Zimperlich? Sie doch nicht!
Etwa ein Jahr, nachdem die junge Deutsche an einem deutschen Theater zu arbeiten begonnen hatte, sollte sie bereits wieder entlassen werden. Der Grund: Sie trug keine adäquaten Kleider. Wie sollte sie sich etwas schönes Passendes leisten, wenn sie über so wenig Lohn verfügte?
Zu ihrem Glück wurde an höchster Stelle interveniert – die Frau durfte bleiben und wurde zum Publikumsmagnet. Seltsamerweise war es erneut eine Frage der Kleidung, die beinah den nächsten Karriereschritt der Frau verhindert hätte. Da sie nach wie vor über keine ansprechende Garderobe verfügte, schämte sie sich so sehr, dass sie kurzerhand ein Vorstellungsgespräch in Berlin absagte – worauf sie, oh Wunder, ihren Arbeitsvertrag per Post zugeschickt bekam. Wenn diese Erlebnisse ihr Selbstbewusstsein nicht gehörig gesteigert haben!
Der Nachwelt ist sie nicht nur als Schauspielerin, als eine der „letzten großen Tragödinnen“, in Erinnerung geblieben – es sollte mindestens zu drei Vorfällen kommen, die die Durchsetzungskraft der Frau unter Beweis stellten.
Ein bestimmtes Zusammentreffen involviert einen Wiener, der gerade auf dem Weg in sein zweites Wohnzimmer war – jedem Wiener sein Cafe,´ wie es so schön heißt. Er, ein Literaturmensch durch und durch, sah sich plötzlich mit der bereits 66-jährigen Dame konfrontiert, die ihrer Wut über seine negative Kritik an ihr deutlich Ausdruck verlieh. Der Herr blieb verdattert und mit schmerzender Wange zurück.
Die Folgen waren recht drastisch: Es kam zum Prozess, der Verteidiger des Kritikers war ein späterer Minister Österreichs. Ein Schauspielkollege der Frau forderte zuerst die Ausweisung und dann gar die Todesstrafe für ihren Beleidiger. Theaterreif und kurios entwickelte sich der Prozess plötzlich insofern, als das Burgtheater-Ensemble auf seine politische Gesinnung abgeklopft wurde – so sollten einige Schauspieler mit den sowjetischen Besatzern kooperiert haben. Schließlich beruhigten sich alle, und die Frau wurde zu 500 Schilling Strafe oder drei Tagen Arrest verurteilt.
Übrigens hatte sie einst einen ganz speziellen Jugendfreund gehabt. Dank dieser Bekanntschaft hatte sie während der NS-Zeit einige Künstlerkollegen vor der Verfolgung bewahren können.
Wer traf wen? Sein Anwalt? Ihr Schauspielkollege? Der Jugendfreund?