Home-Office: In Deutschland haben Arbeitnehmer die Wahl
Telearbeit. Laut einer Covid-Sonderregelung müssen deutsche Firmen Arbeitnehmern, wenn möglich, Home-Office anbieten – vorerst bis 15. März.
wien. Der steuerliche Teil des österreichischen Home-Office-Gesetzespakets stand am Mittwoch auf der Agenda des Nationalrats. Gegenüber dem Entwurf gibt es Nachbesserungen: So reichen nun 26 Tage Home-Office im Jahr für die Absetzbarkeit von ergonomisch geeignetem Mobiliar. Absetzbar sind bis zu 300 Euro pro Jahr, zusätzlich sind 300 Euro vom Arbeitgeber zur
Abgeltung von Mehrkosten im Home-Office steuerfrei. Die Regelungen sollen vorerst bis 2023 gelten und dann evaluiert werden.
Für den arbeitsrechtlichen Teil des Gesetzespakets steht die Beschlussfassung noch aus. Am Termin 1. April für das Inkrafttreten wolle man jedoch festhalten, verlautete am Dienstag aus dem Arbeitsministerium. Wirtschaftskammer und Industriellenvereinigung hatten für eine Verschiebung plädiert, um Firmen mehr Zeit für die Umsetzung zu geben.
Dass da einiges auf die Unternehmen zukommt, bestätigen Juristen im Gespräch mit der „Presse“. „Zum Beispiel wird man Aufzeichnungen über die Home-Office-Tage brauchen“, sagt Wolfgang Kapek, Leiter des Arbeitsrechtsteams bei Taylor Wessing CEE. Dass dabei nur volle Tage zählen sollen, macht es nicht einfacher. „Leute arbeiten ja oft am selben Tag teils zu Hause und teils anderswo“, gibt Arbeitsrechtsexpertin Sandra Popp zu bedenken. Unklar sei zudem, was bei vom Home-Office aus absolvierten Terminen oder Dienstreisen gelten soll. Dass das Gesetz nur auf die Privatwohnung abstellt und nicht auf mobiles Arbeiten an sich, stößt generell auf viel Kritik.
Schneller als Deutschland
Erstaunlich ist indes eine andere Tatsache – dass Österreich nun offenbar früher ein Home-Office-Gesetz bekommt als Deutschland. Dort sei ein Gesetz für mobiles Arbeiten in Planung gewesen, aber nicht über zwei Entwürfe hinausgekommen, sagt Marc Gimmy, Employment-Partner bei Taylor Wessing Deutschland. Knackpunkt im zweiten Entwurf war ein darin vorgesehener Anspruch auf Home-Office für Arbeitnehmer.
„Das war aber vor Corona“, sagt Gimmy. Inzwischen gibt es in Deutschland eine Corona-Arbeitsschutz-Verordnung, die tatsächlich ein solches Recht vorsieht: „Der Arbeitgeber hat den Beschäftigten im Fall von Büroarbeit oder vergleichbaren Tätigkeiten anzubieten, diese Tätigkeiten in deren Wohnung auszuführen, wenn keine zwingenden betriebsbedingten Gründe entgegenstehen“, heißt es dort. Die Arbeitnehmer haben somit die Wahl, und Arbeitgeber müssen Home-Office in den meisten Fällen erlauben. Die Behörden prüfen das auch, bei Nichteinhaltung drohen Geldbußen.
Die Geltung dieser Verordnung endet am 15. März. Angesichts des Infektionsgeschehens ist jedoch eine Verlängerung wahrscheinlich. Umso mehr, als in jüngster Zeit veröffentlichte Studien nahelegen, dass das Ansteckungsrisiko bei langem Aufenthalt in geschlossenen Räumen deutlich höher sein dürfte als bisher gedacht. Aber selbst ohne Prolongierung der Verordnung werden wohl nicht gleich alle in die Büros zurückbeordert werden. Denn die Arbeitgeber bleiben für den Schutz der Mitarbeiter verantwortlich. Cluster im Büro sind zudem ein hohes wirtschaftliches Risiko – und ein Haftungsrisiko für Geschäftsleiter: Wird ein Teammitglied krank, müsste das gesamte Team ausgetauscht werden. Doch kaum ein Unternehmen hat dafür Personalreserven.
Braucht man ein Gesetz?
Für österreichische Firmen gilt das genauso. Einen allgemeinen Anspruch auf Home-Office während der Pandemie gibt es in Österreich jedoch nicht. Ein solcher gilt nur für Angehörige der Risikogruppen, und zwar vorerst bis Ende März.
In Deutschland wird indes diskutiert, ob die dortige Covid-Sonderregelung womöglich zu einem dauerhaften „Recht auf Home-Office durch die Hintertür“führen könnte. Darüber sind die Ansichten geteilt – ebenso wie darüber, ob man für die Zeit nach der Pandemie überhaupt eine gesetzliche Regelung braucht. Gimmy verweist auf zahlreiche Betriebsvereinbarungen in deutschen Unternehmen, die mobiles Arbeiten ohnehin längst regeln. Insofern könnte man auch ohne Gesetz auskommen, meint er. Ausgenommen beim Thema Unfallversicherungsschutz, das in Deutschland ähnliche Probleme schafft wie in Österreich.