Die Presse

Unser Pandemieve­rein

- VON EVA WINROITHER

Wir haben einen Turnverein gegründet. Jetzt. Während der Pandemie und ohne ihn aufs Papier zu bringen. Aber während die Regierung offenbar glaubt, dass Sport eine Gefahr für Leib und Leben ist, glauben die Sportfreun­de und ich, dass er unser Leben verbessern wird. Jetzt heißen wir „Turnverein Parkbande“und wollten uns einmal die Woche zum „Emom“-Crossfittr­aining im Park treffen. Mit Abstand und nur 30 Minuten lang. Ausreden gibt es deshalb keine. Dachte ich.

Wir, das sind der Surflehrer und der Rotkreuzfa­hrer, der versproche­n hat, uns in besseren Zeiten so schnell zum Strand zu fahren, wie es der Tachometer hergibt. Wir werden das natürlich nie tun. Aber die Idee gefällt uns. Jedenfalls. Jeder im Verein hat eine Rolle: Der Rotkreuzfa­hrer ist Master of Time, Food and Outfit und der Surflehrer ist der Kassier, weil er sich mit Kryptowähr­ung auskennt. Ich bin Oberturnle­hrerin und offenbar auch allein für die Motivation zuständig.

Trafen wir uns also an einem kalten Herbsttag im Beserlpark. Der Rotkreuzfa­hrer hat gleich die Einserpani­er angehabt: neongelb-orange-pinke Leggins, giftgrünes T-Shirt und Regenbogen­stirnband. Akute Netzhautve­rbrennung der Augen inklusive. Der Surflehrer kam mit dem Fahrrad und meinte, ihm sei jetzt schon kalt.

Ich hab die Übungen angesagt und „Los, los!“gerufen: 50 Meter laufen, Liegestütz, Kniebeugen, Side Planks und eine Art Kopfstand. Nach der ersten Runde hat der Rotkreuzfa­hrer erklärt, dass er für heute genug trainiert hat. Das war nach fünf Minuten.

Dass er von allen am trainierte­sten ausschaut, ist ein Fehler in der Matrix. Immerhin: Der Surflehrer und ich hielten 30 Minuten durch. Danach aßen wir Kuchen, den der Rotkreuzfa­hrer mitgebrach­t hatte. Der Verein hat sich seither nicht getroffen. Zwei unserer drei Mitglieder haben ein akutes Motivation­sproblem. Nun diskutiere­n wir, ob wir doch lieber eine Tischtenni­sgruppegp oder ein Skateclub sein wollen. „Keine stumpfen Übungen“, sagt der Surflehrer. Der Rotkreuzfa­hrer will sich, wenn es wieder erlaubt ist, auf „Bierdates“treffen. Er hält das Soziale beim Sport für wichtiger als die Bewegung selbst.

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