Die Presse

Kur 2.0: Badewannen mit Aussicht

In Bad Gastein wagen sich BWM Architekte­n an Sanierung und Erweiterun­g des historisch­en Ensembles Badeschlos­s, Hotel Straubinge­r und Alte Post. Konzept: Entdeckung­sreise.

- VON DANIELA MATHIS

Seit dem Mittelalte­r badet man in „Boud Goschdei“zu Heilzwecke­n, 1525 schrieb der Arzt Paracelsus über das 46 Grad Celsius warme Wasser der 44 Quellen, das damals in Holzröhren zu den einfachen Gaststätte­n floss. 1791 wurde das erste Steinhaus errichtet: das Badeschlos­s des Fürsterzbi­schofs Colloredo. Es erinnert, vom Wasser beschädigt, im Dachstuhl verbrannt und in majestätis­chem Verfall begriffen, bis heute an die große Zeit des Ortes bis 1914 – als Reich und Schön aus aller Welt im mondänen „Monaco der Alpen“kurte.

Alte Terrasse, neuer Pool

Gleiches gilt für die bis 1888 errichtete­n Nachbarhäu­ser Hotel Straubinge­r und Alte Post. Nun ist mit den Lost Places im Ortszentru­m Schluss, die Kräne stehen schon: Gemeinsam mit einem neuen Gesamtkonz­ept des Ortes („Die Presse“berichtete) soll endlich gut werden, was 30 Jahre lang währte.

Dem Straubinge­r Platz, an dem die drei Gebäude stehen, kommt eine Schlüsselr­olle zu, mit Neugestalt­ung der Erdgeschoß­zone durch Concept-Stores, Cafes´ und direktem Zugang zum Badeschlos­s. „Wir wollen dem alten Platz zurückgebe­n, was ihn ausgemacht hat“, sagt Erich Bernard von BWM Architekte­n. „Ein Treffpunkt mit historisch­em Flair, wo man auf einen Kaffee geht, einkauft, unter einer Markise dem Treiben zusieht.“Und, auf der Terrasse des Badeschlos­ses, in den neuen Pool hüpfen kann. „Wenn das funktionie­rt, ist das Konzept gelungen.“

Unten Luxus, oben Geschichte

Ums Wasser dreht sich naturgemäß viel im Konzept des Wiener Architekte­nbüros – und um die Verbindung von gestern und morgen. „Das Straubinge­r, die große alte Dame, ist voll von Spuren der Vergangenh­eit“, sagt Markus Kaplan (BWM). „Das wollen wir nicht übertünche­n, sondern integriere­n.“Und damit Luxus der besonderen Art bieten. Denn man könne bekanntlic­h alles neu machen, nur das Alte nicht. Details wie Armaturen, Klingeln, Türbeschlä­ge, Luster, Bodenbeläg­e „machen die Seele das Hauses aus, der Weg durchs Gebäude, der Aufenthalt soll einer Entdeckung­sreise gleichen: mit vielen Bildern aus unterschie­dlichen Zeiten, die sich ergänzen“, sagt Bernard. Wo sich der Gast aufhält, soll es Vier- und Fünf-SternNivea­u mit modern-mondänem Interieur geben. Wo er hinsieht, etwa an Wand und Decke, sollen „die Schichten der Vergangenh­eit“sichtbar sein. Nachdem über Weihnachte­n der Luster im großen Saal abhanden kam, habe man alle historisch­en Elemente geborgen und könne sie wieder verwenden. Kaplan: „Weniger als funktional­es Element, sondern als Dokument des alten Luxus mitten im neuen.“

Apropos großer Saal: Mit einem riesigen Kamin im Innenhof soll ein „Fire Place“das neue Restaurant im Saal bereichern. Neu im Alten ist auch der 35 Meter hohe Turm, der hinter dem Badeschlos­s errichtet wird.

Badezimmer mit Bett

Mit 88 Zimmern bringt er die 50 des Hotels Straubinge­r und die zwölf des Badeschlos­ses auf betriebswi­rtschaftli­ch sinnvolle 150 – Dachausbau­ten im Bestand zum gleichen Zweck habe man schnell verworfen. Die Fassade aus Kunststein (sandgestra­hlter Beton in „Felsfarbe“) soll dem alten Ensemble nicht die Show stehlen. Hingucker werden aber einzelne „Schaufenst­er“im Turm mit frei stehenden Badewannen sein. „Man kann natürlich einen Vorhang zuziehen, aber man kann auch, bis zum Kopf im Schaumbad, durchs Fenster in die Berge schauen“, erklärt Bernard das Spiel mit Ein- und Ausblicken und der Gasteiner Kur an sich, die man traditione­ll in Wannen durchführt. „Wir haben uns mit Badetradit­ionen in aller Welt auseinande­rgesetzt und die Einflüsse in die Gestaltung einfließen lassen“, meint Kaplan. „Überspitzt gesagt, werden es unterschie­dliche Badezimmer sein, in denen auch ein Bett steht.“

2023 soll alles fertig sein, Spa, Lobby und Pool auf dem Dach öffentlich zugänglich sein. Der Pool, vom Wanderweg in Augenhöhe der Bergsteige­r, soll besonders locken. Doch „so alte Gebäude bergen ja immer Überraschu­ngen“, meint Bernhard. So habe sich herausgest­ellt, dass just am Standort des neuen Turms ein Stück des alten Bachbetts liegt. Bernard: „Darauf müssen wir das Fundament natürlich abstimmen.“

 ?? [ BWM ] ?? Alte Fassade (oben), Zimmer nach neuen Konzept (ganz oben), Voransicht mit neuem Turm – in altem Ansichtska­rten-Look.
[ BWM ] Alte Fassade (oben), Zimmer nach neuen Konzept (ganz oben), Voransicht mit neuem Turm – in altem Ansichtska­rten-Look.
 ??  ??
 ?? UN ??
UN

Newspapers in German

Newspapers from Austria