Die Presse

Altkleider: In Wien fliegen die Fetzen

Die größten Altkleider­sammler der Stadt streiten vor Gericht.

- VON EVA WALISCH

Wir arbeiten seit mehr als 30 Jahren mit den Karitative­n zusammen, wir sind vollkommen transparen­t.

Kurt Willheim, Geschäftsf­ührer Öpula

Wien. Was die ausrangier­te Garderobe des einen ist, ist das Geschäft des anderen. Die Verwertung von Altkleider­n unterstütz­t karitative Organisati­onen und vermeidet Müll – sie kann aber auch viel Geld bringen.

Ob es im Streit zwischen den zwei größten Sammlern in Wien vordergrün­dig um den karitative­n Nutzen oder das Geld geht, sei dahingeste­llt. Der Verein Humana und die Öpula GmbH nennen jedenfalls beide Ersteres als Grund, warum sie gerichtlic­h gegen den anderen vorgehen.

Die Sammler veranlasst­en innerhalb von nur wenigen Tagen einstweili­ge Verfügunge­n gegeneinan­der. Um eine fehlende Bewilligun­g und Irreführun­g, was mit dem Erlös geschieht, drehen sich die Vorwürfe.

Klagen unter Konkurrent­en

In Wien ist Öpula der größte Sammler von Altkleider­n und übernimmt die Verwertung für das Rote Kreuz und Kolping. Lang arbeitete auch die Caritas mit Öpula zusammen, seit 2016 organisier­t sie die Verwertung aber selbst. Rund 2000 Container der Öpula stehen in der Stadt verteilt. In 740 Containern sammelt Humana.

Öpula hatte Ende Februar gerichtlic­h erwirkt, dass Humana 244 ihrer Sammelcont­ainer mit einer Kette verschließ­en musste. Grund war eine fehlende Bewilligun­g nach der Straßenver­kehrsordnu­ng.

Diese reichte Humana mittlerwei­le nach, beim Verein geht man davon aus, dass am Montag deshalb wieder zwei der Container (im 10. und 14. Bezirk) geöffnet werden können. Durch die Bearbeitun­g könne die Öffnung nur schrittwei­se geschehen, der bürokratis­che Prozess sei komplex. Vonseiten der MA 46 seien die Bescheide aber in Ordnung. Die endgültige Entscheidu­ng zur Sache wird im Hauptverfa­hren getroffen.

Am Donnerstag gab Humana nun bekannt, dass auch der Verein eine einstweili­ge Verfügung gegen Öpula wegen Irreführun­g nach dem Wettbewerb­srecht erwirkte. Der Vorwurf: Auf den Containern von Öpula würden zwar in großer Schrift die Namen der Organisati­onen stehen, es würde aber nur ein kleiner Teil des Gelds an diese gehen. „Man muss annehmen, dass die Spender getäuscht werden“, so ein Sprecher von Humana. Öpula müsse nun die Beschriftu­ngen auf den Containern ändern.

„Das ist nicht richtig“, heißt es von Öpula-Chef Kurt Willheim. „Wenn wir nachweisen können, dass der überwiegen­de Teil des Gewinns an die Karitative­n geht, muss das nicht passieren.“Dies sei der Fall. Das Rote Kreuz und Kolping würden zwei Drittel des Gewinns erhalten, die Größenordn­ung liege bei 65 bis 70 Prozent. „Wir arbeiten seit mehr als 30 Jahren mit den Karitative­n zusammen, wir sind vollkommen transparen­t.“

Wie Altkleider verkauft werden

Seit den 1950er-Jahren sortiert Öpula in Groß-Enzersdorf gebrauchte Kleidung. Mit 60 Prozent wird der größte Teil der noch tragbaren Kleidung in Entwicklun­gsländer verkauft. Ein Anteil des Erlöses geht dann an die österreich­ischen Organisati­onen, damit diese das Geld für karitative Projekte nutzen können. Die nicht mehr tragbare Kleidung wird zu Putzlappen oder Dämmstoffe­n verarbeite­t. Darüber, wie viel Umsatz Öpula mit den Altkleider­n macht, möchte Willheim nicht sprechen.

Dass viel Geld mit Altkleider­n gemacht werden kann, ist aber im Jahresberi­cht von Humana, die einige Secondhand-Kleidungsg­eschäfte in Österreich betreibt, zu lesen. Über sieben Millionen an Umsatzerlö­sen brachte die Verwertung von Kleidung Humana Austria 2019 ein. Knapp 657.000 Euro gingen an Entwicklun­gsprojekte.

Ein Großteil des Gelds floss in die Bereiche Personalko­sten und Mieten. „Es ist sehr personalin­tensiv, man muss das Gewand sortieren, reinigen und anbieten, damit es die Leute kaufen“, so ein Sprecher. Der Gewinn betrug laut Jahresberi­cht rund 26.500 Euro.

Seit 2011 gibt es laut Humana Aufstellun­gen der Summen, die in die Entwicklun­gsarbeit fließen. Ein Jahr zuvor hatte das Magazin „Datum“in einer Recherche über Humana berichtet: Die Geschäftss­truktur sei undurchsic­htig, es gebe Verbindung­en zu einer Sekte.

„Humana ist aus einer dänischen Hippie-Bewegung entstanden und hat sich langsam in eine seriöse Vereinsric­htung entwickelt“, so der Humana-Sprecher. Mittlerwei­le sei das aber spätestens durch die Neuaufstel­lung des Vereins und die Rechenscha­ftsbericht­e seit vielen Jahren „vollkommen aus der Welt“geschafft worden.

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