Reiseführer: Die schönsten Teststraßen
Einen Besuch zum Testen kann man auch zu einem touristischen Highlight machen – von Schlössern, in die man sonst nicht so leicht kommt, bis zur alten Apotheke. Und bei einigen Stationen bietet sich ein Ausflug in die Umgebung an.
WIEN
Beim Testen kann man an Orte gelangen, zu denen man sonst nicht so leicht kommt.
1 Test statt Rock
Betritt man die Stadthalle, es liegt immer ein Zauber in der Luft. Scheinwerferlicht, Hallenluft, Musik aus mächtigen Anlagen – unterbrochen von der Ansage, man möge QR-Code und E-Card bereithalten. Tagtraum vorbei, es ist noch immer Pandemie, noch immer sind Covid-Tests die einzigen Live-Erlebnisse in Hallen. Immerhin geht es schnell: Code zeigen, Abstrich, Ö3 spielt Jacksons „They Don’t Care About Us“, der Mann mit Dutt singt mit, nickt im Takt, während er den Test durchführt. Warten, keine 20 Minuten nach Betreten verlässt man die Halle wieder – mit Testnachweis und der Vorfreude auf Besuche, bei denen die Tests nur eine seltsame Erinnerung sein werden. (cim)
2 Abfluggefühl
Schon wenn man beim Reinkommen den QRCode am Handy herzeigt, fühlt es sich nach Passkontrolle auf dem Flughafen an – und auch sonst verbreitet die große Halle im Austria Center, in der die Antigentests durchgeführt werden, durchaus eine Abflugatmosphäre: Man stellt sich ständig in einer Reihe an, geht von einer Station zur nächsten, wartet (wenn auch deutlich kürzer als auf den Abflug). Statt Fluglinienuniform trägt das Personal weiße Ganzkörper-Schutzanzüge, ist aber genauso freundlich. Am letzten Schalter gibt es dann das (hoffentlich negative) Testergebnis. Wenn auch leider kein Boarding. (mpm)
3 Wieder Schule
Barren, Stufenbarren, Gymnastikbälle und gestapelte Langbänke – hier werden Erinnerungen an den Turnunterricht in der Schule wach. Zugegeben, extra dafür die Anreise in die Ökoschule Anton-Baumgartner-Straße auf sich zu nehmen, ist ein bisschen viel verlangt. Wer den Test allerdings mit Sightseeing verbinden will, kann einen Ausflug in den Wohnpark Alt-Erlaa anhängen. Die Siedlung gilt als Vorzeigeprojekt einer Satellitenstadt. Anreise per U6, Station Alterlaa. (eko)
4 Garage im Dorf
Wer auf Sauna, Ruheraum und Liegestuhl hofft, wird enttäuscht. Die Testraße ist in der schnöden Parkgarage der Therme untergebracht – hier gibt es nicht einmal Handyempfang. Wer aber den Weg nach Favoriten auf sich nimmt, kann einen Spaziergang im Kurpark Oberlaa anhängen. Oder entlang der Grenze von bebauter Stadt und landwirtschaftlichen Flächen erforschen, wie sich städtische Randlage anfühlt. Noch hat Oberlaa einen dörflichen Charakter – einen Besuch wert, solang es noch nicht verbaut ist. (eko)
5 Imperial
Der Blick aus dem Auto, wenn man sich in der Drive-in-Teststraße gegenüber vom Schloss einreiht, ist schon kein schlechter. Wer noch mehr imperiale Eindrücke will, kommt aber zu Fuß und lässt den Antigentest in der Orangerie direkt im Schloss durchführen. Viel eleganter als auf den roten Samtsesseln in dem prunkvollen hohen Raum lässt es sich wohl nirgendwo sonst auf das Testergebnis warten. Kein Wunder, dass auch das internationale Interesse groß war: Von CNN bis „FAZ“wurde über die CoronaTeststraße in Wiens bekanntester Touristenattraktion berichtet, auch das Schloss Versailles war angetan.
