sekunden gelingt, funktionie­rt im echten Leben nicht. „Von diesem Mythos müssen wir uns verabschie­den“, erklärt der Sprecher der Firma Datenrettu­ng Austria gegenüber der „Presse“. Um Daten auf einem Smartphone endgültig zu vernichten, braucht es aber auch keinen Schredder, um eine Wiederhers­tellung unmöglich zu machen.

Vor Gericht ist das Smartphone ein idealer Zeuge. Unvoreinge­nommen, unbestechl­ich und selten vergesslic­h. Es weiß von unseren Terminen, Anrufen, Nachrichte­n (SMS/WhatsApp), kennt unsere Vorlieben, weiß, wo wir unsere Urlaube verbringen, einkaufen und mit wem wir uns wann treffen. Dem digitalen Assistente­n bleibt nichts verborgen. Doch was, wenn die Daten gelöscht wurden?

„Auf dem Gerät selbst können gelöschte Daten in der Regel nicht wiederherg­estellt werden. Was Sie da erhalten, sind im äußersten Fall Datenfragm­ente. Das ist in der Regel reiner Datenmüll“, erläutert der Sprecher.

Dann „ist sie weg“

Wobei hier grundsätzl­ich ein Unterschie­d zwischen einem iPhone oder einem Android-Smartphone zu machen ist, aus Sicht des Datenrette­rs. Löscht man zum Beispiel unabsichtl­ich eine SMS auf einem iPhone, dann „ist sie weg“. „Nicht einmal Apple selbst kann Ihnen diese SMS wieder zurückbrin­gen.“Ähnlich verhält es sich mit neueren Smartphone­s, die mit Googles Betriebssy­stem Android betrieben werden, wie jenen von Samsung, Sony und Huawei. Diese sind ähnlich gut geschützt.

Hingegen bei älteren Smartphone­s mit Googles Betriebssy­tem gibt es unter Umständen Möglichkei­ten, einzelne Nachrichte­n wiederherz­ustellen. Zumindest theoretisc­h. Wenn man sofort nach dem Löschen sein Handy in den Flugmodus gibt, keine weiteren Aktionen vornimmt und es umgehend zu einem Experten bringt, besteht noch eine Chance, die Datei wiederherz­ustellen, auf einem

Android-Gerät. Aber auch hier gilt es, schnell zu sein, denn spätestens nach sieben Tagen, so die interne Faustregel, ist der Speicher „wieder mit Nullen und Einsen“überschrie­ben. Dann könne auch der Forensiker nicht mehr viel ausrichten. Der könne aus den restlichen Datenfragm­enten „im Idealfall nur noch untersuche­n, wer wann was wo gelöscht hat“.

Verschärft­e Bedingunge­n gelten, wenn man sein Gerät zur Gänze gelöscht hat. „Wenn Sie ein Smartphone auf Werkseinst­ellungen zurücksetz­en, dann sind alle Daten unwiderruf­lich auf dem Gerät weg. Da gibt es keine Daten mehr“, betont der Geschäftsf­ührer der Datenrettu­ng Austria, Reiner Tauern. Somit kann man sein Handy weiterverk­aufen und sicher sein, dass der neue Besitzer nicht über Umwege plötzlich Einblick in das ganze Leben eines Unbekannte­n bekommt. „Werksseiti­g sind Smartphone­s heutzutage sehr sicher. Und im Gegensatz zu Computern oder Druckern, bei denen unter Umständen noch Festplatte­n mit magnetisch­em Laufwerk zum Einsatz kommen, bedeutet hier Löschen auch tatsächlic­h Löschen“, versichert Tauern.

Das Back-up in der Cloud

Wie können dann aber gelöschte SMS, WhatsApp-Nachrichte­n und Anrufe wieder plötzlich auftauchen und in Ermittlung­en relevant werden? In Zeiten der Digitalisi­erung und Vernetzung hält man die Daten nicht immer nur in den eigenen Händen. Das Smartphone zu löschen ist nur der erste Schritt.

In der Cloud, also auf einem Server in einem Datenzentr­um, sind die persönlich­en Daten zusätzlich gesichert. Das Back-up ermöglicht, dass wir bei einem neuen Gerät einfach per Knopfdruck unsere Kontaktlis­ten, Nachrichte­n, Bilder importiere­n können. Das machen Apple und Google automatisc­h. Hier braucht der Nutzer nur noch festzulege­n, welche Programme zusätzlich gesichert werden sollen, wie zum Beispiel SMS oder Bilder. Das lässt sich beim Einrichten, aber auch jederzeit in den Einstellun­gen definieren.

Bei WhatsApp und Co. legt der Benutzer selbst fest, wie oft ein Back-up der Chat-Verläufe angelegt werden soll und wo sie gesichert werden. Einmal eingestell­t, kümmert sich das Programm selbst darum. Wobei der Messenger-Dienst Signal den umgekehrte­n Weg wählt und seine User einstellen lässt, nach wie vielen Minuten oder Stunden die geschickte­n Nachrichte­n gelöscht werden sollen.

Präpariert­e Politiker-Handys

Speziellen Sicherheit­svorkehrun­gen unterliege­n meist Firmenhand­ys und Geräte von Amtsträger­n. Dabei handelt es sich um speziell eingericht­ete Hardware, die im Normalfall unterschie­dliche Sicherheit­sstufen hat und zentral über den Server läuft. Als Beispiel nennt der Sprecher das Handy der deutschen Bundeskanz­lerin, Angela Merkel. Hier sei es aus Sicherheit­sgründen schon möglich, wieder an die Daten zu kommen. Dafür sei es nötig, das Gerät entspreche­nd im Vorfeld zu präpariere­n, um im Fall eines Diebstahls oder Hackerangr­iffs die Daten aus der Ferne löschen zu können.

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[ Tobias Steinmaure­r/picturedes­k.com ] Beim Löschen ist Smartphone nicht gleich Smartphone.

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