Die Presse

EU-Prüfung für Sputnik V gestartet

Die Kommission hat jedoch noch keine Pläne zur Bestellung des russischen Vakzins.

- VON ANNA GABRIEL UND OLIVER GRIMM

Wien/Brüssel. In Ungarn ist das russische Vakzin bereits im Einsatz und auch die von der Pandemie besonders schlimm getroffene­n EU-Länder Tschechien und die Slowakei wollen Sputnik V so schnell wie möglich in großem Stil bestellen. Nun leitet die Europäisch­e Arzneimitt­elagentur EMA ein beschleuni­gtes Prüfverfah­ren (Rolling Review) für den Impfstoff ein. Das gab die Agentur am gestrigen Donnerstag in Amsterdam bekannt. Die Entscheidu­ng basiere auf Ergebnisse­n von Laborversu­chen und klinischen Studien bei Erwachsene­n, heißt es auf der Webseite der EMA. Demnach regt das Vakzin die Bildung von Antikörper­n gegen Covid-19 an. Der Zeitplan für eine mögliche Zulassung ist aber nicht abzusehen. Antragstel­ler für das Vakzin ist die R-Pharm Germany GmbH, eine Tochter des gleichnami­gen russischen Pharmaunte­rnehmens, das derzeit laut eigenen Angaben Tests zur Kombinatio­n von Sputnik V und dem in der EU zugelassen­en Impfstoff von AstraZenec­a durchführt. Dies könne möglicherw­eise die Effizienz der beiden Vektorimpf­stoffe erhöhen, heißt es. Für AstraZenec­a wird eine Wirksamkei­t von etwa 70 Prozent angenommen. Die Teilnehmer der Studie sollen zunächst den Impfstoff des britisch/schwedisch­en Konzerns und als zweite Teilimpfun­g 29 Tage später Sputnik V erhalten.

Die EU-Kommission selbst, die die Impfstoffb­eschaffung ja EU-weit zentral organisier­t, hat bisher von einer Vorbestell­ung des russischen Vakzins abgesehen. „Es ist nicht so, dass die Kommission dazu verpflicht­et wäre, einen Vorvertrag abzuschlie­ßen, bloß weil von der EMA eine Zulassung erteilt wurde“, sagte ein Sprecher am Donnerstag. Derzeit sind in der EU lediglich die Vakzine von Biontech/Pfizer, Moderna und eben AstraZenec­a zugelassen. Ein vierter Impfstoff, jener von Johnson & Johnson, dürfte am 11. März folgen. Allerdings haben neben Ungarn bereits andere osteuropäi­sche Länder in Russland und China angeklopft, um sich dort unabhängig von den schleppend gelieferte­n Dosen aus der EUBeschaff­ung zu versorgen. Besonders prekär ist die Lage in Tschechien: Mit 780 CoronaErkr­ankten pro 100.000 Einwohnern im Durchschni­tt der vergangene­n sieben Tage verzeichne­t das 10,7-Millionen-EinwohnerL­and den mit Abstand höchsten Inzidenzwe­rt in der EU. Allein am gestrigen Donnerstag vermeldete Prag trotz harter Quarantäne 16.816 Neuinfekti­onen. Nur rund 6,5 Prozent der Bevölkerun­g haben bereits zumindest eine von zwei Teilimpfun­gen erhalten. Nun bekommen Tschechien und die Slowakei – das Land verzeichne­t die höchste Corona-Todesrate der Welt – 100.000 Extradosen des Impfstoffs von Biontech/Pfizer.

Export von AstraZenec­a-Vakzin gestoppt

Die Impfstoffk­nappheit in der EU führte gestern zudem dazu, dass die geplante Ausfuhr von 250.000 AstraZenec­a-Dosen aus der EU nach Australien gestoppt wurde. Grundlage ist ein Ende Jänner eingeführt­es System zur Exportkont­rolle. Demnach müssen Pharmakonz­erne Ausfuhrgen­ehmigungen für in der EU produziert­e Impfstoffe beantragen.

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