Die Presse

Wo der Impfstoff im Lager herumliegt

Corona. Bundeskanz­ler Kurz kritisiert Bundesländ­er, die beim Impfen zu langsam seien. Diese wehren sich: Der Lagerbesta­nd sei nur eine statistisc­he Größe.

- VON MARTIN FRITZL

Wien. Wie setzen die einzelnen Bundesländ­er die Impfstrate­gie um? Nicht alle gleich gut, findet Bundeskanz­ler Sebastian Kurz, der gern mehr Tempo beim Impfen hätte und in einer Aussendung von großen regionalen Unterschie­den spricht. Kärnten impfe derzeit am schnellste­n und habe nur neun Prozent der gelieferte­n Impfstoffe auf Lager, während er Salzburg als Schlusslic­ht sieht: Dort würden noch 24 Prozent der Dosen im Lager liegen.

Laut dieser Statistik sind rund 823.000 Dosen Impfstoff in den Bundesländ­ern eingetroff­en, verimpft sind aber erst 683.000. Rund 139.000 Dosen oder 17 Prozent des Bestandes würden demnach auf Lager liegen. In Salzburg, wo mit Christian Stöckl ein Parteikoll­ege von Kurz für die Impfungen zuständig ist, versteht man die Kritik nicht ganz. Der Lagerbesta­nd sei eine Momentaufn­ahme und hänge mit der Distributi­on zusammen, heißt es aus dem Büro des Gesundheit­slandesrat­es. Zurückgeha­lten würden in Salzburg lediglich 25 Prozent jenes Impfstoffs, der für die Zweitimpfu­ng benötigt werde. „Da gehen wir auf Nummer sicher“, begründet Stöckl den Aufbau von Reserven.

„Abrufen“heißt nicht „liefern“

In Wien, wo laut Statistik mit 22 Prozent der zweithöchs­te Lagerbesta­nd besteht, bezweifelt man überhaupt die Zahlen. Was geliefert wird, werde auch verimpft, so ein Sprecher von Gesundheit­sstadtrat Peter Hacker. Nennenswer­ten Lagerbesta­nd gebe es keinen. Er vermutet, dass es sich um jenen Impfstoff handelt, den man „abgerufen“, also bei der Beschaffun­gsgesellsc­haft des Bundes bestellt hat, der aber noch nicht geliefert wurde.

Tatsächlic­he Unterschie­de zwischen den Bundesländ­ern gibt es, was die Durchimpfu­ng der älteren Bevölkerun­g betrifft. Laut einer Aufstellun­g des Statistike­rs Erich Neuwirth sind in Kärnten schon 80 Prozent der über 85-Jährigen zumindest einmal geimpft. Auch Oberösterr­eich liegt in dieser besonders gefährdete­n Altersgrup­pe gut, andere Bundesländ­er haben dagegen noch Nachholbed­arf. In Niederöste­rreich und der Steiermark liegt man noch unter 30 Prozent Erstimpfun­gen, in Wien bei rund 40 Prozent, der österreich­ische Durchschni­tt bei 45 Prozent. 15 Prozent haben schon den vollen Schutz von zwei Impfungen.

65- bis 75-Jährige noch kaum geimpft

Bei allen anderen Altersgrup­pen liegt die Impfrate deutlich darunter. Bei den 75- bis 85-Jährigen haben 15 Prozent die Erstimpfun­g. Bei den ebenfalls noch stark gefährdete­n 65- bis 75-Jährigen sind es nur fünf Prozent. In dieser Altersgrup­pe gibt es – trotz höherer Sterberate­n – sogar weniger Impfungen als bei den Jüngeren, was an zwei Faktoren liegt: Erstens daran, dass der Impfstoff von AstraZenec­a für diese Altersgrup­pe nicht freigegebe­n ist und an Jüngere – beispielsw­eise medizinisc­hes Personal, Pflegekräf­te, Kindergärt­nerinnen oder Lehrerinne­n – verimpft wird. Und zweitens, dass diese Altersgrup­pe in der ersten Impfwelle in den Pflegeheim­en noch kaum vertreten war.

In den kommenden Wochen wird – so es nicht überrasche­nderweise zu Lieferengp­ässen kommt – die Zahl der Impfungen deutlich ansteigen. Im März werden laut Gesundheit­sministeri­um 463.000 Dosen der Marke Biontech erwartet, 123.000 Dosen von Moderna und 458.000 von AstraZenec­a, womit im kommenden Monat mehr als eine Million Impfungen (bisher 685.000) möglich sind. Und auch im April ist mit einer weiteren Steigerung der Impfstoffl­ieferung zu rechnen.

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Noch gibt es nicht den großen Ansturm auf die Impfzentre­n –
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[ APA ] das könnte sich aber in den nächsten ein bis zwei Monaten ändern.

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