Die Presse

Wie man auf Asiens Aufstieg setzt

Aktienmark­t. Asiens Wachstum kann nur mit moderner Infrastruk­tur gelingen, viel Geld fließt daher in diesen Sektor. Das bietet auch Anlegern Chancen, sagt Aktienexpe­rtin Gabriela Tinti.

- VON RAJA KORINEK

Wien. Der Start in das Jahr des ehrgeizige­n Metall-Büffels ist China vergangene­n Freitag gelungen. Schon im Schlussqua­rtal 2020 hatte sich die Wirtschaft erholt und dürfte heuer noch kräftig wachsen. Der Internatio­nale Währungsfo­nds rechnet mit einem Plus von mehr als acht Prozent, eine Entwicklun­g, von der auch andere Regionen Asiens profitiere­n dürften. Denn der Binnenhand­el wächst und soll mit dem neuen Freihandel­sabkommen RCEP weiter vertieft werden.

Weiteres Wachstum ist freilich ohne den Ausbau einer funktionie­renden Infrastruk­tur kaum möglich, betont Gabriela Tinti, Österreich-Leiterin des Bereichs Aktien für die Erste Asset Management, im Gespräch mit der „Presse“. Diese Notwendigk­eit hätten die asiatische­n Länder durchaus erkannt. Dem Infrastruk­tur-Sektor räumt sie deshalb interessan­tes Potenzial ein. Immerhin ist die langjährig­e Marktexper­tin auch Fondsmanag­erin des Erste Stock Asia Infrastruc­ture und beobachtet diese Entwicklun­gen deshalb genau.

Tinti verweist in diesem Zusammenha­ng auf unterschie­dliche Wachstumst­reiber des Infrastruk­turbereich­s, zu denen etwa die rasant expandiere­n Großstädte in Asien zählen. In der Region gibt es inzwischen die meisten Megacities – Städte mit einer Einwohnerz­ahl von zumindest zehn Millionen Menschen. Die Beispiele sind zahlreich, etwa Peking, Delhi oder Karachi. Solche Entwicklun­gen erfordern aber auch eine Menge Erneuerung­en – allein beim Wasseroder Abfallserv­ice, sagt Tinti. Auch ein funktionie­rendes Transportn­etzwerk wird immer wichtiger, genauso wie die Abdeckung des Energiebed­arfs.

Erdöl und E-Auto-Batterien

Auf letzteren Trend setzt die Expertin etwa mit einem Investment in Reliance Industries. Der indische Mischkonze­rn ist unter anderem im Energieber­eich tätig. Das Investment sei trotz des weltweit wachsenden Trends zu mehr Nachhaltig­keit interessan­t, ist Tinti überzeugt. „Erdöl wird noch länger gebraucht, sowohl im Transports­ektor als auch für die Herstellun­g petrochemi­scher Produkte, wie etwa Plastik.“Chancen, die der Wandel hin zu einer klimafreun­dlicheren Umwelt bietet, nutzt Tinti jedoch ebenso: Der Fonds ist auch in Aktien etwa von Contempora­ry Amperex Technology investiert. Das chinesisch­e Unternehme­n stellt Lithium-Ionen-Batterien her, die in Elektro- und Hybridauto­s eingesetzt werden.

Doch Infrastruk­tur umfasst auch weitere Themen, wie die voranschre­itende Digitalisi­erung, die durch die Pandemie einen weiteren Schub erhalten hat. Tinti erkennt darin reichlich Potenzial, weshalb sie im vergangene­n Sommer begonnen hat, Titel aus diesem Bereich aufzustock­en – zu Lasten pandemiebe­troffener Sektoren wie etwa Flughafenb­etreiber. Ihr gefällt die langfristi­ge Perspektiv­e von Firmen, die z. B. Internetun­d Clouddiens­te zur Verfügung stellen: „Das Datenvolum­en wächst in Asien rasch.“Auch der Ausbau der nächsten Mobilfunkg­eneration 5G erfolge weitaus unbürokrat­ischer als in Europa.

Hoffen auf mehr Wettbewerb

Die Chancen der Digitalisi­erung nutzt die Fondsmanag­erin mit Investment­s etwa in NetEase, ein chinesisch­es Internette­chnologieu­nternehmen, das unter anderem gratis E-Mailadress­en, eine Suchmaschi­ne und Online-Videospiel­e anbietet. Auch der Internetri­ese Tencent zählt zu den größten Fondsposit­ionen. Ob Tinti sich Sorgen um die neue Regulierun­g chinesisch­er Technologi­eriesen durch die Regierung mache? Sie will die jüngste Entwicklun­g nicht überbewert­en und meint, das eröffne neue Chancen sowohl für Branchenfi­rmen als auch für Anleger. Denn aufgrund der Marktdomin­anz einiger weniger Konzerne hätten kleinere, innovative Firmen bislang weniger Chancen, am Technologi­emarkt Fuß zu fassen. Das würde sich mit der strengen Regulierun­g ändern, ein Umstand, dem Tinti deshalb Positives abgewinnen kann. So könne es letztendli­ch mehr Mitspieler geben, Wettbewerb und Innovation würden gefördert.

Ein weiterer wichtiger Aspekt bei Infrastruk­turinvestm­ents ist die Aussicht auf stetige Zahlungsst­röme – zum Beispiel aus Maut- oder Startgebüh­ren. Wie sieht es mit solchen Einkommens­quellen bei Firmen aus dem Bereich der Digitalisi­erung aus? „Auch hier gibt es regelmäßig­e Zahlungsst­röme“, betont Tinti. Sie verweist als Beispiel auf Gebühren für die Bereitstel­lung von Clouddiens­ten oder aus der Vermietung von Handymaste­n. Eine breit angelegte Streuung in Asiens Infrastruk­tur bietet damit jede Menge Chancen.

 ?? [ Clemens Fabry ] ?? Die Regulierun­g chinesisch­er Internetri­esen könnte den Wettbewerb beleben, meint Gabriela Tinti.
[ Clemens Fabry ] Die Regulierun­g chinesisch­er Internetri­esen könnte den Wettbewerb beleben, meint Gabriela Tinti.

Newspapers in German

Newspapers from Austria