EU-Chefs urgieren Verteidigungsfonds
Europäischer Rat. Der knapp acht Milliarden Euro schwere neue Geldtopf zur Stärkung der Forschung und Produktion von Sicherheitstechnologie steckt fest.
Am zweiten Tag ihres informellen Europäischen Rates einigten sich die 27 Staats- und Regierungschefs über die grundsätzlichen Fragen der Sicherheits- und Verteidigungspolitik. Welchen Risken steht die Union gegenüber? Welche geopolitischen Interessen soll sie verfolgen – und welche eher lassen? Ein Jahr lang hat Josep Borrell, der Hohe Vertreter der EU für Außen- und Sicherheitspolitik, nun Zeit, um den Chefs einen sogenannten strategischen Kompass vorzulegen, der erstmals festschreiben soll, welchen Bedrohungen die EU gegenübersteht und wie sie diesen politisch begegnen soll.
Doch schon viel früher erwarten die 27, dass der seit Langem vorbereitete und im vorigen Dezember unter deutschem Ratsvorsitz politisch beschlossene Europäische Verteidigungsfonds endlich seine Arbeit aufnehmen kann. Im Jahr 2017 schlug der damalige Präsident der Europäischen Kommission, Jean-Claude Juncker, diesen Fonds vor, um erstmals direkt aus dem Unionsbudget Sicherheitstechnologie entwickeln und ihre Produktion lancieren zu können. Dieser Fonds soll im Finanzrahmen der EU der Jahre 2021 bis 2027 mit insgesamt 7,95 Milliarden Euro gefüllt werden. 2,65 Milliarden Euro davon sind für Forschung, 5,3 Milliarden Euro für Entwicklung markiert. Das ist zwar für sich betrachtet nicht viel Geld, vor allem im Vergleich zu den Mitteln, über welche das Pentagon verfügt, um die Entwicklung neuer Waffen- und Verteidigungstechnologien zu fördern. Politisch ist aber damit die Basis für eine dauerhafte sicherheitspolitische Rolle der Union gelegt, die sich nicht nur auf wortreiche Erklärungen, sondern auch auf die Stärkung der europäischen Sicherheitsindustrie stützt. In ihrer gemeinsamen Erklärung nach dem Videogipfel vom Freitag hielten die Chefs ihren Willen fest, „die technologische und industrielle Basis der europäischen Verteidigung zu stärken, unter anderem durch die rasche Annahme, das zügige Inkrafttreten und die baldige Einsatzbereitschaft des Europäischen Verteidigungsfonds“. Bis Oktober soll die Kommission zudem einen Technologie-Fahrplan vorlegen.
Nato-Kooperation bekräftigt
Unter Beisein von Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg bekräftigten die Chefs auch die Bedeutung der Zusammenarbeit mit der Nato – „unter uneingeschränkter Achtung der in den Verträgen festgelegten und der vom Europäischen Rat vereinbarten Grundsätze“, versteht sich, damit auch bündnisfreie Staaten wie Österreich oder Irland mitkönnen.