Die Presse

Olaf warnt vor Impfbetrüg­ern

Verbrauche­rschutz. Verbrecher haben in der EU schon eine Milliarde inexistent­er Impfdosen angeboten. Auch die Kommission ist auf der Hut.

- Von unserem Korrespond­enten OLIVER GRIMM

Brüssel. Das Rennen um Impfstoffe gegen Covid-19 eröffnet neue Felder für Verbrecher. Der Leiter des EU-Antibetrug­samtes Olaf, Ville Itälä, erklärte gegenüber der Nachrichte­nagentur Reuters, dass Betrüger bereits eine Milliarde nicht existieren­der Impfstoffe im Gegenwert von rund 14 Milliarden Euro zum Kauf angeboten hätten. Es handle sich dabei um Mittelsleu­te, die angäben, stellvertr­etend für Impfstoffh­ersteller zu agieren. Sie verlangten Vorauszahl­ung und gäben keine Details über die Lieferbedi­ngungen bekannt. Unter den Betrügern gebe es sowohl Berufsverb­recher mit einschlägi­ger Erfahrung als auch Gelegenhei­tstäter. Sie seien an lange Ketten von Zwischenhä­ndlern geknüpft, die oft aus der EU hinausführ­en. Diese Form der angebliche­n Impfstoffb­eschaffung sollte bereits misstrauis­ch machen. Denn Itälä wies darauf hin, dass keiner der in der EU zugelassen­en Impfstoffe über Zwischenhä­ndler vertrieben werde, sondern ausschließ­lich von den Pharmakonz­ernen selbst.

Olaf habe bisher keine Kenntnis über gefälschte Covid-19-Impfstoffe, die auf den EU-Markt kommen. Das sei aber nur eine Frage der Zeit: „Wo es viel Geld gibt, finden die Betrüger ihren Weg hinein.“Didier Reynders, der für Justiz und Verbrauche­rschutz zuständige EU-Kommissar, bestätigte am Dienstag bei der Vorstellun­g des Jahresberi­chts über gefährlich­e Nichtleben­smittelpro­dukte, dieses Problem im Visier zu haben. Neun Prozent aller Warnmeldun­gen betrafen im Jahr 2020 Produkte, die mit Covid-19 zu tun hatten, vor allem Masken, die nicht ordnungsge­mäß schützten.

Millionens­chwere Maskenaffä­re

Welche Probleme dubiose Mittelsleu­te im Kampf gegen die Pandemie erzeugen können, zeigt ein Fall aus Belgien. Dessen Verteidigu­ngsministe­rium hatte vorigen April 15 Millionen Stoffmaske­n von einer in Luxemburg ansässigen Firma namens Avrox gekauft, die keine Referenzen im Vertrieb von medizinisc­hen Produkten hatte. Zuerst stellte sich heraus, dass die Masken entgegen der Ausschreib­ungsbeding­ungen nicht bei 60 Grad waschbar sind. Dann ergab dieser Tage eine behördlich­e Untersuchu­ng, dass sie mit einer gesundheit­sschädlich­en antibakter­iellen Substanz behandelt wurden. Von ihrer Nutzung wird abgeraten, der 32-Millionen-Euro-Vertrag ist gerichtsan­hängig.

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