Inflationssorgen treiben Anleger um
Börsen. Nicht nur die Techwerte stürzen seit geraumer Zeit ab, Investoren ziehen sich auch aus Staatsanleihen zurück. Die Zentralbank konnte verbal für Beruhigung sorgen. Vorerst.
Wien. Wer zuletzt in sein Aktiendepot blickte, dem wurde wahrscheinlich etwas mulmig zumute. Denn die amerikanischen Techwerte lagen zuletzt ganz klar im Minus. Auch wenn es am Freitag nach US-Handelsbeginn wieder etwas besser aussah.
Doch an der Nasdaq läuft es schon länger nicht rund. Die Liste der Verlierer auf Sicht von vier Wochen führt der E-Autokonzern Tesla, der für seine Kurskapriolen bekannt ist, an. Minus 23 Prozent mussten Investoren da in Kauf nehmen. Auch Apple-Aktien verbilligten sich in diesem Zeitraum um rund 15 Prozent. Für AMD ging es um rund 13 Prozent, für Facebook um knappe zehn Prozent bergab. Erschwerend kommt der zuletzt starke Euro hinzu, der den Gewinn von Dollar-Anlagen geschmälert hat.
Die US-Techkonzerne gelten als die größten Gewinner der Coronakrise. Doch aufgrund ihrer hohen Kurse geht schon seit Längerem die Befürchtung um, dass sich bei diesen Aktien eine kleine Blase gebildet hat. Schlechte Nachrichten werden dann dafür genutzt, die Papiere abzuverkaufen. „Es ist nicht der Beginn einer Korrektur auf dem Aktienmarkt, es ist mehr eine logische Konsolidierung, weil die Kurs-Gewinn-Verhältnisse überzogen waren“, sagt Francois Savary, Investmentchef von Prime Partners.nut.
EZB-Vertreter reiten aus
Was den Investoren rund um den Globus Sorge bereitet, ist der Anstieg der Inflationserwartungen in den USA. Und die wiederum haben ihre Ursache im 1,9 Billionen Dollar schweren Konjunkturpaket von US-Präsident Joe Biden, das dieser bald auf den Weg bringen will.
Das hat zu steigenden Renditen auf den globalen Anleihenmärkten geführt. In der Eurozone bewegten sich die Renditen zum Wochenschluss auf den größten Monatsanstieg binnen dreier Jahre zu. Anleger haben sich reihenweise aus langfristigen Papieren zurückgezogen, weil sie die Sorge haben, dass die Inflation ihre Erträge auf lange Sicht auffrisst. Gleichzeitig kommen in einem solchen Umfeld höher verzinste Papiere auf den Markt, die als Anlage wesentlich attraktiver erscheinen. Auch österreichische und französische Anleihen mit zehnjähriger Laufzeit rentierten am Donnerstag erstmals seit dem Sommer des Vorjahrs wieder im Plus, bevor es am Freitag wieder nach unten ging.
Steigen die Renditen, steigen über kurz oder lang auch die Refinanzierungskosten für Staaten und Unternehmen, die im Zuge der Krise hoch verschuldet sind. Die EZB bzw. ihre Vertreter haben deshalb bereits verbal Stellung bezogen und am Ende der Woche damit für etwas Beruhigung auf dem Anleihenmarkt gesorgt.
Direktoriumsmitglied Isabel Schnabel signalisierte erneut eine weitere Stützung der Wirtschaft, falls dies durch einen starken Anstieg der Kapitalmarktzinsen notwendig werde. Steigende langfristige Zinsen könnten bestehende geldpolitische Stützungsmaßnahmen zu frühzeitig bremsen, so Schnabel. In einem solchen Fall müsse die Geldpolitik bei ihren Maßnahmen nachlegen. Ähnlich äußerte sich zuletzt auch EZBChefökonom Philip Lane. Das Coronakaufprogramm der EZB könne demnach flexibel genutzt werden, um eine Straffung der Finanzierungskonditionen zu verhindern. Die EZB hat ein Inflationsziel von unter, aber nahe zwei Prozent, das sie seit Jahren nicht erreicht. Derzeit wird darüber nachgedacht, dieses Ziel anzupassen.
In den USA lässt die Notenbank dagegen ein Überschießen der Inflation zu. Große Inflationsrisken sieht die Fed derzeit aber nicht.