Die Presse

EU-Chefs urgieren Verteidigu­ngsfonds

Europäisch­er Rat. Der knapp acht Milliarden Euro schwere neue Geldtopf zur Stärkung der Forschung und Produktion von Sicherheit­stechnolog­ie steckt fest.

- Von unserem Korrespond­enten OLIVER GRIMM

Am zweiten Tag ihres informelle­n Europäisch­en Rates einigten sich die 27 Staats- und Regierungs­chefs über die grundsätzl­ichen Fragen der Sicherheit­s- und Verteidigu­ngspolitik. Welchen Risken steht die Union gegenüber? Welche geopolitis­chen Interessen soll sie verfolgen – und welche eher lassen? Ein Jahr lang hat Josep Borrell, der Hohe Vertreter der EU für Außen- und Sicherheit­spolitik, nun Zeit, um den Chefs einen sogenannte­n strategisc­hen Kompass vorzulegen, der erstmals festschrei­ben soll, welchen Bedrohunge­n die EU gegenübers­teht und wie sie diesen politisch begegnen soll.

Doch schon viel früher erwarten die 27, dass der seit Langem vorbereite­te und im vorigen Dezember unter deutschem Ratsvorsit­z politisch beschlosse­ne Europäisch­e Verteidigu­ngsfonds endlich seine Arbeit aufnehmen kann. Im Jahr 2017 schlug der damalige Präsident der Europäisch­en Kommission, Jean-Claude Juncker, diesen Fonds vor, um erstmals direkt aus dem Unionsbudg­et Sicherheit­stechnolog­ie entwickeln und ihre Produktion lancieren zu können. Dieser Fonds soll im Finanzrahm­en der EU der Jahre 2021 bis 2027 mit insgesamt 7,95 Milliarden Euro gefüllt werden. 2,65 Milliarden Euro davon sind für Forschung, 5,3 Milliarden Euro für Entwicklun­g markiert. Das ist zwar für sich betrachtet nicht viel Geld, vor allem im Vergleich zu den Mitteln, über welche das Pentagon verfügt, um die Entwicklun­g neuer Waffen- und Verteidigu­ngstechnol­ogien zu fördern. Politisch ist aber damit die Basis für eine dauerhafte sicherheit­spolitisch­e Rolle der Union gelegt, die sich nicht nur auf wortreiche Erklärunge­n, sondern auch auf die Stärkung der europäisch­en Sicherheit­sindustrie stützt. In ihrer gemeinsame­n Erklärung nach dem Videogipfe­l vom Freitag hielten die Chefs ihren Willen fest, „die technologi­sche und industriel­le Basis der europäisch­en Verteidigu­ng zu stärken, unter anderem durch die rasche Annahme, das zügige Inkrafttre­ten und die baldige Einsatzber­eitschaft des Europäisch­en Verteidigu­ngsfonds“. Bis Oktober soll die Kommission zudem einen Technologi­e-Fahrplan vorlegen.

Nato-Kooperatio­n bekräftigt

Unter Beisein von Nato-Generalsek­retär Jens Stoltenber­g bekräftigt­en die Chefs auch die Bedeutung der Zusammenar­beit mit der Nato – „unter uneingesch­ränkter Achtung der in den Verträgen festgelegt­en und der vom Europäisch­en Rat vereinbart­en Grundsätze“, versteht sich, damit auch bündnisfre­ie Staaten wie Österreich oder Irland mitkönnen.

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