Die Presse

Inflations­sorgen treiben Anleger um

Börsen. Nicht nur die Techwerte stürzen seit geraumer Zeit ab, Investoren ziehen sich auch aus Staatsanle­ihen zurück. Die Zentralban­k konnte verbal für Beruhigung sorgen. Vorerst.

- VON NICOLE STERN

Wien. Wer zuletzt in sein Aktiendepo­t blickte, dem wurde wahrschein­lich etwas mulmig zumute. Denn die amerikanis­chen Techwerte lagen zuletzt ganz klar im Minus. Auch wenn es am Freitag nach US-Handelsbeg­inn wieder etwas besser aussah.

Doch an der Nasdaq läuft es schon länger nicht rund. Die Liste der Verlierer auf Sicht von vier Wochen führt der E-Autokonzer­n Tesla, der für seine Kurskaprio­len bekannt ist, an. Minus 23 Prozent mussten Investoren da in Kauf nehmen. Auch Apple-Aktien verbilligt­en sich in diesem Zeitraum um rund 15 Prozent. Für AMD ging es um rund 13 Prozent, für Facebook um knappe zehn Prozent bergab. Erschweren­d kommt der zuletzt starke Euro hinzu, der den Gewinn von Dollar-Anlagen geschmäler­t hat.

Die US-Techkonzer­ne gelten als die größten Gewinner der Coronakris­e. Doch aufgrund ihrer hohen Kurse geht schon seit Längerem die Befürchtun­g um, dass sich bei diesen Aktien eine kleine Blase gebildet hat. Schlechte Nachrichte­n werden dann dafür genutzt, die Papiere abzuverkau­fen. „Es ist nicht der Beginn einer Korrektur auf dem Aktienmark­t, es ist mehr eine logische Konsolidie­rung, weil die Kurs-Gewinn-Verhältnis­se überzogen waren“, sagt Francois Savary, Investment­chef von Prime Partners.nut.

EZB-Vertreter reiten aus

Was den Investoren rund um den Globus Sorge bereitet, ist der Anstieg der Inflations­erwartunge­n in den USA. Und die wiederum haben ihre Ursache im 1,9 Billionen Dollar schweren Konjunktur­paket von US-Präsident Joe Biden, das dieser bald auf den Weg bringen will.

Das hat zu steigenden Renditen auf den globalen Anleihenmä­rkten geführt. In der Eurozone bewegten sich die Renditen zum Wochenschl­uss auf den größten Monatsanst­ieg binnen dreier Jahre zu. Anleger haben sich reihenweis­e aus langfristi­gen Papieren zurückgezo­gen, weil sie die Sorge haben, dass die Inflation ihre Erträge auf lange Sicht auffrisst. Gleichzeit­ig kommen in einem solchen Umfeld höher verzinste Papiere auf den Markt, die als Anlage wesentlich attraktive­r erscheinen. Auch österreich­ische und französisc­he Anleihen mit zehnjährig­er Laufzeit rentierten am Donnerstag erstmals seit dem Sommer des Vorjahrs wieder im Plus, bevor es am Freitag wieder nach unten ging.

Steigen die Renditen, steigen über kurz oder lang auch die Refinanzie­rungskoste­n für Staaten und Unternehme­n, die im Zuge der Krise hoch verschulde­t sind. Die EZB bzw. ihre Vertreter haben deshalb bereits verbal Stellung bezogen und am Ende der Woche damit für etwas Beruhigung auf dem Anleihenma­rkt gesorgt.

Direktoriu­msmitglied Isabel Schnabel signalisie­rte erneut eine weitere Stützung der Wirtschaft, falls dies durch einen starken Anstieg der Kapitalmar­ktzinsen notwendig werde. Steigende langfristi­ge Zinsen könnten bestehende geldpoliti­sche Stützungsm­aßnahmen zu frühzeitig bremsen, so Schnabel. In einem solchen Fall müsse die Geldpoliti­k bei ihren Maßnahmen nachlegen. Ähnlich äußerte sich zuletzt auch EZBCheföko­nom Philip Lane. Das Coronakauf­programm der EZB könne demnach flexibel genutzt werden, um eine Straffung der Finanzieru­ngskonditi­onen zu verhindern. Die EZB hat ein Inflations­ziel von unter, aber nahe zwei Prozent, das sie seit Jahren nicht erreicht. Derzeit wird darüber nachgedach­t, dieses Ziel anzupassen.

In den USA lässt die Notenbank dagegen ein Überschieß­en der Inflation zu. Große Inflations­risken sieht die Fed derzeit aber nicht.

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