Material aus dem 3-D-Drucker, das die Form ändert
Von Zahnersatz über Kleidung bis zu Gebäuden, 3-D-Druck hat viele Anwendungen. In Salzburg forscht man an 4-D-Druck, bei dem der Faktor Zeit eine Rolle spielt: Durch Feuchtigkeit verändern sich die Objekte.
Wer heutzutage ein Haus errichtet, verbaut dabei meist einige Sensoren. Beispielsweise solche, die signalisieren, wenn es durch ein Leck zu einem Wasseraustritt kommt. Diese kleinen Aufpasser benötigen Strom, besitzen eine empfindliche bzw. fehleranfällige Elektronik und können kaputtgehen. Was, wenn es Sensoren gibt, die ohne Elektronik und Strom auskommen, weil sie aus einem Material sind, das von sich aus auf Feuchtigkeitsänderungen reagiert?
An so innovativen Materialien forscht ein Team am Campus Kuchl der FH Salzburg sowie der Uni Salzburg im Rahmen vom Salzburg Center for Smart Materials (SCSM). Der Grundstein wurde im bereits abgeschlossenen Forschungsprojekt „TFP HyMat“, einer Kooperation zwischen dem Kompetenzzentrum Holz (Wood K plus) der FH Salzburg sowie den Unis Salzburg und Passau, gelegt.
Es wurden verschiedenartige feuchteempfindliche Holz-Filamente entwickelt, die sich mittels 3-D-Druckers verarbeiten lassen. „Damit wird das Material selbst zum Sensor“, sagt Stefan Kain vom Studiengang Holztechnologie/ Holzbau der FH Salzburg. Die Filamente bestehen im Wesentlichen aus dem thermoplastischen Biokunststoff Polymilchsäure (PLA) und Holzfasern. PLA wird ausschließlich aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt und ist somit kein Erdölprodukt. Daher sind Holz-Filamente auch vollständig biologisch abbaubar. Die Verarbeitung eines solches Holz-Filaments mit wechselnden Druckrichtungen ermöglicht eine feuchte-induzierte Formänderung bei 3-D-gedruckten Objekten – auch bekannt als 4-D-Druck: Die vierte Dimension ist die zeitliche Komponente.
Tannenzapfen als Vorbild
„Wir orientieren uns stark an der Natur und schauen, was sie so alles zu bieten hat“, sagt Kain. In diesem Fall haben sich die Forscher von den Schuppen der Tannen- und Fichtenzapfen inspirieren lassen. Bei widrigen Wachstumsbedingungen bleiben die Schuppen geschlossen, bei günstigen öffnen sie sich und geben die dahinter befindlichen Samen frei.
Nach diesem Prinzip funktionieren auch die mittels 4-D-Drucks hergestellten Objekte: Sie reagieren auf Feuchtigkeit – dehnen sich aus, wenn der Feuchtigkeitsgehalt ansteigt, und kehren von selbst wieder in ihren Ausgangszustand zurück, wenn sie wieder abtrocknen. Zudem hat die Gruppe mathematische Modelle entwickelt, mit deren Hilfe das Verformungsverhalten bei 4-D-gedruckten Objekten sehr präzise vorausgesagt werden kann.
Die Forscher haben bereits Ideen für die Anwendung dieser Technik. „Ein Ansatz sind Lüftungsklappen für Feuchträume“, erläutert der Wissenschaftler. Diese Klappen könnten sich nach einer Dusche beispielsweise selbsttätig öffnen und einen natürlichen Luftwechsel im Raum ermöglichen. Ein anderer Einfall: Man könnte 4-D-gedruckte Objekte in Wandelemente integrieren, die eine Durchfeuchtung der Wand – infolge einer Leckage – durch eine feuchte-induzierte Verformung der gedruckten Objekte anzeigt.
Übrigens eignen sich für die Herstellung von Holz-Filamenten nicht alle Holzarten gleichermaßen, ausschlaggebend ist die Länge der aufbereiteten Fasern. „Holzarten, die eine größere Faserlänge aufweisen, führen beispielsweise beim Druckvorgang vermehrt zum Blockieren oder Verstopfen der Druckerdüse. Daher werden kurzfaserige Holzarten bevorzugt“, erläutert Kain.
Wir orientieren uns stark an der Natur und schauen, was sie so alles zu bieten hat.
Stefan Kain,
Holztechnologie, FH Salzburg