Sidlo: „Bin aus allen Wolken gefallen“
Streit ums Geld. Der FPÖ-Mann Peter Sidlo, die Zentralfigur der Casinos-Affäre, trat im Handelsgericht Wien als Kläger auf. Er fordert von der Casinos Austria AG nun 2,3 Millionen Euro.
Wien. Der frühere Kurzzeit-Finanzvorstand der Casinos Austria AG (Casag) Peter Sidlo ist am Donnerstag vor dem Handelsgericht Wien aufgetreten. Sidlo klagt die Casag, also seine ehemalige Arbeitgeberin, weil ihn diese vorzeitig seines Postens enthoben hat. Die Forderung: 2,3 Mio. Euro.
Der Ex-Manager, einst für die FPÖ aktiv, verhehlte nun nicht, dass er auch aufgrund seiner Parteizugehörigkeit in die Vorstandsposition kommen wollte. Und er fordert nun von der Casinos, ihm sämtliche Gehaltsansprüche samt der Boni in vollständiger Höhe für die dreijährige Laufzeit des Vorstandsvertrags auszuzahlen.
Sidlo war im Dezember 2019 in Folge der Aufarbeitung der Casinos-Affäre vom Casinos-Aufsichtsrat vorzeitig abberufen worden, obwohl er erst im Mai desselben Jahres als Kandidat der Novomatic in den Vorstand gekommen war. Die Managerin Bettina GlatzKremsner wiederum (Sidlos Vorgängerin) war im Zuge des Vorstandsumbaus zur Generaldirektorin der Casinos aufgestiegen.
Ihm seien keine Verfehlungen seinerseits bewusst, die die vorzeitige Abberufung rechtfertigten, so Sidlo. Und er sei „aus allen Wolken gefallen“, als Aufsichtsratschef Walter Rothensteiner ihn kontaktiert habe. Denn: Eine Abberufung sei bis dahin nie Thema gewesen, wenn auch die Stimmung im Unternehmen unangenehm war.
Chancen „für einen FPÖ-ler“
Wie schaffte es Sidlo in den Casinos-Vorstand? Dazu meinte der Kläger nun: 2018 habe er Rothensteiner mitgeteilt, dass er sich für den Posten des Finanzchefs interessiere. „Ich habe ihm gesagt, ich bin ja ein FPÖ-ler und gefragt, ob es für einen FPÖ-ler die Möglichkeit gibt, in eine solche Position zu kommen.“Rothensteiner habe auf diese „flapsige“Erkundung ungehalten reagiert und auf den geplanten Bestellprozess verwiesen. Schon zuvor habe er mit der damaligen Casinos-Finanzvorständin, Bettina Glatz-Kremsner (sie war auch ÖVP-Vizeparteichefin), über sein Interesse an der Position in dem teilstaatlichen Glücksspielkonzern gesprochen.
Die Richterin fragte Sidlo auch zu einer verdächtigen WhatsApp
Nachricht, die dieser dem damaligen FPÖ-Klubobmann, Johann Gudenus, geschrieben hatte. Darin war von einem „Deal“die Rede.
Hier sei gemeint gewesen, dass er mittels Geschäftspartnern, die er in der Nachricht als „Freunde“bezeichnete, den Eigentümer der tschechischen Sazka-Gruppe, Karel Komarek,´ von einem Rückzug überzeugen wollte. Sazka hielt damals schon maßgebliche Anteile an der Casinos. Gekommen ist es dann ganz anders. Die Novomatic verkaufte ihren Casinos-Anteil an das Glücksspiel-Konglomerat Sazka, wodurch die Gruppe CasinosMehrheitseigentümer wurde.
Sidlo war jedenfalls vom damaligen blauen Vizekanzler, Heinz-Christian Strache, unterstützt worden, um in die Position des Casinos-Finanzvorstands zu kommen. „Strache war über viele, viele Jahre ein Förderer von mir“, führte der 47-Jährige nun aus. Strache habe viel von ihm, Sidlo, gehalten, so der Kläger, der nun als selbstständiger Unternehmensberater arbeitet.
Mehr als ein Bezirksrat
Apropos Beruf bzw. Qualifikation: Schon als Auskunftsperson im Ibiza-U-Ausschuss hatte es Sidlo „bemerkenswert“gefunden, dass er, ein Mann „mit reichlich Kapitalmarkt- und Compliance-Erfahrung“, medial oft als ehemaliger Wiener FPÖ-Bezirksrat abgestempelt wurde – „als wäre das meine einzige Qualifikation“.
Im Herbst 2018 sei er auch mit Harald Neumann, dem damaligen Novomatic-Chef, in Kontakt getreten. Auch Strache habe mit Neumann gesprochen. „Ich war aber nie ein FPÖ-Kandidat, sondern ein
Kandidat, der von der Novomatic unterstützt wurde.“
Und nun? Ein Vergleich zwischen dem Kläger und der Casinos scheint ausgeschlossen, solange strafrechtliche Ermittlungen gegen Sidlo laufen. Wie aus den Gesprächen der Richterin mit den Anwälten hervorging, war die Casag zuletzt nicht bereit, Sidlo mehr als drei Monatsbezüge anzubieten.
Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft führt Sidlo im Casinos-Akt als einen von inzwischen 20 Beschuldigten. Es geht um Vorgänge, die sich zur Zeit der türkis-blauen Regierung abgespielt haben.
Auf der einen Seite Sidlos von der Novomatic getragene Vorstandsbestellung, auf der anderen Seite Absprachen zu Lizenzen für die Novomatic – dieser mutmaßliche Deal wird den Beschuldigten vorgeworfen. Und von diesen bestritten. Es gab in der Causa schon mehrere Hausdurchsuchungen bei FPÖ- und ÖVP-Politikern. Wann das Gericht über die Klage entscheidet, ist offen. (m. s./APA)