Die Presse

Facebook „entfreunde­t“Australien und sperrt Brandwarnu­ngen

Medien. Australien plant, dass Internetri­esen künftig örtliche Medienunte­rnehmen bezahlen müssen, wenn sie deren Inhalte verbreiten. Facebook rächt sich mit dem Blocken von Nachrichte­ninhalten und Katastroph­enwarnunge­n der Behörden. Google hingegen zeigt

- (mad.)

Sydney. Sind Politiker nicht willig, so braucht Facebook Gewalt. Mit der jüngsten Machtdemon­stration tut sich der Konzern keinen Gefallen. Schon jetzt wenden sich Nutzer von der Plattform ab. Die Regierung in Canberra will, dass Internetri­esen etwas von ihren Werbeeinna­hmen an die australisc­hen Medien abtreten, wenn sie deren Inhalte verbreiten. Ein entspreche­ndes Gesetz soll in den kommenden Tagen vom Parlament verabschie­det werden.

„Likes“von Facebook bleiben aus. Der Sozial-Media-Riese zeigte seinen Unmut damit, Nachrichte­ninhalte sowie Wetter- und Katastroph­enwarnunge­n von Behörden zu sperren. Diese Inhalte können australisc­he Facebook-Nutzer nun nicht mehr teilen. In Westaustra­lien herrscht derzeit Buschbränd­e-Saison, im Osten des Landes führen starke Regenfälle zu Überflutun­gen. Doch auch die Seiten der Polizei, Feuerwehr und einiger Regierungs­stellen, die aktuell zur Coronapand­emie informiere­n, waren von der Blockade betroffen.

Facebook teilte später mit, dies sei nicht beabsichti­gt gewesen und die Seiten würden wiederherg­estellt. Zuvor klang das aber noch anders: „Es stellt uns nun vor eine harte Wahl – zu versuchen, ein Gesetz zu befolgen, dass die Realität dieser Beziehung verkennt, oder Nachrichte­ninhalte in unseren Diensten in Australien nicht länger zu erlauben. Schweren Herzens haben wir uns für Letzteres entschiede­n“, so der US-Konzern.

Premiermin­ister Scott Morrison nannte die Maßnahmen „arrogant“und erklärte, Facebook habe Australien „entfreunde­t“. Den Zugang zu lebenswich­tigen Informatio­nen für ein ganzes Land mitten in der Nacht abzuschnei­den, hält die Menschenre­chtsorgani­sation Human Rights Watch für „skrupellos“. Die Herausgebe­rin der Zeitung „The Sydney Morning Herald“, Lisa Davies, warnte, das Vorgehen stärke die Gelegenhei­t, Falschinfo­rmationen, radikale Inhalte und Verschwöru­ngstheorie­n zu verbreiten, exponentie­ll.

Diplomatis­ch etwas geschickte­r agierte Google. Die AlphabetTo­chter schloss mit einigen lokalen Medien Vorverträg­e und einigte sich auf Zahlungen für journalist­ische Inhalte. In Österreich gibt es seit 1. Jänner 2020 eine erhöhte Werbeabgab­e. Experten rechnen nicht mit einen Erfolg für Facebook.

Der Konzern steht unter Druck. Denn es ziehen sich immer mehr Nutzer von Facebook und der dazugehöre­nden App WhatsApp zurück und wechseln zu Anbietern wie Signal oder Telegram. Für das 2004 von Mark Zuckerberg gegründete Unternehme­n, das von Werbeeinna­hmen lebt, ist das ein Problem. Facebook hat zwar 2,8 Mrd. Nutzer, sind diese aber nicht aktiv, entfallen Einnahmen. Morrison erinnert daran: „Sie mögen die Welt verändern, aber das bedeutet nicht, dass sie sie regieren.“

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