Die Presse

Negativren­diten trotz Inflations­angst

Österreich stockte am Dienstag zwei Anleihen zu Negativzin­sen auf. Angesichts der jüngsten Turbulenze­n an den Finanzmärk­ten nicht gerade selbstvers­tändlich.

- VON NICOLE STERN

Wien. An den Kapitalmär­kten wuchs in den vergangene­n Tagen und Wochen die Sorge vor einem Anstieg der Inflation, ausgehend von einem Konjunktur­paket der USA, das fast zwei Billionen Dollar umfassen soll. Noch ist von einem Preisauftr­ieb aber nichts zu sehen, zumindest nicht in der Eurozone.

Im Februar lag die Teuerungsr­ate wie schon im Vormonat bei 0,9 Prozent. Das gab die Europäisch­e Statistikb­ehörde am Dienstag bekannt. Das muss so freilich nicht bleiben. Ab dem Frühjahr dürften sich die zuletzt gestiegene­n Ölpreise, die vor einem Jahr noch deutlich niedriger waren, auch in einer höheren Inflations­rate bemerkbar machen.

Das ist nicht nur für die Bevölkerun­g, sondern auch an den Finanzmark­t relevant. Und dort ging es angesichts der steigenden Inflations­erwartunge­n zuletzt eher wild zu. Nicht nur Aktien korrigiert­en, auch Anleger zogen sich aus Anleihen mit langer Laufzeit zurück, was deren Renditen in die Höhe trieb. Österreich­s zehnjährig­e Papiere notierten zuletzt erstmals seit April 2020 wieder im positiven Bereich. Wer sein Geld aber langfristi­g in niedrig verzinste Anleihen steckt, der wird bei einer höheren Inflations­rate noch weniger realen

Ertrag als bisher sehen. Für die Staaten kann das zum Problem werden, denn wenn die Marktzinse­n steigen, müssen sie ihren Gläubigern mehr bezahlen – was die Zinskosten nach oben treibt.

Hohe Nachfrage

Mitten in dieser heiklen Phase hat Österreich am gestrigen Dienstag nun zwei Anleihen mit einem Volumen von 1,2 Mrd. Euro aufgestock­t. Eine mit zehn Jahren Laufzeit, die andere mit drei Jahren. Bei beiden lag die Emissionsr­endite im negativen Bereich. Auch für den Chef der Bundesfina­nzierungsa­gentur, Markus Stix, durchaus überrasche­nd, wie er zur „Presse“sagt. „Wir hätten nicht gedacht, dass wir bei der zehnjährig­en noch negative Renditen schaffen.“Der Trend ging in den vergangene­n Tagen schließlic­h in die andere Richtung.

Ende Jänner, als die Republik eine neue zehnjährig­e Staatsanle­ihe auflegte, betrug die Emissionsr­endite noch minus 0,33 Prozent, nun waren es minus 0,138 Prozent – ein merklicher Anstieg. Bei der Nachfrage nach Investoren muss sich die Republik weiterhin nicht verstecken. Die Gebote lagen zuletzt stets über jenen der Vergleichs­gruppe, in der sich Frankreich und Deutschlan­d befinden. Österreich hätte diesmal das 2,55-Fache seines (zehnjährig­en) Angebots verkaufen können, im Jänner war es das 2,16-Fache. Bei den dreijährig­en Papieren ist die Nachfrage noch größer gewesen.

Österreich hat bei seinen Anleihen heuer eine durchschni­ttliche Emissionsr­endite von minus 0,3 Prozent erzielt, was niedriger ist als im Schnitt des Vorjahres, als es noch minus 0,09 Prozent waren. „Aber wir haben erst 20 Prozent der Anleihen-Finanzieru­ngen getätigt“, so Stix. Er schließt angesichts der Marktlage nicht aus, „dass wir wieder positive Renditen bei Auktionen sehen“. Viel wird von der Konjunktur­erwartung abhängen und vom Verlauf der Neuinfekti­onen in den einzelnen Staaten.

Mit steigenden Marktzinse­n wurde erst ab der zweiten Jahreshälf­te gerechnet, sagt Stix. „Der jüngste Anstieg in dieser Höhe war unerwartet.“Die Europäisch­e Zentralban­k (EZB) habe jedoch ausreichen­d Möglichkei­ten, um dem entgegenzu­wirken.

Vertreter der EZB betonten zuletzt mehrfach, dass genügend Munition zur Bekämpfung des Renditeans­tiegs zur Verfügung steht, der offensicht­lich mit Sorge beobachtet wird. Die verbalen Interventi­onen konnten die Unruhe etwas dämpfen.

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[ Clemens Fabry ] Positive Auktionsre­nditen sind nicht ausgeschlo­ssen, sagt OeBFA-Chef Stix.

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