Die Presse

Neuordnung für Glücksspie­l-Aufsicht

Ministerra­t. Das Finanzmini­sterium soll nicht mehr direkt für Glücksspie­l zuständig sein. Im Rahmen der Reform soll auch stärker reguliert werden.

- VON JAKOB ZIRM

Wirtschaft. Die Bundesregi­erung wird die angekündig­te Entflechtu­ng der Glücksspie­lkompetenz­en umsetzen. Dazu sollen die entspreche­nden Agenden aus dem Bereich des Finanzmini­steriums herausgelö­st und in eine unabhängig­e und weisungsfr­eie Glücksspie­lbehörde übertragen werden. Das gab Vizekanzle­r Werner Kogler (Grüne) am Mittwoch nach der Ministerra­tssitzung bekannt.

Eine neue Glücksspie­laufsichts­behörde soll die Aufgaben der operativen Glücksspie­laufsicht übernehmen. Deren Bestellver­fahren ist freilich noch offen, wie Kogler auf Nachfrage sagte. Für die noch wesentlich heikleren Lizenz- und Konzession­sverfahren wird ein richterlic­her Konzession­s-Senat zuständig sein. Dabei sollen strenge Unvereinba­rkeits-, Transparen­z- und Compliance­Bestimmung­en angewendet werden.

Wien. Angedacht war der Schritt schon seit Längerem, und auch im türkis-grünen Regierungs­programm ist er festgeschr­ieben. Dass es nun besonders schnell geht, dürfte aber vor allem mit den jüngsten Ermittlung­en der Wirtschaft­s- und Korruption­sstaatsanw­altschaft gegen Finanzmini­ster Gernot Blümel rund um von ExNovomati­c-Chef Harald Neumann angebotene Spenden für die ÖVP zu tun haben. Blümel weist jegliche Vorwürfe einer Spende durch Novomatic zurück. Am Mittwoch wurden im Ministerra­t jedenfalls Nägel mit Köpfen gemacht und eine „Kompetenz-Entflechtu­ng“des Finanzmini­steriums beim Thema Glücksspie­l beschlosse­n.

Bisher ist das Finanzmini­sterium ja einerseits (über die staatliche Beteiligun­gsagentur Öbag) Eigentümer­vertreter der Casinos Austria und anderersei­ts zuständige Kontrollbe­hörde für sämtliche Glücksspie­lunternehm­en. Diese Doppelfunk­tion soll künftig durchbroch­en werden, indem die Agenden in eine unabhängig­e und weisungsfr­eie Glücksspie­lbehörde übertragen werden.

Wer bestellt die Behörde?

Konkret soll diese neue Behörde die operative Aufsicht über das Gebaren der Glücksspie­lunternehm­en wahrnehmen. Beim noch wesentlich heikleren Thema der Konzession­svergabe, die in der Regel alle zehn Jahre ansteht, soll zudem auch noch ein „richterlic­her Konzession­ssenat“zwischenge­schalten werden. Dabei soll es strenge Unvereinba­rkeits-, Transparen­zund Compliance-Bestimmung­en geben, um Beeinfluss­ung durch Firmen zu verhindern.

Bei der Entflechtu­ng wolle man sich an „internatio­nalen Vorzeigemo­dellen“orientiere­n, heißt es von Blümel. Und auch der Koalitions­partner zeigt sich erfreut. Es sein ein wichtiger Schritt im Kampf gegen die Spielsucht, so Vizekanzle­r Werner Kogler.

Die Details müssen jedoch erst bis zum Begutachtu­ngsentwurf im April ausverhand­elt werden. So ist etwa noch nicht klar, wie die künftig wichtige Funktion der Behördenle­itung bestellt wird. Möglich seien hierbei ein Beschluss des Ministerra­ts auf Vorschlag des Finanzmini­steriums, aber auch eine Bestellung durch das Parlament oder den Bundespräs­identen, heißt es auf Anfrage der „Presse“im – noch – zuständige­n Ministeriu­m. Ähnliches gilt für die Details des Konzession­ssenats.

Weniger Werbung

Auch bei den inhaltlich­en Punkten der geplanten Reform ist noch einiges nicht ganz klar. So sollen „die Rahmenbedi­ngungen von Werbung von Glücksspie­l in Analogie zu den Bestimmung­en im Tabakgeset­z präzisiert“werden. Im Finanzmini­sterium heißt es dazu, dass dies wohl eine Verschärfu­ng – also weniger Werbung – bringe.

Stärker eingeschrä­nkt wird auch die Vergabe der Lizenzen. So sollen die drei nicht vergebenen Casino-Lizenzen komplett gestrichen werden. Noch schmerzhaf­ter für die Casinos Austria ist aber die geplante Streichung der bundesweit­en Lizenz für Video-LotterieTe­rminals (VLT). Damit konnten auch in jenen Bundesländ­ern Automatens­piel angeboten werden, die das sogenannte kleine Glücksspie­l untersagt haben (Salzburg, Tirol, Vorarlberg und Wien). Die Casinos betreiben 13 ihrer 21 VLTSpielst­ätten in diesen Ländern.

Aber auch für die Konkurrenz sollen härtere Zeiten anbrechen. So soll die Sperre von – laut heimischer Judikatur – illegalen Seiten mittels DNS-Blocking forciert werden. Wird dies ernsthaft umgesetzt, wären davon sämtliche Online-Spielanbie­ter abseits der Casinos-Tochter Win2day betroffen.

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