Mit Filtern und Kohle gegen Medikamentenreste im Wasser
Spuren von Arzneimitteln in den heimischen Gewässern zählen zu den bedenklichen Folgen des Medikamentenkonsums in Österreich. Ein Innsbrucker Wissenschaftler arbeitet an einer Methode, um diese Rückstände aus dem Wasserkreislauf zu filtern.
Rund zwei Tonnen Medikamente werden in Österreich täglich konsumiert – mit schwerwiegenden Folgen für die Umwelt: Die Inhaltsstoffe der Arzneien sind mittlerweile in Flüssen und Seen, aber auch im Grund- und Trinkwasser zu finden. Diese Chemikalien aus den Gewässern wieder herauszubekommen hat sich Martin Spruck, Leiter des Forschungsschwerpunkts Energieund Prozesstechnologien am MCI der Unternehmerischen Hochschule Innsbruck, zur Aufgabe gemacht. Er entwickelt ein Verfahren, mit dem Kläranlagen die Arzneimittelrückstände wegfiltern sollen.
„Auf die Beseitigung solcher Wirkstoffspuren sind Abwasserreinigungsanlagen derzeit nicht ausgelegt“, erklärt der Umwelttechniker. Die meisten Anlagen verfügen über drei Reinigungsstufen: eine mechanische und zwei biologische. „Für die mechanische Absonderung sind die Wirkstoffpartikel aus den Medikamenten zu klein, und biologisch bauen sich die Stoffe so langsam ab, dass die Verweildauer des belasteten Wassers in der Kläranlage für eine vollständige Zersetzung zu kurz ist.“
Die Folgen wurden im Rahmen eines nationalen Sondermessprogramms aufgezeigt: In 90 Prozent der untersuchten Gewässer fanden Experten Rückstände von Medikamenten und Hormonen – Inhaltsstoffe von Schmerzmitteln, Psychopharmaka oder Epilepsie-Medikamenten. In einigen Proben konnten die Analytiker bis zu 69 verschiedene Wirkstoffe nachweisen.
„Auch wenn die Konzentrationen unter dem Grenzwert einer Gesundheitsgefährdung für den Menschen liegen, so sind doch in einigen Fällen Schädigungen der im Wasser lebenden Organismen zu erwarten“, sagt der Umwelttechniker. Abgesehen von der Beeinträchtigung des Ökosystems ist einem nicht besonders wohl beim Gedanken, dass die Fische vielleicht einmal auf dem Essteller landen. Die Forschung kann derzeit noch nicht mit Sicherheit sagen, welche Folgen die Chemikalien in den Gewässern mit sich bringen, wenn weiterhin nichts dagegen unternommen wird.
Vierte Reinigungsstufe einführen
Seit die Zahlen des Messprogramms vor nunmehr drei Jahren veröffentlicht wurden, hat sich die Situation nicht grundlegend gebessert. Der Tiroler Experte schlägt daher eine vierte Reinigungsstufe vor. Darauf sind freilich vor ihm schon andere gekommen. Im Nachbarland Schweiz beispielsweise ist eine solche vierte Stufe bei allen größeren Kläranlagen sogar vorgeschrieben. Spruck will jedoch zwei Verfahren, die derzeit für eine solche vierte Stufe Verwendung finden, vereinen und damit die Effektivität erhöhen: den Einbau von Membranfiltern und den Einsatz von Aktivkohle, einer feinkörnigen Kohle mit großer innerer Oberfläche.
„Die Membranen haben Poren, die ungefähr so klein sind wie ein Hundertstel eines Haardurchmessers, sodass Schmutzpartikel wie in einem Sieb hängen bleiben und zurückgehalten werden, während das Wasser durchfließt“, erklärt der Forscher. „Die Abtrennung der Medikamentenrückstände würde jedoch noch kleinere Poren, hohen Druck und damit einen hohen Energieaufwand erfordern.“Die Wirkung der Aktivkohle wiederum beruht darauf, dass sie die Schadstoffe bindet.
Spruck hat in seinem Labor Aktivkohle in die Membranstruktur eingebettet. „Im Verhältnis zur eingesetzten Menge an Aktivkohle erwies sich diese Methode als sehr wirkungsvoll“, zieht der Wissenschaftler Bilanz über die bisherigen Versuche. Die mit Aktivkohle besetzten Membranen haben er und sein Team selbst hergestellt. Auch dafür war einiges an Entwicklungsarbeit erforderlich. 90 Prozent der Medikamentenrückstände, so schätzt er, könnten damit aus dem Wasser entfernt werden. „Damit wäre schon sehr viel erreicht.“Innerhalb der nächsten Monate will Spruck, der für seine Arbeit im Vorjahr mit dem Preis der Stadt Innsbruck für Forschung und Innovation ausgezeichnet wurde, sein System über das Laborstadium hinaus entwickeln.
Eines hält der Umwelttechniker allerdings fest: „Für kommunale Großkläranlagen ist die Methode aufgrund der großen Wassermengen nicht geeignet. Bei kleineren Anlagen, etwa zur Aufbereitung von Krankenhausabwasser, kann sie jedoch einen wertvollen Beitrag zum Schutz der Umwelt vor menschenverursachter Verschmutzung leisten.“