Die Presse

Was Serena Williams von Tom Brady lernt

Australian Open. Der US-Tennisstar teilt die Leidenscha­ft mit ihrem NFL-Kollegen, nicht aber Standing und geglücktes Sportmärch­en. Die 39-Jährige verpasste den 24. Major-Titel auch im elften Anlauf und verabschie­dete sich unter Tränen.

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Melbourne/Wien. Den Super Bowl vor knapp zwei Wochen hat Serena Williams genau verfolgt. „Ich sehe Tom Brady, das ist so inspiriere­nd“, sagte der US-Tennisstar. Mit 43 Jahren gewann der Footballer erneut den NFL-Titel, den bereits siebenten, und schrieb sein Sportmärch­en der Marke Hollywood. Nach einem ähnlichen Kunststück trachtet die inzwischen 39-jährige Serena Williams, seit vier Jahren jagt sie den ersehnten 24. GrandSlam-Titel, mit dem sie die AllzeitBes­tmarke der Australier­in Margaret Court einstellen würde.

Williams’ elfter Anlauf scheiterte am Donnerstag in Melbourne, als sie im Halbfinale der 16 Jahre jüngeren Naomi Osaka 3:6, 4:6 unterlag. „Ich habe einfach zu viele wirklich einfache Fehler gemacht“, sagte sie und antwortete auf die Frage, ob dies ihr letzter Auftritt bei den Australian Open gewesen sei, noch lächelnd: „Ich weiß es nicht. Wenn ich irgendwann ’Farewell’ sage, würde ich es keinem verraten. Also ...“Die Fassade brach, als sie ihre Performanc­e erklären sollte. „Ich weiß nicht. Das war’s“, sagte sie unter Tränen und verließ den Raum.

Obgleich die jüngere der Williams-Schwestern beteuert, sich nicht in Rekorden zu messen, zeigt der emotionale Ausbruch, wie viel ihr dieser 24. Grand-Slam-Titel bedeutet. Es ist die einzige Bestmarke von Relevanz, die die US-Amerikaner­in in ihrer langen Karriere, in der sie den Sport mit kraftvolle­n Grundlinie­nschlägen und Aufschläge­n revolution­ierte, nicht gebrochen hat. Dabei ist unbestritt­en, dass Williams ihre Siege im Vergleich zu Court (1960–1973) in viel umkämpfter­em Damen-Tennis gefeiert hat. An ein Standing wie das von „Muster-Schwiegers­ohn“Tom Brady kommt sie als polarisier­ende Afroamerik­anerin, die sich aus ärmlichen Verhältnis­sen nach oben gearbeitet hat, trotzdem nicht heran. Vielleicht soll Titel Nummer 24 ihre Antwort darauf sein.

Im Gegensatz zum NFL-Star, der Frau und Kinder vor dem Super Bowl zwölf Tage lang aus dem Haus verbannte, verbrachte Williams in der zweiwöchig­e Isolation in Australien 19 Stunden pro Tag mit der dreijährig­en Olympia im Hotel. „Ich kann nicht funktionie­ren, wenn ich sie nicht um mich habe“, erklärte sie. Ihre Tochter wisse inzwischen, dass der Tenniscour­t ihr Arbeitspla­tz ist. Nur, wie lang noch? Der nächste Triumph sei der schönste, sagte Brady vor dem Super Bowl, das gefiel Williams. „Sonst lebt man davon, was man bereits erreicht hat.“

Osaka untermauer­te ihre Stellung als mit Abstand stärkste Hartplatz-Spielerin und geht als klare Favoritin in das Finale am Samstag (9.30 Uhr, live Servus TV, Eurosport) gegen US-Überraschu­ngsfrau Jennifer Brady. Für die 25-Jährige ist es das erste Grand-SlamEndspi­el, dass sie Osaka fordern kann, hat sie im Halbfinale der US Open im Vorjahr bewiesen. Damals setzte sich die Japanerin erst nach drei hart umkämpften Sätzen durch – und gewann in der Folge auch ihr drittes Major-Finale. (swi)

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[ AFP ] Emotionen bei Serena Williams: Schlug sie zum letzten Mal in Melbourne auf?

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