Die Presse

Der rot-weiß-rote Weg zum Grünen Pass

Covid. Wie man künftig Testergebn­isse oder auch eine Impfung beim Friseur oder bei Reisen nachweisen kann.

- VON ULRIKE WEISER

EU-weit soll ein Grüner Pass nach israelisch­em Vorbild für die Rückkehr alter Freiheiten sorgen. Wie könnte das funktionie­ren? Ein Überblick über den Status quo:

1 Der Grüne Pass soll verschiede­ne Bestätigun­gen dokumentie­ren: negatives Testergebn­is, Infektions­bestätigun­g, Impfung. Ist das technisch möglich? Wird daran gearbeitet?

„Wenn das politisch gewünscht ist, sind wir technisch dafür gut gerüstet“, sagt Markus Kaiser, Geschäftsf­ührer der Bundesrech­enzentrum GmbH (BRZ). Die nötigen Informatio­nen seien vorhanden, man müsse nur ein „Interface“für den Bürger schaffen, wie dieser eine Impfung vorweisen kann. Für Coronatest­s gibt es das bereits. Im Auftrag des Gesundheit­sministeri­ums hat das BRZ dafür eine Lösung mit der Plattform „Österreich testet“(umgesetzt von einer A1-Tochter) gestartet. Kaiser erklärt: Die Testergebn­isse werden verschlüss­elt beim BRZ eingemelde­t, dort werden (nicht veränderba­re) PDF-Dokumente erzeugt, die einen QR-Code enthalten. Der Link zu dem Dokument geht retour an „Österreich testet“und der Bürger bekommt ihn via E-Mail oder SMS. Beim Friseur kann er den QR-Code aufrufen, den ein Mitarbeite­r via Handykamer­a ausliest. Ein Farbcode bestätigt dann, dass der Test fristgerec­ht erfolgt ist. Das Dokument inklusive QRCode kann auch ausgedruck­t werden. Dieses Prinzip, sagt Kaiser, sei auch auf den Nachweis einer Genesung oder Impfung anwendbar. Durch die Änderung des Epidemiege­setzes wurde dafür jüngst die Grundlage geschaffen: Genesene bekommen bald automatisc­h eine amtliche Bestätigun­g der durchgemac­hten Infektion zugestellt, die bereits im Epidemiolo­gischen Meldesyste­m gespeicher­t ist, wie Gerald Schimpf, Leiter des Corona-Krisenstab­s im Gesundheit­sministeri­um erklärt. Diese Bestätigun­g gilt sechs Monate ab Zeitpunkt des Eintrags ins EMS. Durch die Novelle werden auch die Impfdaten aus dem E-Impfpass (Elga-System) dem Ministeriu­m und dem BRZ zur Verfügung gestellt. Diese dienen bereits jetzt dazu, das Contact Tracing zu erleichter­n (Geimpfte muss man nicht absondern). „Technisch ist das keine Raketenwis­senschaft. Das ist wirklich trivial. Die gesetzlich­en Rahmenbedi­ngungen müssen definiert werden“, sagt Kaiser.

2 Derzeit gelten nur Test oder Infektion beim Reintesten. Wieso zögert man, Impfungen gleichzust­ellen?

Dafür sei es zu früh, sagt Schimpf. Aus zwei Gründen: Über die Impfung als Nachweis könne man erst reden, wenn man sicher wisse, dass sie auch Ansteckung­en verhindere. Zweitens gebe es ethische Bedenken: Noch könnten nicht alle, die wollen, geimpft werden. Die Frage sei auch, welche Rolle neue Virusvaria­nten spielen. Ist es gerechtfer­tigt, Impfungen und Infektione­n unterschie­dlich zu behandeln? Das sei schwierig zu vergleiche­n, sagt Virologe Lukas Weseslindt­ner von der MedUni Wien. Erstens ist Infektion nicht gleich Infektion: Jemand mit einem sehr milden Verlauf könnte deutlich weniger Antikörper haben, als ein Geimpfter. Zweitens ist Infektion nicht gleich Impfung: Bei ersterer ist die Immunantwo­rt doch vielschich­tiger. Drittens gibt es zur Dauer der Immunität keine absoluten Werte: Dass man nach der Infektion sechs Monate immun sei, sei eine ungefähre Schätzung, die auf der bisher beobachtet­en Antikörper­kinetik beruht, so Weseslindt­ner. Es gebe Ausnahmen. Umgekehrt fehlten bei der Impfung noch Daten über den Langzeitsc­hutz. Unterm Strich, sagt er: „Wenn ich die Unschärfe zulasse, dass jeder – egal wie schwer er erkrankt war – für sechs Monate als immun gilt, dann könnte man auch die Unschärfen bei der Impfung zuzulassen.“Und beide – wie in Israel – gleichstel­len.

3 Muss trotz QR-Codes ein Ausweis gezeigt werden?

Ja. Der Code enthält nur die Initialen. Wobei, so Schimpf, private App-Hersteller künftig Apps entwickeln könnten, die den QR-Code für das Smartphone personalis­ieren können.

4 Wenn beim Friseur oder im Kino kontrollie­rt wird, wird dann gespeicher­t, dass man dort war?

Nein, sagt Kaiser: „Ob Sie Ihrer Großmutter oder dem Friseur zeigen, dass Sie getestet sind, weiß das System nicht.“

5 Wie schnell könnte man QR-Codes für Impfungen verfügbar machen?

Auf eine genaue Frist will sich Kaiser nicht festlegen. Aber: Ein paar Wochen Vorarbeit seien sicher nötig. „Aber wir tun alle gut daran, uns auf solche Szenarien vorzuberei­ten.“

6 Wie aufwändig ist es, das österreich­isch System EU-weit kompatibel zu machen?

Knackpunkt ist nicht die Technik: „Letztlich ist egal, ob derjenige, der den QR-Code kontrollie­rt, in der Shopping City Süd oder in Paris am Flughafen steht“, sagt Kaiser. Wichtig seien einheitlic­he inhaltlich­e Standards, also z. B.: welche Infos muss der Code enthalten. Dies würde ohnehin laufend in der EU abgestimmt, sagt Schimpf.

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[ AFP ] Ein Blick aufs Handy genügt. Israel gilt als Vorbild, was den schnellen Nachweis von Impfungen betrifft.

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