Das Handy war Zeuge
Datenrettung. Seit „Schredder-Gate“weiß man, wie man Daten zu 100 Prozent löscht. Bei Handys geht das einfacher – eigentlich.
Nun hat die Staatsanwaltschaft also auch das Handy von Gernot Blümel. Seinen Ausgang genommen hatte die Sache mit der Beschlagnahmung und Auswertung des Handys von Heinz-Christian Strache. Zwischendurch wurde dann das Mobiltelefon von Öbag-Chef Thomas Schmid konfisziert. Dieser hatte zwar alle seine Chat-Verläufe gelöscht – doch den Beamten gelang es, diese wiederherzustellen. Wie geht das? Und geht das in jedem Fall?
Ein vollständig zerstörtes Smartphone führt Ermittler nach 35 Jahren zum Täter. Datenforensiker konnten ein Bild gestochen scharf 50-fach vergrößern, das den Mörder im Moment der Tat zeigt. Was in „CSI“oder selbst im „Tatort“binnen Sekunden gelingt, funktioniert im echten Leben nicht. „Von diesem Mythos müssen wir uns verabschieden“, erklärt der Sprecher der Firma Datenrettung Austria gegenüber der „Presse“. Um Daten auf einem Smartphone endgültig zu vernichten, braucht es aber auch keinen Schredder, um eine Wiederherstellung unmöglich zu machen.
Vor Gericht ist das Smartphone ein idealer Zeuge. Unvoreingenommen, unbestechlich und selten vergesslich. Es weiß von unseren Terminen, Anrufen, Nachrichten (SMS/WhatsApp), kennt unsere Vorlieben, weiß, wo wir unsere Urlaube verbringen, einkaufen und mit wem wir uns wann treffen. Dem digitalen Assistenten bleibt nichts verborgen. Doch was, wenn die Daten gelöscht wurden?
„Auf dem Gerät selbst können gelöschte Daten in der Regel nicht wiederhergestellt werden. Was Sie da erhalten, sind im äußersten Fall Datenfragmente. Das ist in der Regel reiner Datenmüll“, erläutert der Sprecher.
Dann „ist sie weg“
Wobei hier grundsätzlich ein Unterschied zwischen einem iPhone oder einem Android-Smartphone zu machen ist, aus Sicht des Datenretters. Löscht man zum Beispiel unabsichtlich eine SMS auf einem iPhone, dann „ist sie weg“. „Nicht einmal Apple selbst kann Ihnen diese SMS wieder zurückbringen.“Ähnlich verhält es sich mit neueren Smartphones, die mit Googles Betriebssystem Android betrieben werden, wie jenen von Samsung, Sony und Huawei. Diese sind ähnlich gut geschützt.
Hingegen bei älteren Smartphones mit Googles Betriebssytem gibt es unter Umständen Möglichkeiten, einzelne Nachrichten wiederherzustellen. Zumindest theoretisch. Wenn man sofort nach dem Löschen sein Handy in den Flugmodus gibt, keine weiteren Aktionen vornimmt und es umgehend zu einem Experten bringt, besteht noch eine Chance, die Datei wiederherzustellen, auf einem
Android-Gerät. Aber auch hier gilt es, schnell zu sein, denn spätestens nach sieben Tagen, so die interne Faustregel, ist der Speicher „wieder mit Nullen und Einsen“überschrieben. Dann könne auch der Forensiker nicht mehr viel ausrichten. Der könne aus den restlichen Datenfragmenten „im Idealfall nur noch untersuchen, wer wann was wo gelöscht hat“.
Verschärfte Bedingungen gelten, wenn man sein Gerät zur Gänze gelöscht hat. „Wenn Sie ein Smartphone auf Werkseinstellungen zurücksetzen, dann sind alle Daten unwiderruflich auf dem Gerät weg. Da gibt es keine Daten mehr“, betont der Geschäftsführer der Datenrettung Austria, Reiner Tauern. Somit kann man sein Handy weiterverkaufen und sicher sein, dass der neue Besitzer nicht über Umwege plötzlich Einblick in das ganze Leben eines Unbekannten bekommt. „Werksseitig sind Smartphones heutzutage sehr sicher. Und im Gegensatz zu Computern oder Druckern, bei denen unter Umständen noch Festplatten mit magnetischem Laufwerk zum Einsatz kommen, bedeutet hier Löschen auch tatsächlich Löschen“, versichert Tauern.
Das Back-up in der Cloud
Wie können dann aber gelöschte SMS, WhatsApp-Nachrichten und Anrufe wieder plötzlich auftauchen und in Ermittlungen relevant werden? In Zeiten der Digitalisierung und Vernetzung hält man die Daten nicht immer nur in den eigenen Händen. Das Smartphone zu löschen ist nur der erste Schritt.
In der Cloud, also auf einem Server in einem Datenzentrum, sind die persönlichen Daten zusätzlich gesichert. Das Back-up ermöglicht, dass wir bei einem neuen Gerät einfach per Knopfdruck unsere Kontaktlisten, Nachrichten, Bilder importieren können. Das machen Apple und Google automatisch. Hier braucht der Nutzer nur noch festzulegen, welche Programme zusätzlich gesichert werden sollen, wie zum Beispiel SMS oder Bilder. Das lässt sich beim Einrichten, aber auch jederzeit in den Einstellungen definieren.
Bei WhatsApp und Co. legt der Benutzer selbst fest, wie oft ein Back-up der Chat-Verläufe angelegt werden soll und wo sie gesichert werden. Einmal eingestellt, kümmert sich das Programm selbst darum. Wobei der Messenger-Dienst Signal den umgekehrten Weg wählt und seine User einstellen lässt, nach wie vielen Minuten oder Stunden die geschickten Nachrichten gelöscht werden sollen.
Präparierte Politiker-Handys
Speziellen Sicherheitsvorkehrungen unterliegen meist Firmenhandys und Geräte von Amtsträgern. Dabei handelt es sich um speziell eingerichtete Hardware, die im Normalfall unterschiedliche Sicherheitsstufen hat und zentral über den Server läuft. Als Beispiel nennt der Sprecher das Handy der deutschen Bundeskanzlerin, Angela Merkel. Hier sei es aus Sicherheitsgründen schon möglich, wieder an die Daten zu kommen. Dafür sei es nötig, das Gerät entsprechend im Vorfeld zu präparieren, um im Fall eines Diebstahls oder Hackerangriffs die Daten aus der Ferne löschen zu können.