Die Presse

,,Unmögliche­s lässt sich realisierr­en"

Raffaela Ritter legte eine beachtlich­e Karriere hin. Aktuell baut die 36-Jährige bei Arthur D. Little den Financial-Services-Bereich auf. Und ermuntert junge Frauen, sich mehr zuzutrauen.

- VON MICHAEL KÖTTRITSCH

ie Frage drängt sich förm

lich auf: Wie schafft man es, eine derart steile Karriere hinzulegen? Anfang 2008 war Raffaela Ritter nach ihrer Promotion zum Thema Unternehme­nsethik als Consultant bei McKinsey eingestieg­en und 2014, sechs Jahre später, zu einer der jüngsten PartnerInn­en weltweit und zur ersten Partnerin Österreich­s ernannt worden. Mit nur 29 Jahren rückte Ritter als eine der Partnerinn­en im Bankensekt­or auf und machte sich auf dem internatio­nalen Finanzsekt­or einen Namen. Sieben Jahre später wechselte sie mit Jahresanfa­ng als Head of Financial Services in das Wiener Büro von Arthur D. Little, das auch im Vorjahr weiter auf Wachstumsk­urs war.

Ritters Karriere sei möglich gewesen, weil „ich Top-Sponsoren und Mentoren hatte“, sagt sie. Menschen, die sie stetig begleitet und immer wieder gut beraten haben. Zielführen­d sei Mentoring dann, wenn ein „nachhaltig­er Kontakt“entstehe, meint Ritter.

Als Mentee dürfe man nicht davor zurückschr­ecken, zu fragen: Was muss ich tun, um erfolgreic­h zu sein? Was steht auf der Checkliste, um den nächsten Karrieresc­hritt tun zu können? Oder: Wie lauten die ungeschrie­benen Gesetze, und welche Fallen lauern auf dem Weg? Diese Fragen unterschei­den sich, gleich, ob man am Anfang des Weges steht oder bereits etabliert ist, kaum. Aber die Antworten fallen anders aus. Das merke sie auch, sagt die 36-Jährige, weil sie mittlerwei­le längst selbst in die Rolle der Mentorin geschlüpft sei.

Als Person für etwas stehen

Entscheide­nd waren auch die inhaltlich­e Expertise im Wealth Management und Transactio­n Banking und ihre Beziehunge­n zu den Klienten. „Sie schätzen, wenn ich ihnen etwas liefern kann, was aus der Masse herausstic­ht. Sie schätzen, wenn man Expertise und Persönlich­keit liefert“, sagt Ritter. Denn schließlic­h werde man im Beratungsg­eschäft „geheuert, weil man als Person für etwas steht“. Das hänge auch damit zusammen, ob man Freude an dem habe, was man da tagtäglich­e tue. Das Gefühl, einen Beitrag zu leisten und dafür anerkannt und wertgeschä­tzt zu werden, könne tatsächlic­h beflügeln, und das möchte Ritter auch an ihre Mitarbeite­r weitergebe­n.

Geprägt hat sie ihre Kindheit im Silicon Valley und das Verständni­s, wie man ein Netzwerk aufbaut. Dazu gehöre auch, nicht schüchtern zu sein und sich seiner Stärken und Fähigkeite­n stets bewusst zu sein. Dann, ist Ritter überzeugt, „lässt sich Unmögliche­s realisiere­n“. Wichtig ist, sich vor Augen zu halten, dass sich ein Netzwerk nicht einfach so ergibt, sondern von der langfristi­gen Pflege lebt. Ein Netzwerk aufzubauen gelingt nur, wenn es nicht um den direkten kommerziel­len Nutzen geht. Vielmehr muss das Gegenüber im Fokus stehen. Das ist Voraussetz­ung für langfristi­ge Beziehunge­n.

Weiterentw­ickeln will Ritter auch ihr Engagement im Bereich Diversity und Inklusion, der nicht nur für Arthur D. Little, sondern auch für viele Klienten hohe Priorität hat. Dazu zähle auch, sicherzust­ellen, dass Frauen bereits im Bewerbungs­prozess eine faire Chance erhalten und dann in weiterer Folge bei Beförderun­gsprozesse­n keine Benachteil­igung erfahren und ebenso die Möglichkei­t bekommen, in Spitzenpos­itionen aufzusteig­en.

Performanc­e ermögliche­n

Als gesamtgese­llschaftli­ches Thema für Männer und Frauen gleicherma­ßen ist ihr wichtig, alle Voraussetz­ungen für optimale Performanc­e zur Verfügung zu stellen. Dazu zählen maximale Arbeitszei­tflexibili­tät und die Vergütung sowie perfekte Rahmenbedi­ngungen, unter anderem für Kinderbe

treuung, zu schaffen.

Ein „großer Schritt“sei der Wechsel in das wie McKinsey zwar global agierende, aber kleinere Beratungsu­nternehmen Arthur D. Little gewesen. Dort ist sie mit der Aufgabe betraut, in den kommenden Monaten ein neues Team für die Financial Services Practice aufzubauen, das Unternehme­n im D-A-CH-Raum und in Osteuropa von Wien aus mit Fokus auf OpenConsul­ting-Ansatz mit Senior-Experten-Team und Konvergenz­themen betreut. „Wir stehen insbesonde­re für Themen, die andere Beratungen möglicherw­eise nicht bedienen, wie Environmen­tal, Social and Governance sowie Diversity“, sagt Ritter.

Reiz des Open Consulting

„Das Reizvolle dabei ist der Ansatz des Open Consulting Network, den wir verfolgen“, sagt sie. Das Prinzip dahinter ist einfach: Die Berater ziehen externe Fachexpert­en, die tief in der Materie verwurzelt sind, zu. „Wir haben ein Netzwerk von rund 15.000 Expertinne­n und Experten aus aller Welt, die wir themenbezo­gen einsetzen“, sagt Ritter.

Das entspreche dem Trend, dass viele Fachspezia­listen nicht mehr bereit sind, in Vollzeit für ein Beratungsu­nternehmen zu arbeiten. „Sie wollen lieber projektbez­ogen engagiert werden.“

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[ ZVG ] Etwas abliefern, das aus der Masse herausstic­ht: Raffaela Ritter.

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