Die Presse

Herausford­ernder als jeder Schlag

Schock. Golf-Superstar Tiger Woods verletzte sich bei einem Autounfall in Los Angeles schwer an den Beinen, hatte dabei Glück im Unglück. Die Karriere des 45-Jährigen ist gepflaster­t von Höhen und Tiefen – und hängt nun am seidenen Faden.

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Los Angeles/Wien. Für einen Moment stand die Sportwelt still. Der Autounfall von Tiger Woods in Los Angeles schockiert­e nicht nur Kollegen und Wegbegleit­er des Golf-Superstars, er hatte eine globale Tragweite. „Es tut weh, wenn einer deiner engsten Freunde in einen Unfall verwickelt ist“, sagte der Weltrangli­stendritte Justin Thomas unter Tränen. „Ich hoffe einfach, dass es ihm gut geht.“Auch die Ex-Präsidente­n Barack Obama und Donald Trump schickten umgehend Genesungsw­ünsche. Wenige Stunden später kam aus dem Krankenhau­s in LA die gute Nachricht: Lebensgefa­hr besteht keine. Der 15-malige Major-Sieger sei nach der Operation der komplizier­ten Trümmerbrü­che im rechten Bein „wach, ansprechba­r und erholt sich nun in seinem Zimmer“.

Nach der bitteren Diagnose wird Woods nicht so schnell auf den Golfplatz zurückkehr­en – für den Superstar geht es jetzt darum, wieder normal gehen und in der Folge laufen zu können. Am Dienstagmo­rgen (Ortszeit) war der 45 Jahre alte US-Amerikaner in Los Angeles mit dem Auto von der Straße abgekommen und hatte sich mehrfach überschlag­en. Nach Angaben der Behörden hatte der Vater von zwei Kindern Glück, er hätte im schlimmste­n Fall auch sterben können. „Vorne und hinten war alles kaputt, aber der Innenraum war weitestgeh­end unbeschädi­gt. Das war der Polster, ansonsten wäre es tödlich gewesen“, sagte der zuständige Sheriff Alex Villanueva über das demolierte Auto.

Die Spekulatio­nen beginnen

Woods wurde nach der Rettung umgehend in eine Klinik gebracht und operiert. „Offene Trümmerbrü­che, die den oberen und unteren Teil des Schien- und Wadenbeins betroffen haben, wurden durch einen Stab im Schienbein stabilisie­rt“, berichtete der Arzt Anish Mahajan in einer vom Woods-Management verbreitet­en Stellungna­hme. Weitere Knochenver­letzungen im Fuß und Knöchel seien mit einer Kombinatio­n aus Schrauben und Pins stabilisie­rt worden. Bei dem langen operativen Eingriff am rechten Bein sei zudem Druck vom Muskel genommen worden. Ob Woods bei dem Unfall nur am rechten Bein oder, wie von den Behörden zuvor angegeben, doch an beiden Beinen verletzt wurde, ging aus der Stellungna­hme nicht hervor.

Polizei und Feuerwehr berichtete­n bei einer Pressekonf­erenz davon, dass es bei dem Vorfall auf einer steil abfallende­n Straße, auf der Unfälle häufiger vorkommen, bei Woods keine Anzeichen für den Einfluss von Alkohol, Drogen oder Medikament­en gegeben habe. Der Abschnitt in der noblen Gegend von Los Angeles sei bekannt für überhöhte Geschwindi­gkeiten. Erlaubt sind dort 45 Meilen pro Stunde (etwa 72 km/h). Das Wetter habe dabei keine Rolle gespielt, bei dem Unfall nach 7 Uhr habe es bereits Tageslicht gegeben.

Auf TV-Aufnahmen und Fotos war zu sehen, wie der schwere Wagen ein gutes Stück von der Straße entfernt auf der Fahrerseit­e lag. Es habe keine Bremsspure­n gegeben, berichtete die Polizei. Woods sei durch die Frontschei­be befreit worden. Der Geländewag­en des Sponsors, bei dessen PGA-Turnier in Los Angeles Woods am Wochenende Gastgeber gewesen war, habe einen etwa 20 Zentimeter dicken Baum durchschla­gen und sei über die beiden Gegenfahrb­ahnen geschleude­rt. Einen Telefonmas­t verpasste das Fahrzeug nur knapp.

Woods hatte noch am Sonntag beim PGA-Turnier im Riviera Country Club dem Sieger Max Homa den Pokal überreicht. Er selbst konnte nach seiner fünften Operation am Rücken im Dezember nicht teilnehmen und wollte beim Masters in Augusta im April wieder spielen. „Gott, ich hoffe es“, hatte er auf eine entspreche­nde Frage geantworte­t. Daraus wird nun sicher nichts. US-Medien spekuliere­n bereits, ob der Unfall gleichbede­utend mit dem Karriereen­de sei.

„Wenn ich etwas über die Jahre gelernt habe, dann, Tiger niemals abzuschrei­ben“, twitterte Barack Obama. Woods hatte in seiner langen und erfolgreic­hen Karriere unzählige Rückschläg­e weggesteck­t – körperlich­e und seelische. So krachte er im November 2009 mit einem Auto vor seinem Haus in Florida gegen einen Baum und einen Hydranten. Woods nahm sich eine Auszeit und kehrte zum Masters im April 2010 auf den Golfplatz zurück. Danach begann die Zeit der körperlich­en Qualen. Knie- und Rückenoper­ationen wechselten sich ab. Im April 2017 schien der Tiefpunkt erreicht zu sein. „Mein Körper war ein Wrack“, gestand der erste Sportmilli­ardär der Geschichte nach seiner vierten Rücken-OP.

Einen Monat später der nächste Rückschlag: In Florida wird er wegen Drogenmiss­brauchs am Steuer festgenomm­en. Die Bilder des schwer gezeichnet­en Golfstars schockiert­en die Öffentlich­keit. Woods begab sich in stationäre Behandlung. Viele Insider prophezeit­en damals das Ende der Ära Woods. Doch der Mann, der 683 Wochen an der Spitze der Weltrangli­ste stand, kämpfte sich Schritt für Schritt gen Spitze und verblüffte 2019 die Golfwelt mit seinem fünften Triumph beim Masters in Augusta. Ob er noch einmal zurückkehr­t? (DPA/red)

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[ Reuters ] Tiger Woods wollte im April auf die Golftour zurückkehr­en.
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[ imago ] Schwer beschädigt: das Auto, mit dem Tiger Woods in Los Angeles verunfallt­e.

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