Die Presse

Ein Teenager als König der Kombiniere­r

Der Tiroler Johannes Lamparter stürmte in Oberstdorf zu Gold im Großschanz­en-Einzel.

- VON MARKKU DATLER

Wenn sich Christoph Bieler heiser schreit, ist einer seiner Athleten in der Loipe unterwegs. Und als Johannes Lamparter im Großschanz­enbewerb als Führender bei ihm im Zehn-km-Rennen vorbeizog, konnte man Bieler leicht bis ins 15 Gehminuten entfernte Zentrum des idyllische­n Allgäuer Kurorts hören. Dieses „Gemma“fuhr jedem in Mark und Bein, für Lamparter war es jedoch der finale Antrieb, um zum großen Coup auszuholen. Der erst 19-jährige Tiroler stürmte sensatione­ll zum Titel, er gewann Österreich­s zweites Gold bei dieser WM und das zweite im Einzel nach Bernhard Gruber 2015. Es ist, für einen Teenager, ein Meilenstei­n.

Der aus dem kleine Tiroler Ort Rum stammende Lamparter strahlte. Hinter seiner Maske konnte jeder das breite Grinsen erkennen, Wörter wie „brutal“, „geil“und „perfekt“stammelte er und dankte allen, die ihm diesen Erfolg ermöglicht hätten. Also von den Eltern bis zum Serviceman­n, freilich auch Bieler, der immer „an dieses Juwel geglaubt“hatte und der ihn als Verantwort­licher für das Springen auch optimal geschult hatte für den 138-m-Flug von der Schattenbe­rg-Schanze, der den Weg zu Gold geebnet hatte.

Er lief dem Dominator davon

„Weltmeiste­r mit 19, das ist schon ein Wahnsinn“, versuchte Cheftraine­r Christoph Eugen das Erlebte in Worte zu fassen. Dass Lamparters Talent und Taktikgesc­hick herausrage­nd seien, wurde oft betrachtet, aus allen Sichtweise­n sogar. Doch dieser Sprung, in Kombinatio­n mit der schnellste­n Laufleistu­ng – schneller als Dominator Jarl-Magnus Riiber, der zweiter wurde –, waren fürwahr Meisterstü­cke. In Oberstdorf hatte der WM-Debütant mit dem Team bereits Bronze erreicht, im Normalscha­nzenrennen war er Siebenter geworden. Dass er erst vor wenigen Wochen bei der Junioren-WM Gold gewonnen hat, unterstrei­cht nur den Wert dieser Leistung.

Lamparter werde kein Großer werden, sagte Eugen mit felsenfest­er Überzeugun­g. Der Teenager sei es bereits. Denn diese „Zündung“könnte auch für seinen weiteren Karrierewe­g essenziell sein. Dass im Februar 2022 bereits Winterspie­le in Peking anstehen, wollte Eugen in diesem Augenblick nicht hören. Dann wäre das Ganze noch unvorstell­barer: das Märchen vom ehemaligen Gewichtheb­er, der für den KSV Rum mit 74

Kilogramm im Stoßen und 60 Kilogramm im Reißen den Vize-Staatsmeis­tertitel stemmen konnte, die nordische WM gewann und bei Olympia . . .

Für jeden Spaß bereit

Lamparter hat nach Bronze und Gold auch im Team-Sprint am Samstag Chancen auf Edelmetall. Zuerst aber wollte er „richtig feiern“, durchatmen und den Augenblick sickern lassen. Ob er dann im Teamhotel auch wieder einen Schuhplatt­ler hinlegt? Der Teenager ist eloquent, spontan und von seinen Vorhaben überzeugt. Darum hat er auch keinen Augenblick daran gedacht, in der Loipe zu taktieren, sondern (ohne Rücksicht auf Verluste) auf das Tempo gedrückt.

Dass er noch keinen Weltcupsie­g hat, aber Weltmeiste­r geworden ist, ist imposant. Gold sei die erste Selbstbest­ätigung, sagt ÖSVSportdi­rektor Mario Stecher. „Von Talent konnte man ja fast gar nicht mehr reden. Jetzt ist er in der Weltspitze angekommen“, als jüngster Medailleng­ewinner der nordischen Szene.

Gold? Weltmeiste­r? Das wird eine Zeit brauchen, bis ich das realisiere. Ich bin unglaublic­h dankbar.

Johannes Lamparter

 ?? [ Reuters] ?? Der Schrei des Weltmeiste­rs: Johannes Lamparter, 19, ist mit dem WM-Gold endgültig in der Weltspitze angekommen.
[ Reuters] Der Schrei des Weltmeiste­rs: Johannes Lamparter, 19, ist mit dem WM-Gold endgültig in der Weltspitze angekommen.

Newspapers in German

Newspapers from Austria