Kampf um die Winterkrone
Lara Gut-Behrami. Die Schweizerin hat das Momentum für sich. Und einen Vorsprung in Sachen Lebensweisheit. Petra Vlhova.´ Die Slowakin verfolgt einen Plan. Ihre Bürde: Sie will für ihr Land Skigeschichte schreiben.
Lara Gut-Behrami oder Petra Vlhova´ – wer wird diesmal den Gesamtweltcup der Damen gewinnen?
Wien. Zeit ihrer Karriere war Lara Gut-Behrami eine Meisterin darin, dem Druck standzuhalten. Als frühreifes Ski-Wunderkind, auf dem Weg zu ihrem ersten Gesamtweltcupsieg (2015/16), und auch als sie sich verletzte, die schlechteste Saison ihrer Karriere fuhr und einen langen Selbstfindungsprozess durchmachte.
Heuer erlebt die 29-Jährige aus Comano im Tessin eine bemerkenswerte Renaissance, mit Ausnahme eines Parallelbewerbs stand sie in den jüngsten elf Rennen auf dem Podest (sieben Siege). Der sportliche Druck liegt wieder bei ihr, es gilt, 187 Punkte Vorsprung auf Petra Vlhova´ über die nächsten drei Wochen zu bringen, dann würde die große Kristallkugel wieder an die Eidgenossin gehen (ein Weltcupsieg bringt 100 Punkte). Das Momentum hat Gut-Behrami klar auf ihrer Seite. Was aber spricht noch für die Schweizerin?
Im Gegensatz zu Vlhova´ kann sie in ihrer aktuellen Überform in gleich drei Disziplinen gewinnen. Über Seriensiege im Super-G fand sie in Abfahrt und Riesentorlauf zum Erfolgsrezept. Vier Rennen mit realistischen Siegchancen warten noch. Vlhova´ hat zwar mehr Möglichkeiten, um voll zu punkten, doch Gut wird ausgeruhter in den Showdown beim Weltcupfinale in Lenzerheide gehen.
Mit ihrem Privatteam um Trainervater Pauli Gut wandert sie seit jeher auf eigenen Pfaden, beim Saisonabschluss in der Heimat wird Swiss Ski aber alles daran setzten, um eine Gesamtweltcupsiegerin zu präsentieren. Zumal Verbandschef Lehmann stets beteuert, das Verhältnis sei weit besser als medial dargestellt. Vor allem aber fährt Gut-Behrami mit der Gewissheit, niemanden mehr etwas beweisen zu müssen, diese Leichtigkeit hat sie mit ihrem Triumphzug bei der WM in Cortina (zweimal Gold, einmal Bronze) endgültig gefunden. Erwartungen zu erfüllen, steht nicht mehr im Zentrum ihres AthletenDaseins, sie wirkt ausgeglichen wie noch nie. Das ist ihr großer Vorsprung gegenüber Vlhova.´ (joe)
Wien. Livio Magoni ist ein gefragter Mann. Vor nicht einmal einem Jahr wollte brisanterweise auch Lara Gut-Behrami den Italiener als Privattrainer anheuern. Magoni aber verlängerte als Chefcoach im Team von Petra Vlhova´ – und verfolgt mit der Slowakin einen Plan.
„Wir haben ein Sommerprogramm kreiert, damit sie ihre Form länger halten kann. Unsere Taktik war es, superstark in die Saison zu starten, damit uns alle anderen jagen. Um uns einzuholen, mussten sie Dinge tun, die sie nicht geplant hatten“, erklärt Magoni. Die WM in Cortina hatte in diesen Überlegungen keine Priorität. „Unser wirkliches Ziel ist der Gesamtweltcup, weil das in der Slowakei etwas Historisches wäre.“
Noch nie gewann ein slowakischer Rennläufer die große Kristallkugel, und der Poker des Italieners, 57, der schon Tina Maze zur großen Kristallkugel geführt hatte, versprach beste Erfolgsaussichten. Doch dann legte Gut-Behrami einen fulminanten Februar hin. Nun kommt es in den letzten drei
Weltcupwochen zum Showdown. Die Frage ist: Kann Vlhova´ so lang durchhalten?
Zuletzt blieben die ganz großen Erfolge aus. Zwar gab es in Cortina zweimal WM-Silber, doch gerade im Slalom wurde sie zweimal düpiert, in der Kombination von Mikaela Shiffrin, dann von Weltmeisterin Katharina Liensberger. Vlhovas´ bisher letzter Weltcupsieg gelang Anfang Jänner, schon bei der WM wirkte die 25-Jährige müde. Magoni aber meinte: „Alles, was wir tun, war geplant. Die Müdigkeit haben wir erwartet.“Ein Kurzurlaub in Grado soll geholfen haben.
Doch Vlhova´ hat alle 25 Weltcuprennen in diesem Winter bestritten (Gut-Behrami: 20 Rennen). Am Wochenende warten ihre Heimrennen in Jasna´ (Slalom, RTL). Ein Heimsieg würde ihr auch ohne Zuschauer Auftrieb geben. Punktet sie auch noch in Are (zweimal Slalom), könnte Vlhova´ die 187 Punkte Rückstand auf GutBehrami bis zum Weltcupfinale in Lenzerheide noch in einen Vorsprung verwandeln. (joe)