Wer ein bisschen Zeit mitbringt (das Testen geht hier sehr schnell), könnte einen Besuch im Schloss anhängen, das aktuell donnerstags bis sonntags geöffnet hat. Mangels Touristen hat man es derzeit (fast) für sich. (mpm)
6 Abrissparty
Ein Besuch in der vom Ernst-Happel-Stadion hierhin übersiedelten Fußgänger-Teststraße ist die wahrscheinlich letzte Möglichkeit, das Ferry-Dusika-Stadion zu besichtigen. Denn der charmebefreite 1970er-Jahre-Bau, der in seinen besseren Jahren sogar Radweltmeisterschaften beherbergte, steht kurz davor, dem Erdboden gleichgemacht zu werden. Von Abrissparty kann aber keine Rede sein. Getestet wird in der Vorhalle zwischen den Stiegenaufgängen mit einer beinahe stoischen Ruhe und ohne Musikbeschallung. Einziger Glamour-Faktor: der breite, überdachte Zugangsweg, bei dem man sich ein klein wenig wie ein Fahrradstar auf dem Weg zu der jubelnden Menge fühlt. (twi)
7 Wellness-Test
Will man die Pandemie um eine Verschwörungstheorie bereichern, man könnte meinen, dahinter stecke der Plan, die Wiener vom Image der ewig Grantigen zu befreien. Ob Teststraße, Checkbox, Apotheken, man trifft auffallend freundliche, motivierte, gut gelaunte (meist junge) Testteams. Den größten Charme- und Wellness-Faktor aber gibt es in der Mariahilfer Saint-Charles-Apotheke. Getestet wird im Gassenlokal nebenan, es duftet nach ätherischen Ölen, das Team bemüht sich sehr um das Wohl, Wartezeit gibt es keine, die Bestätigung kommt per Mail und zum Abschied gibt es ein Fläschchen Desinfektionsmittel – mit Wohlfühlduft. (cim)
8 Geisterspiel
Wer die freudige Anspannung vor einer Live-Sportveranstaltung vermisst, ist mit der Teststation beim Stadion gut bedient. Bei der ersten Teststraße Wiens schafft man es zwar nur auf den Vorplatz des Ernst-Happel-Stadions, dafür sorgt der Würstelstand am Ende der Drive-in-Straße auch in Zeiten von Geisterspielen für die angemessene Verpflegung. Die Wartezeiten sind längst nicht mehr so lang wie einst, als alle KroatienRückkehrer hier einkehrten. Bleibt also noch Zeit für einen Spaziergang im grünen Prater. (twi)
9 Historisch
Wer in Wien wohnt und bisher keinen Anlass gefunden hat, das Schloss Neugebäude in Simmering zu besuchen, obwohl es sich dabei um das größte erhaltene Renaissanceschloss nördlich der Alpen handelt und der Innenhof bis 2017 als Kulisse für eines der beliebtesten Sommerkinos der Stadt gedient hat, bekommt jetzt einen weiteren Grund dazu. Seit vergangenem Sonntag findet sich dort die neunte Teststraße Wiens.
Getestet wird täglich zwischen 6 und 21 Uhr in den – sonst nicht öffentlich zugänglichen – Veranstaltungssälen im historischen Gewölbe. Für Simmeringer empfiehlt es sich, den Test mit einem Spaziergang (am besten durch die Kleingartensiedlung Neugebäude) oder einer Radtour zu verbinden. Wer mit dem Auto kommt, kann in der Nähe (gebührenfrei) parken. Auch ein Bus fährt hin, und zwar die Linie 73A. (kb)
10 In der Bar
Wie sehr man das Nachtleben vermisst, wird einem bewusst, wenn man wieder Barluft schnuppern darf. Das ist dieser Tage in Dino’s Apothecary Bar möglich. Immerhin ist der Betreiber, Heinz Kaiser, gelernter Apotheker. Also hat er seine erst vor einem Jahr renovierte Bar am Salzgries zu einer Teststation umfunktioniert. Getestet wird von Montag bis Samstag (12–19.30 Uhr, Anmeldung www.virinnox.com). Betritt man die Bar, empfängt einen beschwingte Barmusik, dämmriges Licht, ein freundlicher Herr bittet um die E-Card und anschließend in ein kleines Separee, in dem eine ebenso freundliche Dame „Rachen oder Nase“fragt. Von einem Drink kann man leider nur träumen. (ks)
11 Test & Burger
Einen Schritt weiter geht das Lokal Kolin am Schottentor (Kolingasse 5). Dort wird nämlich Testen und Essen angeboten, natürlich coronamaßnahmenkonform. Essen gibt es hier also nur zum Mitnehmen, aber das ist ja auch schon viel wert.
In Kooperation mit der St.Martin-Apotheke hat das Lokal eine „Test’n’Taste“-Station eingerichtet, wie es hier genannt wird. Dank zweier separater Eingänge kann man hier einerseits einen Schnelltest durchführen lassen (Mo–Fr, 9–18, Sa, 9–14 Uhr), auf der anderen Seite des Lokals kann man Focaccia, Burger oder Backhendl mit nach Hause nehmen. (ks)
12 Im Cafe´
Montags, mittwochs und donnerstags darf das Cafe´ 7 Brunnen in der Reinprechtsdorfer Straße wieder aufsperren – wenn auch nur als Coronatestlokal. Die Gratisabstriche führt das Team der Siebenbrunnenapotheke im – vorsichtig formuliert – originell dekorierten Cafe´ durch. Wartezeiten gibt es dank Voranmeldung (01/544 23 19) nicht – den Ausflug könnte man für eine Runde durch den Fünften nutzen: Bacherpark (mit tollem Spielplatz) und BrunoKreisky-Park sind nah. (mpm)