Ewig strahlende Autorität der Loipen
An Therese Johaug führt auch in Oberstdorf kein Weg vorbei, die Norwegerin dominiert die Konkurrenz nach Belieben. Über zehn Kilometer stürmt die 32-Jährige zum zwölften WM-Gold.
Es ist definitiv der beste Zehn-Kilometer-Skater, den ich in meiner Karriere je gelaufen bin.
Oberstdorf/Wien. Norweger werden, behauptet eine alte Mär in Skandinavien, schon mit Langlaufskiern geboren. Blickt man schließlich auf ihre Ausbeute bei Langlaufrennen, ist diese Wahrnehmung durchaus berechtigt. Es ist egal, ob Winterspiele oder Weltmeisterschaft: Es hat immer ein Norweger die Skispitzen vorn. Ikonen und Allzeitgrößen gibt es sonder Zahl. Ob Bjørn Dæhlie, Vegard Ulvang, Marit Bjørgen etc. Warten Bewerbe im klassischen Stil oder mit Skatingschritten, ist diese Sportnation zumeist die Nummer eins. Und dieser Trend setzt sich auch bei der WM in Oberstdorf fort.
Therese Johaug, 32, gewann am Dienstag jedenfalls das Rennen über zehn Kilometer in der freien Technik. Beeindruckend, mit makelloser Technik und schier unbeugsamer Kraft, die Gegnerinnen vor Rätsel stellend – und selbst strahlend wie nach einem harmlosen Waldlauf nahm sie damit ihre zwölfte WM-Goldene in Empfang.
Die Bauerntochter aus der Bergstadt Røros ist seit 2007 im Weltcup unterwegs und hat alles gewonnen, was ihre Sportart, egal, ob Olympia (2018), WM oder simple Staatsmeisterschaft, zu bieten hat. Jetzt geht es nur noch um Selbstbestätigung, sie jagt die Bestmarken von Marit Bjørgen.
Doch dieser Weg ist zu steil: Bjørgen wurde 18 Mal Weltmeisterin, auch die Russin Jelena Välbe (14) und der Norweger Petter Northug (13) liegen noch vor ihr. Sie hat bei ihrer siebenten WM (das Event steigt alle zwei Jahre alternierend zu Winterspielen) jedoch noch zwei Rennen. Der Ein
Therese Johaug, Langlaufstar
zug in die Top drei der ewigen Bestenliste bei der WM ist ihr gewiss.
Kraft, Lächeln und ein Schatten
Johaug feierte als erste Läuferin seit der Tschechin Katerinaˇ Neumannova´ 2007 die Titelverteidigung über zehn km. Ein Makel jedoch bleibt kleben, der Schatten läuft seit 2016 einher. Damals lieferte sie eine positive Dopingprobe ab, das anabole Steroid Clostebol wurde nachgewiesen. Es sei in der Sonnencreme Trofodermin enthalten gewesen, so ihre Erklärung, die ihr der Teamarzt zur Behandlung eines Sonnenbrandes auf der Lippe verschrieben hatte. Sie wurde für eineinhalb Jahre gesperrt und verpasste die WM in Lahti 2017 sowie die Winterspiele 2018.
Das 1,62 Meter große Muskelpaket lässt sich aber nicht aufhalten. Johaug läuft weiter und unterbot in einem Feldversuch sogar das Limit über 10.000 Meter auf der Tartanbahn für die LeichtathletikWM 2022. Doch in der Loipe ist sie zu Hause. Da ist ihr Stockeinsatz punktgenau, die hohe Schrittfrequenz ihr Markenzeichen und das Tempo – sie meisterte zehn Kilometer in 23:09,8 Minuten – für alle anderen schlichtweg nicht zu halten. Die Schwedin Frida Karlsson kam als Zweite ins Ziel und hatte 54,2 Sekunden Rückstand. Das sind Welten, die zwischen der Weltmeisterin und ihr liegen.
Stadlobers Plan für Klassiker
Teresa Stadlober wurde Neunte mit 1:42,2 Minuten Rückstand. „Ich habe versucht, alles zu geben und bin eigentlich happy, dass die Platzierung so gut ist. Für mich war das ein sehr gutes Skating-Rennen“, sagte die Radstädterin, 28, die ob der milden Temperaturen sogar im kurzen T-Shirt unterwegs gewesen ist. Bereut habe sie nur ihre Entscheidung, nicht auch „in kurzen Hosen gelaufen zu sein“.
Am Samstag hat sie im 30-kmKlassik-Massenstart noch eine Medaillenchance. Ob sie da Johaug womöglich die Arbeit des Zugpferdes überlassen wird?